So viele Autos wie noch nie
Fachmann Ferdinand Dudenhöffer sagt: In der Corona-Zeit schätzen die Deutschen den Wagen. Aber er warnt: Hybridfahrzeuge sind schlecht für den Ausbau des Ladenetzes
Augsburg Die Zahl der Autos auf deutschen Straßen hat einen neuen Höchststand erreicht – und das trotz der Corona-Pandemie und der Wirtschaftskrise. Das zeigt eine neue Auswertung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer, die unserer Redaktion vorliegt.
Demnach waren am 1. Oktober in Deutschland 48,176 Millionen Autos angemeldet. Das sind rund 460000 mehr als im Januar. Das Center Automotive Research (CAR) beruft sich dabei auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. „Die Deutschen halten in Corona-Zeiten an ihren Autos fest“, sagte Dudenhöffer dazu unserer Redaktion.
Das ist erstaunlich, da in diesem Jahr die Neuwagenverkäufe einbrachen. „Im Jahr 2020 werden aufgrund der Corona-Pandemie und des damit zusammenhängenden Konjunktureinbruchs so wenige neue Autos verkauft wie seit 20 Jahren nicht“, heißt es in der Auswertung.
In den ersten elf Monaten dieses Jahres lagen die Pkw-Verkäufe gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent zurück. Selbst wenn der Dezember gut laufe, würden bis zum Jahresende weniger als 2,9 Millionen Neuwagen verkauft werden.
„Obwohl 2020 das schlechteste Jahr für Neuwagenverkäufe seit der Wiedervereinigung ist, steigt die Zahl der Pkw auf deutschen Straßen“, erklärt Dudenhöffer. Die Fahrer nutzen ihre Fahrzeuge länger und ersetzen sie nicht so schnell durch einen Neuwagen: „Man fährt länger mit dem alten – und bei den Neuwagen sind es weniger Fahrzeuge, die alte ersetzen.“Selbst in * Zeiten sparten die Bundesbürger ihr Auto nicht ein. Im Gegenteil: „In Pandemiezeiten hängt man stärker am eigenen Auto.“
Die Zahl der Fahrzeuge hat schon in den letzten Jahren Stück für Stück deutlich zugenommen: Waren im Jahr 2010 noch 41,738 Millionen Autos in Deutschland angemeldet, waren es 2015 schon 44,403 Millionen. Jetzt sind es besagte 48,176 Millionen Autos. Auf jeden zweiten Bundesbürger kommt damit grob gerechnet ein Wagen. Manches Fahrzeug könnte dabei längst ersetzt werden: Knapp zehn Millionen Pkw waren zum 1. Oktober 2020 älter als 15 Jahre.
Auch die neuen Antriebe machen im Gesamtbestand bisher erst einen * kleinen Anteil aus: Zwei Drittel der Pkw in Deutschland sind derzeit Benziner, 31 Prozent Diesel und nur zwei Prozent vollelektrische Autos, schreibt Dudenhöffer.
Zwar sind in den letzten Monaten deutlich mehr Elektroautos und Hybridfahrzeuge verkauft worden. Bis sich dies auf den Gesamtbestand mit seinen vielen älteren Fahrzeugen auswirkt, müssten aber noch einige Jahre vergehen. Außerdem haben die gerade in Europa beliebten Hybridautos nach wie vor einen Verbrennungsmotor an Bord.
Der geringe E-Auto-Bestand hemmt auch den weiteren Ausbau des Ladenetzes, argumentiert Dudenhöffer: „Bei 33000 öffentlichen Ladepunkten kommen auf einen Ladepunkt gerade mal sieben vollschwierigen elektrische Autos“, schreibt er. „Damit kann man eine Ladestation nicht ökonomisch betreiben.“Zudem nutzen einige E-Auto-Besitzer auch eine eigene Wallbox und fahren nicht zur Ladesäule. „Der Wunsch der Autobauer, schnell mehr öffentliche Ladepunkte einzurichten, ist zwar nachvollziehbar, aber für Energieanbieter weniger handfest“, sagt er. „Wichtig wäre, dass deutlich mehr vollelektrische Neuwagen verkauft werden.“
Um einen Plug-in-Hybrid zu fahren, brauche man nämlich nicht unbedingt ein großes öffentliches Ladenetz. Diese Fahrzeuge lassen sich eben auch klassisch betanken. „Plug-in-Hybride sind eher hinderlich beim Aufbau einer Ladeinfrastruktur“, warnt Dudenhöffer. *