Corona: Diese Regeln gelten jetzt in Augsburg
Zwischen 21 und 5 Uhr nachts darf sich keiner mehr draußen aufhalten – es sei denn, er hat triftige Gründe. Wie die Lage in den Seniorenheimen ist, wie es beim Impfzentrum läuft und wer der Stadt helfen kann
Ministerpräsident Markus Söder hatte am Sonntag die Richtung vorgegeben, die Stadt Augsburg setzt die Vorgaben nun um: Weil der Sieben-Tage-Inzidenzwert mit 233 nach wie vor sehr hoch liegt, gelten seit Mittwoch auch in Augsburg Ausgangsbeschränkungen. Nachts, zwischen 21 und 5 Uhr, tritt sogar eine Ausgangssperre in Kraft. Was das im Detail bedeutet und was noch erlaubt ist, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Der Trend bei den Corona-Neuinfektionen hat in Augsburg zuletzt nach unten gezeigt. Warum greift die Stadt trotzdem noch mal zu drastischeren Maßnahmen?
Der Stadt bleibt nichts anderes übrig. Die allgemeinen Ausgangsbeschränkungen gelten für ganz Bayern. Die Regeln macht in diesem Fall der Freistaat - und diese sehen auch vor, dass ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 für die Zeit zwischen 21 und 5 Uhr eine nächtliche Ausgangssperre verhängt wird. Mit aktuell 233 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen liegt Augsburg noch immer weit über diesem Wert. Ziel ist es, diesen Inzidenzwert, so wie im Sommer, auf unter 50 zu drücken. Dr. Thomas Wibmer, der stellvertretende Leiter des Gesundheitsamtes, sagt, der derzeitige Abwärtstrend bei den Zahlen in Augsburg reiche noch nicht aus. Bliebe die Situation so, wie sie ist, würde die 50er-Marke erst Ende März unterschritten werden. Die Zahlen müssten aber schneller sinken, auch wegen der angespannten Lage in den Krankenhäusern.
Was ist untertags jetzt noch erlaubt - darf ich noch Besorgungen und Weihnachtseinkäufe machen?
Ja. Die Geschäfte haben weiterhin geöffnet, einkaufen ist ganz normal erlaubt - ob es sich nun um Lebensmittel oder auch um Weihnachtsgeschenke handelt. Auch Arztbesuche, Besuche eines anderen Hausstands, die Begleitung von Personen, die Unterstützung brauchen oder Behördengänge sind nach wie vor erlaubt. Sport und Spaziergänge sind weiter zulässig - alles aber nur mit den geltenden Abstands- und Hygieneregeln. Auch Gottesdienste darf man übrigens nach wie vor besuchen.
Was bedeutet die nächtliche Ausgangssperre konkret? Gesundheitsreferent Reiner Erben (Grüne) erklärt, wer zwischen 21 und 5 Uhr nach draußen will, müsse dafür „stichhaltige Gründe“haben. Dazu zählen etwa: die Ausübung beruflicher Tätigkeiten, medizinische Notfälle, die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts, die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen, die Begleitung Sterbender sowie Handlungen zur Versorgung von Tieren. An den Weihnachtstagen von 24. bis 26. Dezember 2020 gilt als Ausnahmegrund auch die Teilnahme an einem Gottesdienst – insbesondere der Christmette.
Wird die Ausgangssperre kontrolliert? Und wie weise ich meine Berechtigung nach?
Laut Aussage des Ordnungsreferenten Frank Pintsch (CSU) wird es Kontrollen durch Ordnungsdienst und Polizei geben. Bei einer Kontrolle müsse der Grund für den Aufenthalt im öffentlichen Raum „plausibel“dargestellt werden können. Dies könne durch mündliche Angaben, aber auch durch ein Dokument, etwa des Arbeitgebers, erfolgen. Polizei und Ordnungsdienst werden die Ausgangssperre, die für das gesamte Stadtgebiet gilt, verstärkt kontrollieren, insbesondere an den Feiertagen. Denn sollte die Inzidenz bis dahin nicht dauerhaft unter die 200er-Marke gesunken sein, wird es auch in der Silvesternacht keine Ausnahme von der Ausgangssperre geben.
Darf ich vor 21 Uhr Freunde oder Familie besuchen und dann nach 21 Uhr heimkehren?
Nein. Während des Zeitraums der Ausgangssperre darf die Wohnung der besuchten Freunde oder der Familie nicht verlassen werden, erklärt Gesundheitsreferent Reiner Erben es sei denn dafür gebe es einen der genannten triftigen Gründe. Für Besuche generell ändert sich vorerst nichts. Das heißt, in Privaträumen dürfen sich zwei Hausstände treffen, solange dabei die Personenanzahl von fünf nicht überschritten wird. Kinder unter 14 Jahren zählen dabei nicht mit.
Augsburg hat bereits den Alkoholausschank von offenen Getränken in Zonen mit Maskenpflicht verboten, zudem gilt in bestimmten Bereich der Stadt ein Verbot des Alkoholkonsums. Änder sich daran etwas?
Ja. Alkoholkonsum im öffentlichen Raum ist nun generell verboten. Das heißt: Auch alleine auf einer Parkbank darf man kein Bier trinken.
Wenn der Inzidenzwert wieder unter 200 sinkt, wird die nächtliche Ausgangssperren dann aufgehoben? Ganz so schnell geht es nicht. Es reicht nicht, dass der Sieben-TageWert kurzfristig unter die 200erGrenze sinkt. Der Wert muss sieben Tage in Folge darunter bleiben erst dann kann die Stadt die Ausgangssperre wieder aufheben.
Reagieren die Stadtwerke mit Fahrplanänderungen auf die Ausgangsbeschränkungen?
Laut Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg sind keine Änderungen des derzeit geltenden Fahrplans bis zu den Weihnachtsferien geplant auch wenn viele Bahnen sehr spärlich besetzt sind. Grundtakt ist momentan der 7,5-Minuten-Takt bei den Straßenbahnen tagsüber. Morgens und mittags wird dieses Angebot - wo nötig - verdichtet. Bei Bussen gelte der übliche Takt, in der Regel sei dies der 15-MinutenTakt. Wie es weitergeht, sagt Fergg, lasse sich nicht absehen, kurzfristige Änderungen der Corona-Maßnahmen seien schließlich möglich.
Die Stadt muss ein Impfzentrum einrichten. Wie weit sind die Vorbereitungen?
Inzwischen steht auch der Standort fest: Das Augsburger Impfzentrum wird auf dem ehemaligen FujitsuGelände eingerichtet, das hat Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) nun bestätigt. Betreiber ist die
Augsburger Rettungsdienstfirma Bäuerle Ambulanz, die auch schon das Testzentrum betreut. Das Personal stehe bereit, so Weber, gestartet werden soll mit mobilen Teams, die unter anderem Senioren in Pflegeheimen impfen können. Zunächst soll die Kapazität bei 250 Impfungen am Tag liegen. Die Zahl könne aber in den vierstelligen Bereich ausgeweitet werden, sofern genug Impfstoff vorhanden sei, so die Stadt.
Wie ist die Lage in den Augsburger Senioren- und Pflegeeinrichtungen? Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU) bezeichnet sie als „sehr ernst und angespannt, aber nicht hoffnungslos“. Aktuell gebe es in 14 von 26 Einrichtungen der stationären Pflege Corona-Fälle. 215 Bewohnerinnen und Bewohner wurden Stand Mittwoch positiv auf Covid-19 getestet. Auch unter den Mitarbeitern sei die Situation angespannt: 93 können aufgrund eines positiven Tests aktuell nicht arbeiten, 19 Mitarbeiter sind laut Schenkelberg in Quarantäne. Was Schenkelberg Sorgen macht ist, dass 55 Bewohner von Pflegeheimen mit oder an Corona gestorben seien.
Welche Einschränkungen gelten in den Heimen, vor allem auch in der Vorweihnachtszeit und an den Feiertagen?
Für vier von fünf städtischen Einrichtungen gilt derzeit ein Besuchsstopp oder es gibt restriktive Beschränkungen. „Für uns ist das ein letztes Mittel, wenn es ein Ausbruchsgeschehen gibt. Wir gehen mit diesem Instrument sehr verantwortungsvoll um“, so Sozialreferent
Schenkelberg. Ab sofort ist nur noch ein Besuch pro Tag und Bewohner erlaubt, maximal für eine Stunde. Besucher und Bewohner müssen dabei FFP-2-Masken tragen. Augsburg überschreitet damit die Regelung des Freistaats, was im hohen Inzidenzwert begründet liegt. Wer einen Angehörigen im Pflegeheim besuchen möchte, muss zudem einen negativen Corona-Test vorweisen können. „Das kann ein Schnelltest sein, das kann auch ein PCRLabortest sein“, so Schenkelberg.
Werden solche Tests direkt in den Pflegeeinrichtungen angeboten? Die Einrichtungen bereiten sich laut Schenkelberg darauf vor, solche Tests anzubieten. In vielen Heimen gebe es aber noch keine SchnelltestStationen oder ausreichend Personal dafür. Schenkelberg bittet die Augsburger deshalb um Geduld. Die Kapazitäten werden sukzessive aufgebaut, die Einrichtungen der Stadt wollen Tests und Masken künftig auch kostenlos anbieten.
Wie läuft es personell in den Einrichtungen?
Die städtische Altenhilfe stellt aktuell zusätzliches Personal ein, um Besucherregelungen zu organisieren oder Mitarbeiter aus der Pflege zu entlasten, die Schnelltests durchführen müssen. Die Stadt sucht aber auch nach Pflegerinnen und Pflegern, die derzeit nicht arbeiten, oder nach Menschen mit medizinischer Vorbildung. Martin Schenkelberg sagt: „Wer es ernst meint und uns in dieser Situation helfen will, kann sich an das Sozialreferat der Stadt wenden.“