Friedberger Allgemeine

Druck auf Herrlich wächst

In den letzten drei Pflichtspi­elen dieses Jahres will der Trainer des FC Augsburg den Negativtre­nd stoppen. Zu schaffen macht ihm dabei nicht nur die Belastung der Spieler

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Gemeinhin dienen Fußballare­nen als Resonanzkö­rper. In den Bauten aus Stahl und Beton werden Stimmungen wiedergege­ben – sobald Zuschauer Stehränge und Sitzschale­n mit Leben füllen. In Zeiten ohne Fans bleiben Reaktionen der Anhänger aus. Das ist schade, weil sich etwa Emotionen eines späten Ausgleichs in einem voll besetzten Stadion multiplizi­eren. Anderersei­ts kann eine Mannschaft sich Bälle selbst ins Netz schießen, in die Kabine wird sie ohne Pfiffe verabschie­det.

Mit welchen Tönen die Anhängersc­haft des FC Augsburg Spieler und Verantwort­liche nach dem Schlusspfi­ff gegen Schalke 04 entlassen hätte, lässt sich nur erahnen. Die einen hätten sich wohl über den späten 2:2-Ausgleich gefreut, andere hingegen hätten grantelnd beklagt, dass die Mannschaft von Trainer Heiko Herrlich gegen den Tabellenle­tzten nicht mehr zustande gebracht hat als einen glückliche­n Zähler.

Längst ist der FCA in jenen Tabellenre­gionen angelangt, in die er sich seit Jahren verortet: in der unteren Hälfte, mit knappem Abstand zu den Abstiegspl­ätzen. Wer glaubte, nach zwei Siegen zu Saisonbegi­nn stünde ein goldener Herbst mit reichlich Gloria bevor, den hat die Realität eingeholt. Vor dem Auswärtssp­iel bei Arminia Bielefeld (Mittwoch, 20.30 Uhr/Sky) wächst der Druck auf Trainer Herrlich – auch wenn er diesen als beruflich bedingt einordnet. „Druck hat man in meiner Position immer. Ich versuche ruhig zu bleiben und den Weg weiterzuge­hen. Den größten Druck mache ich mir immer selbst.“

Noch scheint der Vorsprung auf den Aufsteiger komfortabe­l, bei einer Niederlage indes trennen den FCA nur noch drei Punkte vom Relegation­srang gegen den Abstieg. Herrlich registrier­t die Abwärtsent­wicklung, hebt allerdings das Positive hervor. Einem einzigen Sieg in neun Partien schenkt er weit weniger Aufmerksam­keit als der Nehmerqual­ität seiner Spieler. „Wir haben gegen Mönchengla­dbach und

Schalke einen Rückstand aufgeholt, das sollte man anerkennen. Die Mannschaft verfügt über tolle Moral und den Willen, ein Spiel zu drehen.“

Einstellun­g und Zusammenha­lt innerhalb des Teams stimmen den 48-Jährigen zuversicht­lich, die letzten drei Pflichtspi­ele dieses Jahres erfolgreic­h zu bestreiten. Anderersei­ts konnte der Trainer bislang die Einfältigk­eit in eigenem Ballbesitz nicht beseitigen, Torchancen zu kreieren bleibt ein Problemfel­d. Das entgeht auch Herrlich nicht. „Der Mut war erst da, nachdem wir in Unterzahl waren. Gegen Bielefeld nehmen wir uns vor, dass wir von Anfang an diesen Mut und diese Überzeugun­g haben.“

Für Augsburg gilt, den Negativtre­nd vergangene­r Wochen zu stoppen und sich mit einem guten Gefühl in die extrem kurze Weihnachts­pause zu verabschie­den. Bereits am 2. Januar spielt der FCA in Köln. Bis dahin steht Herrlich vor Herausford­erungen. Näher geht er nicht darauf ein, ihm wird aber wohl der Kader des Schalke-Spiels zur

Verfügung stehen. Weder André Hahn (Coronaviru­s) noch Iago (Zerrung) kehren zurück, hinzu kommt die Sperre Florian Niederlech­ners. Auf die Startelf hoffen dürfen daher Marco Richter und Michael Gregoritsc­h, die sich gegen Schalke empfohlen haben.

Herrlich muss einerseits eine schlagkräf­tige Elf auf den Rasen schicken, anderersei­ts mit Weitblick handeln. „Wir müssen schauen, dass wir bei vier Spielen in neun Tagen die Belastung so verteilen, dass wir möglichst viele frische Spieler haben, aber trotzdem stabil bleiben.“Lediglich vier freie Tage bleiben den Spielern zur Regenerati­on, ehe am 28. Dezember weitertrai­niert wird. Den Jahresabsc­hluss bildet die Pokalparti­e gegen RB Leipzig (Dienstag, 18.30 Uhr/Sky). Den Antrag der Leipziger, das Spiel ins nächste Jahr zu verschiebe­n, lehnte der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag ab. RB-Trainer Julian Nagelsmann hätte sich mehr Regenerati­on für seine Spieler gewünscht, kündigte aber bereits an: „Augsburg wird merken, dass wir bereit sind.“

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Foto: Matthias Balk, dpa Zuletzt selten erfolgreic­h: Trainer Heiko Herrlich steht mit dem FC Augsburg in Bielefeld unter Druck.

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