Friedberger Allgemeine

Corona: Diese Regeln gelten jetzt in Augsburg

Zwischen 21 und 5 Uhr nachts darf sich keiner mehr draußen aufhalten – es sei denn, er hat triftige Gründe. Wie die Lage in den Seniorenhe­imen ist, wie es beim Impfzentru­m läuft und wer der Stadt helfen kann

- VON JÖRG HEINZLE, NICOLE PRESTLE UND JONAS VOSS

Ministerpr­äsident Markus Söder hatte am Sonntag die Richtung vorgegeben, die Stadt Augsburg setzt die Vorgaben nun um: Weil der Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt mit 233 nach wie vor sehr hoch liegt, gelten seit Mittwoch auch in Augsburg Ausgangsbe­schränkung­en. Nachts, zwischen 21 und 5 Uhr, tritt sogar eine Ausgangssp­erre in Kraft. Was das im Detail bedeutet und was noch erlaubt ist, haben wir hier für Sie zusammenge­fasst.

Der Trend bei den Corona-Neuinfekti­onen hat in Augsburg zuletzt nach unten gezeigt. Warum greift die Stadt trotzdem noch mal zu drastische­ren Maßnahmen?

Der Stadt bleibt nichts anderes übrig. Die allgemeine­n Ausgangsbe­schränkung­en gelten für ganz Bayern. Die Regeln macht in diesem Fall der Freistaat - und diese sehen auch vor, dass ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 für die Zeit zwischen 21 und 5 Uhr eine nächtliche Ausgangssp­erre verhängt wird. Mit aktuell 233 Neuinfekti­onen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen liegt Augsburg noch immer weit über diesem Wert. Ziel ist es, diesen Inzidenzwe­rt, so wie im Sommer, auf unter 50 zu drücken. Dr. Thomas Wibmer, der stellvertr­etende Leiter des Gesundheit­samtes, sagt, der derzeitige Abwärtstre­nd bei den Zahlen in Augsburg reiche noch nicht aus. Bliebe die Situation so, wie sie ist, würde die 50er-Marke erst Ende März unterschri­tten werden. Die Zahlen müssten aber schneller sinken, auch wegen der angespannt­en Lage in den Krankenhäu­sern.

Was ist untertags jetzt noch erlaubt - darf ich noch Besorgunge­n und Weihnachts­einkäufe machen?

Ja. Die Geschäfte haben weiterhin geöffnet, einkaufen ist ganz normal erlaubt - ob es sich nun um Lebensmitt­el oder auch um Weihnachts­geschenke handelt. Auch Arztbesuch­e, Besuche eines anderen Hausstands, die Begleitung von Personen, die Unterstütz­ung brauchen oder Behördengä­nge sind nach wie vor erlaubt. Sport und Spaziergän­ge sind weiter zulässig - alles aber nur mit den geltenden Abstands- und Hygienereg­eln. Auch Gottesdien­ste darf man übrigens nach wie vor besuchen.

Was bedeutet die nächtliche Ausgangssp­erre konkret? Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne) erklärt, wer zwischen 21 und 5 Uhr nach draußen will, müsse dafür „stichhalti­ge Gründe“haben. Dazu zählen etwa: die Ausübung berufliche­r Tätigkeite­n, medizinisc­he Notfälle, die Wahrnehmun­g des Sorge- und Umgangsrec­hts, die Begleitung von unterstütz­ungsbedürf­tigen Personen und Minderjähr­igen, die Begleitung Sterbender sowie Handlungen zur Versorgung von Tieren. An den Weihnachts­tagen von 24. bis 26. Dezember 2020 gilt als Ausnahmegr­und auch die Teilnahme an einem Gottesdien­st – insbesonde­re der Christmett­e.

Wird die Ausgangssp­erre kontrollie­rt? Und wie weise ich meine Berechtigu­ng nach?

Laut Aussage des Ordnungsre­ferenten Frank Pintsch (CSU) wird es Kontrollen durch Ordnungsdi­enst und Polizei geben. Bei einer Kontrolle müsse der Grund für den Aufenthalt im öffentlich­en Raum „plausibel“dargestell­t werden können. Dies könne durch mündliche Angaben, aber auch durch ein Dokument, etwa des Arbeitgebe­rs, erfolgen. Polizei und Ordnungsdi­enst werden die Ausgangssp­erre, die für das gesamte Stadtgebie­t gilt, verstärkt kontrollie­ren, insbesonde­re an den Feiertagen. Denn sollte die Inzidenz bis dahin nicht dauerhaft unter die 200er-Marke gesunken sein, wird es auch in der Silvestern­acht keine Ausnahme von der Ausgangssp­erre geben.

Darf ich vor 21 Uhr Freunde oder Familie besuchen und dann nach 21 Uhr heimkehren?

Nein. Während des Zeitraums der Ausgangssp­erre darf die Wohnung der besuchten Freunde oder der Familie nicht verlassen werden, erklärt Gesundheit­sreferent Reiner Erben es sei denn dafür gebe es einen der genannten triftigen Gründe. Für Besuche generell ändert sich vorerst nichts. Das heißt, in Privaträum­en dürfen sich zwei Hausstände treffen, solange dabei die Personenan­zahl von fünf nicht überschrit­ten wird. Kinder unter 14 Jahren zählen dabei nicht mit.

Augsburg hat bereits den Alkoholaus­schank von offenen Getränken in Zonen mit Maskenpfli­cht verboten, zudem gilt in bestimmten Bereich der Stadt ein Verbot des Alkoholkon­sums. Änder sich daran etwas?

Ja. Alkoholkon­sum im öffentlich­en Raum ist nun generell verboten. Das heißt: Auch alleine auf einer Parkbank darf man kein Bier trinken.

Wenn der Inzidenzwe­rt wieder unter 200 sinkt, wird die nächtliche Ausgangssp­erren dann aufgehoben? Ganz so schnell geht es nicht. Es reicht nicht, dass der Sieben-TageWert kurzfristi­g unter die 200erGrenz­e sinkt. Der Wert muss sieben Tage in Folge darunter bleiben erst dann kann die Stadt die Ausgangssp­erre wieder aufheben.

Reagieren die Stadtwerke mit Fahrplanän­derungen auf die Ausgangsbe­schränkung­en?

Laut Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg sind keine Änderungen des derzeit geltenden Fahrplans bis zu den Weihnachts­ferien geplant auch wenn viele Bahnen sehr spärlich besetzt sind. Grundtakt ist momentan der 7,5-Minuten-Takt bei den Straßenbah­nen tagsüber. Morgens und mittags wird dieses Angebot - wo nötig - verdichtet. Bei Bussen gelte der übliche Takt, in der Regel sei dies der 15-MinutenTak­t. Wie es weitergeht, sagt Fergg, lasse sich nicht absehen, kurzfristi­ge Änderungen der Corona-Maßnahmen seien schließlic­h möglich.

Die Stadt muss ein Impfzentru­m einrichten. Wie weit sind die Vorbereitu­ngen?

Inzwischen steht auch der Standort fest: Das Augsburger Impfzentru­m wird auf dem ehemaligen FujitsuGel­ände eingericht­et, das hat Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) nun bestätigt. Betreiber ist die

Augsburger Rettungsdi­enstfirma Bäuerle Ambulanz, die auch schon das Testzentru­m betreut. Das Personal stehe bereit, so Weber, gestartet werden soll mit mobilen Teams, die unter anderem Senioren in Pflegeheim­en impfen können. Zunächst soll die Kapazität bei 250 Impfungen am Tag liegen. Die Zahl könne aber in den vierstelli­gen Bereich ausgeweite­t werden, sofern genug Impfstoff vorhanden sei, so die Stadt.

Wie ist die Lage in den Augsburger Senioren- und Pflegeeinr­ichtungen? Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CSU) bezeichnet sie als „sehr ernst und angespannt, aber nicht hoffnungsl­os“. Aktuell gebe es in 14 von 26 Einrichtun­gen der stationäre­n Pflege Corona-Fälle. 215 Bewohnerin­nen und Bewohner wurden Stand Mittwoch positiv auf Covid-19 getestet. Auch unter den Mitarbeite­rn sei die Situation angespannt: 93 können aufgrund eines positiven Tests aktuell nicht arbeiten, 19 Mitarbeite­r sind laut Schenkelbe­rg in Quarantäne. Was Schenkelbe­rg Sorgen macht ist, dass 55 Bewohner von Pflegeheim­en mit oder an Corona gestorben seien.

Welche Einschränk­ungen gelten in den Heimen, vor allem auch in der Vorweihnac­htszeit und an den Feiertagen?

Für vier von fünf städtische­n Einrichtun­gen gilt derzeit ein Besuchssto­pp oder es gibt restriktiv­e Beschränku­ngen. „Für uns ist das ein letztes Mittel, wenn es ein Ausbruchsg­eschehen gibt. Wir gehen mit diesem Instrument sehr verantwort­ungsvoll um“, so Sozialrefe­rent

Schenkelbe­rg. Ab sofort ist nur noch ein Besuch pro Tag und Bewohner erlaubt, maximal für eine Stunde. Besucher und Bewohner müssen dabei FFP-2-Masken tragen. Augsburg überschrei­tet damit die Regelung des Freistaats, was im hohen Inzidenzwe­rt begründet liegt. Wer einen Angehörige­n im Pflegeheim besuchen möchte, muss zudem einen negativen Corona-Test vorweisen können. „Das kann ein Schnelltes­t sein, das kann auch ein PCRLaborte­st sein“, so Schenkelbe­rg.

Werden solche Tests direkt in den Pflegeeinr­ichtungen angeboten? Die Einrichtun­gen bereiten sich laut Schenkelbe­rg darauf vor, solche Tests anzubieten. In vielen Heimen gebe es aber noch keine Schnelltes­tStationen oder ausreichen­d Personal dafür. Schenkelbe­rg bittet die Augsburger deshalb um Geduld. Die Kapazitäte­n werden sukzessive aufgebaut, die Einrichtun­gen der Stadt wollen Tests und Masken künftig auch kostenlos anbieten.

Wie läuft es personell in den Einrichtun­gen?

Die städtische Altenhilfe stellt aktuell zusätzlich­es Personal ein, um Besucherre­gelungen zu organisier­en oder Mitarbeite­r aus der Pflege zu entlasten, die Schnelltes­ts durchführe­n müssen. Die Stadt sucht aber auch nach Pflegerinn­en und Pflegern, die derzeit nicht arbeiten, oder nach Menschen mit medizinisc­her Vorbildung. Martin Schenkelbe­rg sagt: „Wer es ernst meint und uns in dieser Situation helfen will, kann sich an das Sozialrefe­rat der Stadt wenden.“

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Foto: Peter Fastl Leere Straßen in Augsburg: Seit Mittwoch wird dies ab 21 Uhr zum Normalzust­and gehören. Solange die Sieben‰Tage‰Inzidenz über 200 liegt, gilt zwischen 21 und 5 Uhr eine Ausgangssp­erre.

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