So funktioniert die CoronaHilfe im Landkreis
Die Nachbarschaftshilfe in Aichach-Friedberg lebt im zweiten Lockdown wieder auf. Einiges hat sich im Vergleich zur ersten Welle im Frühjahr allerdings geändert
AichachFriedberg Einkaufen, ein Rezept in die Apotheke bringen oder auch nur ein Gespräch am Telefon. Für viele ältere Menschen ist es während der Corona-Pandemie schwierig, den Alltag zu bewältigen. Im Landkreis Aichach-Friedberg werden diejenigen Menschen, die zur Risikogruppe gehören und deshalb das Haus möglichst nicht verlassen sollen, nicht alleine gelassen zahlreiche Hilfsgruppen griffen schon im Frühjahr unter die Arme. Vor allem seit Beginn des erneuten Lockdowns sind die Helfer wieder sehr gefragt. Es gibt aber auch Schwierigkeiten.
Eine der ersten Helfergruppen im Kreis war die Nachbarschaftshilfe Friedberg, die es auch als Facebook-Gruppe „Du kommst aus Friedberg, wo Nachbarschaftshilfe kein Fremdwort ist“gibt. Gegründet wurde die Gruppe von Felix Ehrenberg, der im Frühjahr noch die zehnte Klasse der Friedberger Mittelschule besuchte.
Als der damals 16-Jährige erfuhr, dass er ab Montag schulfrei habe, überlegte er: „Warum soll ich die Zeit nicht nutzen, um anderen zu helfen?“Der Friedberger koordiniert seither die Hilfe. Die Facebook-Gruppe hat mittlerweile fast 450 Unterstützer. Im Frühjahr waren es rund 250. „Zum Kern gehören rund 18 Personen, die regelmäßig helfen. Unsere Jüngste ist 13 Jahre alt, die Ältesten um die 50. Es ist wirklich bunt gemischt und verteilt sich auch gut auf die Ortsteile“, so Ehrenberg.
Zwei bis drei Aufträge gebe es täglich. Seit dem erneuten Lockdown häufen sich die Anfragen wieder: „Gefühlt ist die Gefahr im Vergleich zum Frühjahr realer. Mittlerweile kenne ich schon viele Menschen, die Corona hatten. Aktuell gibt es auch viele, die in Quarantäne sind und genauso unsere Hilfe brauchen“, erzählt Ehrenberg, der sich selbst auch schon in Quarantäne begeben musste.
„Es ist wichtig, dass uns die Menschen informieren, wenn sie positiv getestet wurden. Dann müssen wir andere Lösungen finden.“Ein direkter Kontakt werde dann vermieden. Ehrenberg: „Wir müssen sichergehen, dass sich die Helfer nicht infizieren.“In diesem Bereich werde es schwierig: „Manchmal desinfizieren wir auch das Geld, das uns die Menschen rauslegen. Wir wissen noch zu wenig. Und da wir auch keine FFP2- bzw. FFP3-Masken haben, bleibt immer eine Unsicherheit.“
Aus demselben Grund nehmen Ehrenberg und Co. auch keine Anfragen für Spaziergänge an: „Die bekommen wir auch immer wieder, müssen dann aber absagen. Das haben wir so auch gehandhabt, als es prinzipiell erlaubt war.“Im Vergleich zum Frühjahr habe sich aber nicht allzu viel geändert. „Es macht weiterhin sehr viel Spaß, den Leuten zu helfen. Manchmal reicht schon ein nettes Gespräch am Telefon“, erzählt Ehrenberg, der im November 17 Jahre alt geworden ist.
Dabei hätte dem Friedberger auch der Spaß vergehen können.
Schließlich hatte er nach seiner Mittleren Reife in diesem Jahr etwas anderes geplant: ein Auslandsjahr in Argentinien. „Das ist sehr schade, aber mir war schon früh klar, dass daraus wohl nichts werden wird.“
Einen Vorteil hat das Ganze aber doch: Der 17-Jährige kann weiter seinen Mitmenschen helfen. „Nächstenliebe ist etwas Schönes. Wir müssen das Beste aus der Situation machen.“Auch für 2021 hat Felix Ehrenberg schon Pläne. Dann will der Friedberger eine Ausbildung zum Flughafenkaufmann in München machen.
Neben den Friedbergern gibt es noch zahlreiche weitere Hilfsgruppen im Umkreis. Groß ist die Helferzahl auch in Mering und Kissing. Schon mehr als 750 Nutzer haben sich der Facebook-Gruppe Corona Nachbarschaftshilfe Mering angeschlossen, bei der Gruppe Corona Nachbarschaftshilfe Kissing sind rund 450 Mitglieder. Zum Kern des Helferkreises gehören laut Organisatorin Julia Stöckl derzeit rund 25 Personen. Im Sommer sei die Hilfe etwas eingeschlafen, seit einigen Wochen gebe es aber wieder vermehrt Anfragen: „Der große Andrang wie im Frühjahr ist noch nicht wieder da“, erzählt Stöckl und fügt hinzu: „Aktuell brauchen hauptsächlich Menschen unsere Hilfe, die in Quarantäne sind.“
Die gebürtige Kissingerin, die in Mering lebt, freut sich über die helfenden Hände. Hauptsächliche Erwachsene engagieren sich: „Wir hatten im Frühjahr auch Jugendliche dabei, die etwa das betreute Wohnen in Kissing mit Essen versorgt haben. Bei größeren Einkäufen ist es aber ohne Auto schwer. Manchmal legen wir auch das Geld aus, was für einen Schüler eher schwierig ist“, erklärt Stöckl.
Mittlerweile sind die Gruppen aus Mering und Kissing zusammengelegt, um alles besser koordinieren zu können. Einfach sei das aber nicht immer: „Jemanden zum Arzt bringen an einem Mittwochvormittag, ist problematisch, da viele Helfer berufstätig sind. Wir können leider nicht immer alle Wünsche erfüllen“, so Stöckl.
In erster Linie gehe es um Botengänge, aber nicht nur. Stöckl: „Eine Frau musste ins Krankenhaus. Dann hat sich einfach jemand zwei Wochen um ihren Hund gekümmert. Das war einfacher, als ihn ständig beim Sohn zu holen. Der Sohn war zu der Zeit in Quarantäne.“
Mit den steigenden Infektionszahlen müssen die Helfer aber auch aufpassen, sich nicht zu infizieren: „Das liegt im Ermessen eines jeden Einzelnen. Gerade wenn jemand in Quarantäne ist, sollte man den Kontakt vermeiden“, sagt Stöckl.