„Ich bin kein Mensch, der ängstlich ist“
Das ist nicht nur eine Instrumentalisierung des Glaubens, das ist ein Verbiegen des Religiösen. Wir sprechen hier von starken religiösen Symbolen. Das Licht steht für Jesus Christus selber. Nehmen Sie den Martinstag. Da geht es ja nicht nur darum, einen Laternenumzug zu veranstalten: Die Kinder werden zu Lichtträgern und bringen damit Christus symbolisch in das Dunkel der Welt.
Und die Kruzifixe und Kreuze auf den Corona-Demos?
Meier: Mich erinnert das an die islamfeindliche und nationalistische Pegida-Bewegung, bei deren Demos ebenfalls Kreuze zu sehen waren. Im Zeichen des Kreuzes erklangen dumpfe Parolen. Wir müssen hier als Kirchen, als Christen sehr aufpassen. Wir müssen uns davon distanzieren. Querdenken klingt gut, aber Querdenken darf nicht dazu führen, dass wir die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit unserer Mitbürger relativieren.
Auf Corona-Demos sind auch Judensterne zu sehen. Demonstranten inszenieren sich damit als Opfer staatlicher Maßnahmen – und vergleichen sich mit den Verfolgten im Dritten Reich. Meier: Das macht mich fassungslos. Wir dürfen es nicht zulassen, dass derartige Symbole in diesen Kontexten missbraucht und irgendwann salonfähig werden. Das ist gefährlich.
Ist die Gesellschaft zerrissen?
Meier: In der Krise zeigt sich, wie viel Gemeinschaft wert ist und inwieweit wir ein gemeinsames Fundament haben. Ich sehe durchaus die Gefahr des Auseinanderdriftens verschiedener Kräfte, auch in der katholischen Kirche. Im diesjährigen Weihnachtsfest könnte daher eine ganz große Chance liegen: wenn wir wesentlich werden.