Aus Liebe getötet: Hilfe für den Täter
Justiz Ein 92-Jähriger hat seine schwer kranke Ehefrau erstickt, um sie von ihrem Leid zu erlösen. Welch große finanzielle Anteilnahme der Mann nun erfährt
Würzburg Es war ein Gerichtsprozess, der viele Menschen tief bewegt hat: Weil er das Leid seiner schwer kranken und dementen Frau beenden wollte, erstickte ein Rentner aus dem Landkreis Main-Spessart die 91-Jährige. Vor rund drei Wochen wurde der 92-Jährige zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung wegen Totschlags verurteilt. Der Mann muss außerdem 10000 Euro an die Caritas im Landkreis Main-Spessart zahlen. Das Geld kam nun über Spenden zusammen.
Die Unternehmerfamilie Holler aus Mittelfranken wollte dem Verurteilten helfen, die Summe aufzubringen, und startete vor drei Wochen eine Kampagne auf der Spendenplattform Betterplace. Bereits Ende vergangener Woche hieß es, dass das Spendenziel erreicht worden sei. Der Bezahldienst Paypal habe alle eingegangenen Spenden freigegeben, verkündeten die Initiatoren am Freitag. Es handele sich um 9759 Euro. Abgezogen seien bei diesem Betrag bereits die Gebühren, die Betterplace verlangt, und die Mehrwertsteuer. Ohne diese Abzüge
sind bis Freitagmittag 10216 Euro für den Senior eingegangen.
Man wolle das Geld nun „an den Anwalt für die weitere Vermittlung an den Mann übergeben“, teilten die Unternehmer mit. Der Strafverteidiger des 92-Jährigen, Norman Jacob junior, erklärte, er werde das Geld dann an die Caritas weiterleiten. Sein Mandant sei „durch die Reaktionen in der Bevölkerung gerührt“und habe sich bereits bei den
Initiatoren der Spendenaktion bedankt. Diese berichten, der Rentner habe ihnen einen privaten Brief geschrieben.
Die Höhe der einzelnen Spenden lässt sich über die Plattform Betterplace einsehen und bewegt sich meist zwischen fünf und 50 Euro. Die größte Summe auf einen Schlag waren laut den Initiatoren 1100 Euro. „Das ist absoluter Wahnsinn“, findet Fabian Holler. Ihn und seine Familie hätten keine negativen Reaktionen erreicht, weil sie für einen wegen Totschlags verurteilten Mann gesammelt haben. Im Gegenteil: Gerade im Internet erhalte die Kampagne viel Zuspruch.
Auf die Idee zur Spendenaktion seien er und sein Vater durch Leserkommentare zur Berichterstattung über den Prozess gekommen. Dort sei der Wunsch nach einer Hilfskampagne mehrfach aufgetaucht, erklärt Fabian Holler. „Wir fanden das Urteil ungerecht und haben uns angesprochen gefühlt.“Befreundet oder verwandt mit dem Rentner seien sie nicht. Doch wie sein Vater Roland Holler erklärt, habe ihre Familie selbst bereits Erfahrungen mit pflegebedürftigen Verwandten gemacht. Er zeigt Verständnis für die Tat des 92-Jährigen: „Ich denke, es war ein Ausweg für ihn, um die Qualen seiner Frau zu beenden.“
Im November war der Rentner in Würzburg wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Der Vorsitzende Richter begründete das Urteil unter anderem mit dem hohen Alter des Angeklagten, seinem Geständnis und dem außergewöhnlichen Motiv. Zudem war der Mann nicht vorbestraft. Das Urteil solle allerdings nicht als „Freibrief für Nachahmungstäter“verstanden werden, so der Richter.
Der Rentner bedankte sich mit einem Brief