Sexspiele: War es Spaß oder Vergewaltigung?
Auf einer Internet-Partnerbörse lernen sich ein junger Mann und eine junge Frau kennen. Dann kommt es zu einem Treffen am Derchinger Baggersee – und zu einer Anzeige
Derching/Aichach Es ist tiefe Nacht, zwei junge Leute treffen sich für Sexspiele am Derchinger Baggersee. Nach einer Stunde bricht die Frau das Treiben ab und geht. Wenige Tage später erreicht den nach eigenen Angaben „völlig perplexen“Mann die Nachricht, dass er wegen Vergewaltigung bei diesem Treffen angezeigt wurde.
Am ersten Verhandlungstag vor dem Aichacher Schöffengericht wurde die Sichtweise des Angeklagten gehört, kommende Woche soll das mutmaßliche Opfer aussagen. Im Wesentlichen sei das, was in der Anklage stehe, nicht ganz unrichtig, ließ der 23-Jährige aus dem Landkreis Augsburg von seinem Verteidiger Bernd Scharinger erklären. Aber es gebe entscheidende Falschdarstellungen. Vor allen Dingen, so der Angeklagte, sei er in jener Nacht bis zuletzt davon ausgegangen, dass alles einvernehmlich gewesen sei. Und als die Frau nicht mehr gewollt habe, sei man konfliktlos auseinandergegangen.
Anfang Juni 2020 hatten er und die junge Frau sich bereits zweimal persönlich getroffen gehabt, so der Angeklagte. Zu diesem Zeitpunkt sei zu Hause die Beziehung mit seiner Ex-Lebensgefährtin und Mutter eines gemeinsamen Kindes am Abklingen gewesen. Daraufhin suchte der Angeklagte anderweitig Kontakt. Er und die 21-Jährige hätten sich auf einer Internet-Partnerbörse kennengelernt, auf der sich Personen treffen, denen es um gemeinsamen Sex gehe. Das dritte persönliche Treffen mit der Frau aus dem Kreis Neuburg-Schrobenhausen fand wie schon die beiden zuvor am Derchinger Baggersee statt.
Vereinbarungsgemäß habe er seinen zum Wohnmobil umgebauten Transporter mitgebracht, erklärte der Angeklagte Richter Walter Hell und dessen Schöffinnen. Die Frau habe direkt neben ihm geparkt, ganz in der Nähe der Wasserwacht. Im Bett im Wohnmobil sei es dann gegen Mitternacht zur Sache gegangen. Zunächst habe sich die Frau eine Massage gewünscht und diese bekommen.
Anschließend sei es darum gegangen, von ihr mitgebrachte Dessous und Sexspielzeuge auszuprobieren. Weil auch Dildos darunter waren, sei die Frau mehr und mehr entkleidet worden, so der Angeklagte. Schon in dieser Phase habe sie gelegentlich „nee“oder „naa“gesagt, dabei aber gelacht, so der Angeklagte.
Er habe dies als Signal gedeutet, dass die Frau keine leichte Beute habe sein wollen, sondern von ihm habe erobert werden wollen. Selbst noch, als er ihre Scheide berührt habe, habe sie sich nicht entscheidend gewehrt. Schließlich habe auch er sich alles ausgezogen, um mit der Frau Sex zu haben. Als die Frau dies abgelehnt und ihn weggestoßen habe, sei Schluss gewesen. Wortlos hätten sich beide angezogen, die Frau sei anschließend aus dem Camper gestiegen und allein an den nächtlichen See gelaufen.
Es folgte eine längere Konversation der beiden Beteiligten per Telefon-Messenger, die vom Gericht verlesen wurde. In deren Verlauf hatte der Angeklagte versucht herauszufinden, warum die Frau davongelaufen war. Sogar zum Essen wollte er sie einladen. Dazu sei es aber nicht mehr gekommen, es kehrte Funkstille ein. So lange, bis die Strafanzeige beim 23-Jährigen eintraf.
In der Anklageschrift wird dem Mann vorgehalten, er habe die Frau, die sich zur Wehr gesetzt habe, an den Händen festgehalten und sei gegen deren Willen in sie eingedrungen – zuerst mit seinen Fingern, dann mit einem Dildo. Deswegen legt Staatsanwalt Marius Lindig dem 23-Jährigen Vergewaltigung zur Last.
Wie Verteidiger Scharinger im Nachgang der Verhandlung erklärte, sei die Anzeige nicht von der Geschädigten selbst erstattet worden.
Sie hege keinen großen Belastungseifer gegenüber seinem Mandanten. Vielmehr sei die Angelegenheit bei einer polizeilichen Vernehmung der Frau in anderer Sache quasi nebenbei zur Sprache gekommen. Daraufhin sei die im Raum stehende Vergewaltigung, ein sogenanntes Offizialdelikt, von Amts wegen angezeigt worden.
Das Verfahren wird kommende Woche fortgesetzt. Dann soll die Geschädigte im Zeugenstand ihre Sicht der Geschehnisse am Derchinger See berichten. Sollte der Angeklagte der Vergewaltigung schuldig gesprochen werden, steht ihm eine Mindestfreiheitsstrafe von zwei Jahren in Aussicht.
Gegen Mitternacht sei es zur Sache gegangen