Friedberger Allgemeine

Die Mutter des Aspirins

Während die Äste der Weide bei Korbmacher­n beliebt sind, hilft ihre Rinde gegen Schmerzen / Serie (12)

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Beeindruck­ende Kraftquell­en, wertvolle Schattensp­ender, imposante Schönheite­n, unverzicht­barer Lebensraum für Tiere und Pflanzen – Bäume sind Wunderwerk­e, sie fasziniere­n viele Menschen. Höchste Zeit also, sich intensiver mit den einzelnen Arten zu beschäftig­en. Autorin dieser Serie ist Brigitte Walde-Frankenber­ger. Dieses Mal geht es um die Weide.

Die Weide gehört zu den ersten Frühjahrsb­lühern. Vor den Blättern erscheinen die Blüten, die Weidenkätz­chen genannt werden. Sie sind die erste Nahrungsqu­elle im Jahr für Bienen, Hummeln und Insekten.

Als Baum oder Strauch kann die Weide bis zu 35 Meter hoch werden. Sie benötigt einen feuchten Boden und wächst an Bächen und Flüssen, wobei sie sich als besonders nützlich erweist, denn sie verhindert das Abtragen der Böden und befestigt die Ränder der Gewässer.

In Europa findet man eine Vielzahl von Weidenarte­n – beispielsw­eise Korbweiden, beschnitte­ne Silberweid­en, die sich mit ihrem schnellen Wachstum und ihren biegsamen Zweigen wunderbar zum Flechten von Korbwaren eignen.

Dazu beflügelt die Weide offenbar die Fantasie. Über viele Jahrhunder­te

entstanden um den Baum zahlreiche Legenden, Sagen, Märchen und Mythen. Die Trauerweid­e wurde zum Symbol der Trauer, der Trennung und des Todes. So wollte Napoleon, dessen Lieblingsb­aum auf Elba die Trauerweid­e war, nach seinem Tode, unter einer begraben werden – was auch erfolgte. Die Weide hat aber auch ein Gesicht der Hoffnung und der Lebensfreu­de. So feierten die keltischen Druiden das Fest der Wiedergebu­rt der Natur zur Zeit der Weidenblüt­e. Aus dem Weidenholz fertigten sie Figuren an, die sie verbrannte­n, um den Winter zu vertreiben. Auch war die

Weide der griechisch­en Göttin Demeter, der Göttin des Wachstums, der Fruchtbark­eit und Lebensfreu­de geweiht.

In der Heilkunde ist die Weide seit dem Altertum bis in die Gegenwart geschätzt. Im Jahre 1898 gelang es, aus der Weidenrind­e das Salicyl zu gewinnen und entspreche­nd synthetisc­h herzustell­en: Das Schmerzmit­tel „Aspirin“war geboren und eroberte die Welt. In der Homöopathi­e wird aus den Rinden verschiede­ner Weidenarte­n eine Essenz zubereitet, die bei allen rheumatisc­hen und neuralgisc­hen Schmerzen verordnet wird.

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Aus der Rinde der Weide wird Salicyl ge‰ wonnen. Illustrati­on: Paul Walde

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