Friedberger Allgemeine

Landkreis sucht Helfer für Pflegeheim­e

Wegen Corona fällt in Seniorenhe­imen immer mehr Personal aus. Damit die Versorgung der Bewohner trotzdem zu stemmen ist, bildet der Landkreis einen Pflege-Pool

- VON SEBASTIAN RICHLY UND MARLENE WEYERER

Aichach Friedberg Ein Corona-Ausbruch im Seniorenhe­im: Dieses Schreckens­szenario ist inzwischen vielerorts traurige Realität. Meist erwischt das Virus auch einen Teil des Personals, dann kommt eine weitere Sorge für Heimleiter hinzu: Wie sollen die Bewohner mit zu wenig Personal gepflegt werden? Um dem entgegenzu­steuern, hat die Heimaufsic­ht im Landratsam­t Aichach-Friedberg einen Plan.

Ein Pflege-Pool soll helfen, spontan Arbeitskrä­fte für Pflege- und Seniorenhe­ime zu organisier­en. Bürger, die möglichst über pflegerisc­hes oder medizinisc­hes Grundwisse­n verfügen, können sich bei der Heimaufsic­ht melden und ihre Arbeit anbieten. Sobald es in einem Heim zu Personalen­gpässen kommt, vermittelt die Heimaufsic­ht dann die Arbeitskrä­fte. Ein solcher Pflege-Pool war laut Gabriele Bott von der Heimaufsic­ht notwendig: „Zwei Einrichtun­gen haben uns gesagt, sie steuern auf einen akuten PersonalNo­tstand hin.“

Dabei ist die genaue Qualifikat­ion der Helfer nicht entscheide­nd. „Wir haben es absichtlic­h offen gelassen“, erklärt Bott. Das Ziel sei, befristete Anstellung­en zu vermitteln. Je nach Ausbildung können die Personen dann in verschiede­nen Bereichen des Heims aushelfen. Bereits am ersten Tag hätten sich drei Frauen gemeldet, erzählt Bott.

Heimleiter­in Lolita Höpflinger vom Haus an der Paar in Aichach findet die Idee „grandios“. Corona gehört in dem Pflegeheim seit Mitte November zum Alltag. 16 der 84 Bewohner und ein Mitarbeite­r sind laut Höpflinger positiv getestet worden (Stand Freitag). Dass das Virus sich bisher nicht stärker im Heim und vor allem unter den 70 Mitarbeite­rn ausgebreit­et habe, erklärt die Heimleiter­in zum einen mit den Corona-Schnelltes­ts, die bei den Mitarbeite­rn gemacht werden. Zum anderen tragen laut Höpflinger ihre Mitarbeite­r während der Schichten durchgehen­d FFP2-Masken.

Mit nur einem Mitarbeite­r weniger ist das Haus an der Paar von einem Personalno­tstand weit entfernt. Außerdem könnten im Zweifelsfa­ll noch weitere Mitarbeite­r aus anderen Häusern der Korian-Gruppe

Für Höpflinger wäre eine Quarantäne von mehreren Mitarbeite­rn aber ein Problem. Denn die Dienstplän­e werden im Vormonat erstellt, lange vor der Quarantäne.

Wenn mehrere Mitarbeite­r ausfielen, sei es schwierig, den Dienstplan aufrechtzu­erhalten. Auch in normalen Zeiten kann es passieren, dass einer oder mehrere Mitarbeite­r krank werden und spontan ausfalhinz­ukommen.

len. Dann müsse man mit einer geringeren Besetzung arbeiten oder freie Mitarbeite­r sprängen ein, erzählt Höpflinger. „Kurzfristi­g geht das, aber langfristi­g kommen die Mitarbeite­r an ihre Grenzen oder die Bewohner werden nicht gut gepflegt.“

Hinzu kommt, dass der Pflegeallt­ag sich bei einem Corona-Ausbruch verändert. Positiv getestete Bewohner sind isoliert in einem eigenen Gang. Die Zugänge zu dem CoronaBere­ich gelten als Schleusen, Mitarbeite­r müssen hier ihre komplette Schutzausr­üstung wechseln. „Das ist zeitaufwän­dig“, sagt Höpflinger

Die Heimleiter­in erzählt, eine Angehörige habe sie nach dem Pflege-Pool-Aufruf angerufen und gesagt, sie könne das Heim unterstütz­en. „Das fand ich sehr schön“, sagt Höpflinger. Auch wenn sie es gerade nicht braucht, gefällt ihr, „dass man sich in der Gemeinscha­ft hilft“. Auch die Verantwort­lichen der Einrichtun­g Pro Seniore in Friedberg befürworte­n die Idee eines Pools für Pflegekräf­te. Beim Träger, der deutschlan­dweit Seniorenhe­ime betreibt, gibt es laut Pressespre­cher Peter Müller bereits etwas Vergleichb­ares: „Wir haben schon länger, also auch schon vor Corona, eine Eingreiftr­uppe gegründet, falls es an einem Standort eng wird.“Das Konzept aus dem Landkreis Aichach-Friedberg kennt Müller auch aus anderen Bundesländ­ern. „Gerade in diesen Zeiten eine gute Idee“, findet er.

Im Friedberge­r Seniorenze­ntrum gab es am 23. November den ersten positiven Corona-Fall. Die Zahl der positiv getesteten Personen stieg danach an, mittlerwei­le sei die Lage wieder etwas entspannte­r. Laut Müller waren am Freitag 24 der 103 Bewohner sowie 13 der 96 Mitarbeite­r infiziert. Er spricht von einem „Silberstre­if zur Weihnachts­zeit“und lobt die Mitarbeite­r in der Friedberge­r Einrichtun­g: „In so einer Situation arbeiten alle am Anschlag. Aber es geht bergauf. Es ist schön, zu sehen, dass die Mitarbeite­r und Bewohner Unterstütz­ung erfahren.“Müller berichtet von zahlreiche­n Plätzchen und Weihnachts­gebäck, die Bürger, Vereine und Parteien abgegeben hätten.

Entwarnung will Peter Müller aber vorerst nicht geben: „Wenn zu viele Mitarbeite­r ausfallen, wird es auch für uns schwierig.“In so einem Fall könne auch für Pro Seniore ein Pflege-Pool notwendig werden. Müller: „Etwa, wenn unsere eigenen Kräfte anderorts gebraucht würden.“

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Foto: Jonas Güttler, dpa Corona verändert den Alltag in Seniorenhe­imen. Und stellt Mitarbeite­r vor große Herausford­erungen.

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