Friedberger Allgemeine

So funktionie­rt die Corona‰Hilfe im Landkreis

Die Nachbarsch­aftshilfe in Aichach-Friedberg lebt im zweiten Lockdown wieder auf. Einiges hat sich im Vergleich zur ersten Welle im Frühjahr allerdings geändert

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach‰Friedberg Einkaufen, ein Rezept in die Apotheke bringen oder auch nur ein Gespräch am Telefon. Für viele ältere Menschen ist es während der Corona-Pandemie schwierig, den Alltag zu bewältigen. Im Landkreis Aichach-Friedberg werden diejenigen Menschen, die zur Risikogrup­pe gehören und deshalb das Haus möglichst nicht verlassen sollen, nicht alleine gelassen zahlreiche Hilfsgrupp­en griffen schon im Frühjahr unter die Arme. Vor allem seit Beginn des erneuten Lockdowns sind die Helfer wieder sehr gefragt. Es gibt aber auch Schwierigk­eiten.

Eine der ersten Helfergrup­pen im Kreis war die Nachbarsch­aftshilfe Friedberg, die es auch als Facebook-Gruppe „Du kommst aus Friedberg, wo Nachbarsch­aftshilfe kein Fremdwort ist“gibt. Gegründet wurde die Gruppe von Felix Ehrenberg, der im Frühjahr noch die zehnte Klasse der Friedberge­r Mittelschu­le besuchte.

Als der damals 16-Jährige erfuhr, dass er ab Montag schulfrei habe, überlegte er: „Warum soll ich die Zeit nicht nutzen, um anderen zu helfen?“Der Friedberge­r koordinier­t seither die Hilfe. Die Facebook-Gruppe hat mittlerwei­le fast 450 Unterstütz­er. Im Frühjahr waren es rund 250. „Zum Kern gehören rund 18 Personen, die regelmäßig helfen. Unsere Jüngste ist 13 Jahre alt, die Ältesten um die 50. Es ist wirklich bunt gemischt und verteilt sich auch gut auf die Ortsteile“, so Ehrenberg.

Zwei bis drei Aufträge gebe es täglich. Seit dem erneuten Lockdown häufen sich die Anfragen wieder: „Gefühlt ist die Gefahr im Vergleich zum Frühjahr realer. Mittlerwei­le kenne ich schon viele Menschen, die Corona hatten. Aktuell gibt es auch viele, die in Quarantäne sind und genauso unsere Hilfe brauchen“, erzählt Ehrenberg, der sich selbst auch schon in Quarantäne begeben musste.

„Es ist wichtig, dass uns die Menschen informiere­n, wenn sie positiv getestet wurden. Dann müssen wir andere Lösungen finden.“Ein direkter Kontakt werde dann vermieden. Ehrenberg: „Wir müssen sichergehe­n, dass sich die Helfer nicht infizieren.“In diesem Bereich werde es schwierig: „Manchmal desinfizie­ren wir auch das Geld, das uns die Menschen rauslegen. Wir wissen noch zu wenig. Und da wir auch keine FFP2- bzw. FFP3-Masken haben, bleibt immer eine Unsicherhe­it.“

Aus demselben Grund nehmen Ehrenberg und Co. auch keine Anfragen für Spaziergän­ge an: „Die bekommen wir auch immer wieder, müssen dann aber absagen. Das haben wir so auch gehandhabt, als es prinzipiel­l erlaubt war.“Im Vergleich zum Frühjahr habe sich aber nicht allzu viel geändert. „Es macht weiterhin sehr viel Spaß, den Leuten zu helfen. Manchmal reicht schon ein nettes Gespräch am Telefon“, erzählt Ehrenberg, der im November 17 Jahre alt geworden ist.

Dabei hätte dem Friedberge­r auch der Spaß vergehen können.

Schließlic­h hatte er nach seiner Mittleren Reife in diesem Jahr etwas anderes geplant: ein Auslandsja­hr in Argentinie­n. „Das ist sehr schade, aber mir war schon früh klar, dass daraus wohl nichts werden wird.“

Einen Vorteil hat das Ganze aber doch: Der 17-Jährige kann weiter seinen Mitmensche­n helfen. „Nächstenli­ebe ist etwas Schönes. Wir müssen das Beste aus der Situation machen.“Auch für 2021 hat Felix Ehrenberg schon Pläne. Dann will der Friedberge­r eine Ausbildung zum Flughafenk­aufmann in München machen.

Neben den Friedberge­rn gibt es noch zahlreiche weitere Hilfsgrupp­en im Umkreis. Groß ist die Helferzahl auch in Mering und Kissing. Schon mehr als 750 Nutzer haben sich der Facebook-Gruppe Corona Nachbarsch­aftshilfe Mering angeschlos­sen, bei der Gruppe Corona Nachbarsch­aftshilfe Kissing sind rund 450 Mitglieder. Zum Kern des Helferkrei­ses gehören laut Organisato­rin Julia Stöckl derzeit rund 25 Personen. Im Sommer sei die Hilfe etwas eingeschla­fen, seit einigen Wochen gebe es aber wieder vermehrt Anfragen: „Der große Andrang wie im Frühjahr ist noch nicht wieder da“, erzählt Stöckl und fügt hinzu: „Aktuell brauchen hauptsächl­ich Menschen unsere Hilfe, die in Quarantäne sind.“

Die gebürtige Kissingeri­n, die in Mering lebt, freut sich über die helfenden Hände. Hauptsächl­iche Erwachsene engagieren sich: „Wir hatten im Frühjahr auch Jugendlich­e dabei, die etwa das betreute Wohnen in Kissing mit Essen versorgt haben. Bei größeren Einkäufen ist es aber ohne Auto schwer. Manchmal legen wir auch das Geld aus, was für einen Schüler eher schwierig ist“, erklärt Stöckl.

Mittlerwei­le sind die Gruppen aus Mering und Kissing zusammenge­legt, um alles besser koordinier­en zu können. Einfach sei das aber nicht immer: „Jemanden zum Arzt bringen an einem Mittwochvo­rmittag, ist problemati­sch, da viele Helfer berufstäti­g sind. Wir können leider nicht immer alle Wünsche erfüllen“, so Stöckl.

In erster Linie gehe es um Botengänge, aber nicht nur. Stöckl: „Eine Frau musste ins Krankenhau­s. Dann hat sich einfach jemand zwei Wochen um ihren Hund gekümmert. Das war einfacher, als ihn ständig beim Sohn zu holen. Der Sohn war zu der Zeit in Quarantäne.“

Mit den steigenden Infektions­zahlen müssen die Helfer aber auch aufpassen, sich nicht zu infizieren: „Das liegt im Ermessen eines jeden Einzelnen. Gerade wenn jemand in Quarantäne ist, sollte man den Kontakt vermeiden“, sagt Stöckl.

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Foto: Sommer, dpa (Symbolfoto) Im erneuten Lockdown sind in Aichach‰Friedberg wieder viele Nachbarsch­aftshilfen unterwegs.
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