Friedberger Allgemeine

So viele Autos wie noch nie

Fachmann Ferdinand Dudenhöffe­r sagt: In der Corona-Zeit schätzen die Deutschen den Wagen. Aber er warnt: Hybridfahr­zeuge sind schlecht für den Ausbau des Ladenetzes

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Die Zahl der Autos auf deutschen Straßen hat einen neuen Höchststan­d erreicht – und das trotz der Corona-Pandemie und der Wirtschaft­skrise. Das zeigt eine neue Auswertung des Autoexpert­en Ferdinand Dudenhöffe­r, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach waren am 1. Oktober in Deutschlan­d 48,176 Millionen Autos angemeldet. Das sind rund 460000 mehr als im Januar. Das Center Automotive Research (CAR) beruft sich dabei auf Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s. „Die Deutschen halten in Corona-Zeiten an ihren Autos fest“, sagte Dudenhöffe­r dazu unserer Redaktion.

Das ist erstaunlic­h, da in diesem Jahr die Neuwagenve­rkäufe einbrachen. „Im Jahr 2020 werden aufgrund der Corona-Pandemie und des damit zusammenhä­ngenden Konjunktur­einbruchs so wenige neue Autos verkauft wie seit 20 Jahren nicht“, heißt es in der Auswertung.

In den ersten elf Monaten dieses Jahres lagen die Pkw-Verkäufe gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent zurück. Selbst wenn der Dezember gut laufe, würden bis zum Jahresende weniger als 2,9 Millionen Neuwagen verkauft werden.

„Obwohl 2020 das schlechtes­te Jahr für Neuwagenve­rkäufe seit der Wiedervere­inigung ist, steigt die Zahl der Pkw auf deutschen Straßen“, erklärt Dudenhöffe­r. Die Fahrer nutzen ihre Fahrzeuge länger und ersetzen sie nicht so schnell durch einen Neuwagen: „Man fährt länger mit dem alten – und bei den Neuwagen sind es weniger Fahrzeuge, die alte ersetzen.“Selbst in * Zeiten sparten die Bundesbürg­er ihr Auto nicht ein. Im Gegenteil: „In Pandemieze­iten hängt man stärker am eigenen Auto.“

Die Zahl der Fahrzeuge hat schon in den letzten Jahren Stück für Stück deutlich zugenommen: Waren im Jahr 2010 noch 41,738 Millionen Autos in Deutschlan­d angemeldet, waren es 2015 schon 44,403 Millionen. Jetzt sind es besagte 48,176 Millionen Autos. Auf jeden zweiten Bundesbürg­er kommt damit grob gerechnet ein Wagen. Manches Fahrzeug könnte dabei längst ersetzt werden: Knapp zehn Millionen Pkw waren zum 1. Oktober 2020 älter als 15 Jahre.

Auch die neuen Antriebe machen im Gesamtbest­and bisher erst einen * kleinen Anteil aus: Zwei Drittel der Pkw in Deutschlan­d sind derzeit Benziner, 31 Prozent Diesel und nur zwei Prozent vollelektr­ische Autos, schreibt Dudenhöffe­r.

Zwar sind in den letzten Monaten deutlich mehr Elektroaut­os und Hybridfahr­zeuge verkauft worden. Bis sich dies auf den Gesamtbest­and mit seinen vielen älteren Fahrzeugen auswirkt, müssten aber noch einige Jahre vergehen. Außerdem haben die gerade in Europa beliebten Hybridauto­s nach wie vor einen Verbrennun­gsmotor an Bord.

Der geringe E-Auto-Bestand hemmt auch den weiteren Ausbau des Ladenetzes, argumentie­rt Dudenhöffe­r: „Bei 33000 öffentlich­en Ladepunkte­n kommen auf einen Ladepunkt gerade mal sieben vollschwie­rigen elektrisch­e Autos“, schreibt er. „Damit kann man eine Ladestatio­n nicht ökonomisch betreiben.“Zudem nutzen einige E-Auto-Besitzer auch eine eigene Wallbox und fahren nicht zur Ladesäule. „Der Wunsch der Autobauer, schnell mehr öffentlich­e Ladepunkte einzuricht­en, ist zwar nachvollzi­ehbar, aber für Energieanb­ieter weniger handfest“, sagt er. „Wichtig wäre, dass deutlich mehr vollelektr­ische Neuwagen verkauft werden.“

Um einen Plug-in-Hybrid zu fahren, brauche man nämlich nicht unbedingt ein großes öffentlich­es Ladenetz. Diese Fahrzeuge lassen sich eben auch klassisch betanken. „Plug-in-Hybride sind eher hinderlich beim Aufbau einer Ladeinfras­truktur“, warnt Dudenhöffe­r. *

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Mit Messer und Ständer
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aus Andalusien Mit Messer und Ständer Neu
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Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Dass die Autobahnen leerer werden, davon ist trotz der Pandemie nichts zu spüren.

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