Landkreis sucht Helfer für Pflegeheime
Wegen Corona fällt in Seniorenheimen immer mehr Personal aus. Damit die Versorgung der Bewohner trotzdem zu stemmen ist, bildet der Landkreis einen Pflege-Pool
Aichach Friedberg Ein Corona-Ausbruch im Seniorenheim: Dieses Schreckensszenario ist inzwischen vielerorts traurige Realität. Meist erwischt das Virus auch einen Teil des Personals, dann kommt eine weitere Sorge für Heimleiter hinzu: Wie sollen die Bewohner mit zu wenig Personal gepflegt werden? Um dem entgegenzusteuern, hat die Heimaufsicht im Landratsamt Aichach-Friedberg einen Plan.
Ein Pflege-Pool soll helfen, spontan Arbeitskräfte für Pflege- und Seniorenheime zu organisieren. Bürger, die möglichst über pflegerisches oder medizinisches Grundwissen verfügen, können sich bei der Heimaufsicht melden und ihre Arbeit anbieten. Sobald es in einem Heim zu Personalengpässen kommt, vermittelt die Heimaufsicht dann die Arbeitskräfte. Ein solcher Pflege-Pool war laut Gabriele Bott von der Heimaufsicht notwendig: „Zwei Einrichtungen haben uns gesagt, sie steuern auf einen akuten PersonalNotstand hin.“
Dabei ist die genaue Qualifikation der Helfer nicht entscheidend. „Wir haben es absichtlich offen gelassen“, erklärt Bott. Das Ziel sei, befristete Anstellungen zu vermitteln. Je nach Ausbildung können die Personen dann in verschiedenen Bereichen des Heims aushelfen. Bereits am ersten Tag hätten sich drei Frauen gemeldet, erzählt Bott.
Heimleiterin Lolita Höpflinger vom Haus an der Paar in Aichach findet die Idee „grandios“. Corona gehört in dem Pflegeheim seit Mitte November zum Alltag. 16 der 84 Bewohner und ein Mitarbeiter sind laut Höpflinger positiv getestet worden (Stand Freitag). Dass das Virus sich bisher nicht stärker im Heim und vor allem unter den 70 Mitarbeitern ausgebreitet habe, erklärt die Heimleiterin zum einen mit den Corona-Schnelltests, die bei den Mitarbeitern gemacht werden. Zum anderen tragen laut Höpflinger ihre Mitarbeiter während der Schichten durchgehend FFP2-Masken.
Mit nur einem Mitarbeiter weniger ist das Haus an der Paar von einem Personalnotstand weit entfernt. Außerdem könnten im Zweifelsfall noch weitere Mitarbeiter aus anderen Häusern der Korian-Gruppe
Für Höpflinger wäre eine Quarantäne von mehreren Mitarbeitern aber ein Problem. Denn die Dienstpläne werden im Vormonat erstellt, lange vor der Quarantäne.
Wenn mehrere Mitarbeiter ausfielen, sei es schwierig, den Dienstplan aufrechtzuerhalten. Auch in normalen Zeiten kann es passieren, dass einer oder mehrere Mitarbeiter krank werden und spontan ausfalhinzukommen.
len. Dann müsse man mit einer geringeren Besetzung arbeiten oder freie Mitarbeiter sprängen ein, erzählt Höpflinger. „Kurzfristig geht das, aber langfristig kommen die Mitarbeiter an ihre Grenzen oder die Bewohner werden nicht gut gepflegt.“
Hinzu kommt, dass der Pflegealltag sich bei einem Corona-Ausbruch verändert. Positiv getestete Bewohner sind isoliert in einem eigenen Gang. Die Zugänge zu dem CoronaBereich gelten als Schleusen, Mitarbeiter müssen hier ihre komplette Schutzausrüstung wechseln. „Das ist zeitaufwändig“, sagt Höpflinger
Die Heimleiterin erzählt, eine Angehörige habe sie nach dem Pflege-Pool-Aufruf angerufen und gesagt, sie könne das Heim unterstützen. „Das fand ich sehr schön“, sagt Höpflinger. Auch wenn sie es gerade nicht braucht, gefällt ihr, „dass man sich in der Gemeinschaft hilft“. Auch die Verantwortlichen der Einrichtung Pro Seniore in Friedberg befürworten die Idee eines Pools für Pflegekräfte. Beim Träger, der deutschlandweit Seniorenheime betreibt, gibt es laut Pressesprecher Peter Müller bereits etwas Vergleichbares: „Wir haben schon länger, also auch schon vor Corona, eine Eingreiftruppe gegründet, falls es an einem Standort eng wird.“Das Konzept aus dem Landkreis Aichach-Friedberg kennt Müller auch aus anderen Bundesländern. „Gerade in diesen Zeiten eine gute Idee“, findet er.
Im Friedberger Seniorenzentrum gab es am 23. November den ersten positiven Corona-Fall. Die Zahl der positiv getesteten Personen stieg danach an, mittlerweile sei die Lage wieder etwas entspannter. Laut Müller waren am Freitag 24 der 103 Bewohner sowie 13 der 96 Mitarbeiter infiziert. Er spricht von einem „Silberstreif zur Weihnachtszeit“und lobt die Mitarbeiter in der Friedberger Einrichtung: „In so einer Situation arbeiten alle am Anschlag. Aber es geht bergauf. Es ist schön, zu sehen, dass die Mitarbeiter und Bewohner Unterstützung erfahren.“Müller berichtet von zahlreichen Plätzchen und Weihnachtsgebäck, die Bürger, Vereine und Parteien abgegeben hätten.
Entwarnung will Peter Müller aber vorerst nicht geben: „Wenn zu viele Mitarbeiter ausfallen, wird es auch für uns schwierig.“In so einem Fall könne auch für Pro Seniore ein Pflege-Pool notwendig werden. Müller: „Etwa, wenn unsere eigenen Kräfte anderorts gebraucht würden.“