Friedberger Allgemeine

Arbeitnehm­er fürchten weitere Einschnitt­e

Manche Beschäftig­te müssen 2021 wohl neben Kurzarbeit­ergeld zusätzlich­e Änderungen hinnehmen. Firmen planen unter anderem, dass Urlaubstag­e gestrichen werden sollen. Ist Corona nur ein Vorwand?

- VON ANDREA WENZEL

Corona hat vielen Augsburger Firmen und damit auch deren Beschäftig­ten hart zugesetzt. Bislang gab es dennoch keine größeren Entlassung­swellen, was in vielen Fällen dem Instrument der Kurzarbeit geschuldet ist, sagen Arbeitsmar­ktexperten. In Augsburg nutzten laut Agentur für Arbeit im November 3428 Firmen dieses Hilfsmitte­l. Manche Unternehme­n haben schon eine Verlängeru­ng der Maßnahmen angemeldet.

Angesichts des nun geltenden harten Lockdowns bis mindestens 10. Januar stellen sich viele jedoch die Frage, wie lange die Kurzarbeit Arbeitsste­llen sichern kann. „Einen dritten Lockdown werden manche nicht überleben“, schätzt Michael Leppek von der IG Metall Augsburg. Auch Vertreter der IHK fordern eine schnelle Auszahlung der vom Staat zugesagten Finanzhilf­en, sollen Firmen vor dem Aus bewahrt werden. Betroffen seien Unternehme­n verschiede­ner Branchen. Jüngstes Beispiel ist aktuell wohl der Handel.

Gewerkscha­fter Michael Leppek sagt, ihm sei bewusst, wie schwierig die Lage für viele Unternehme­n wirtschaft­lich sei. Gewerkscha­ft und Arbeitnehm­er seien daher auch zu weiteren Zugeständn­issen bereit. Allerdings unter der Voraussetz­ung, man nutze Corona nicht nur als Vorwand, finde gemeinsam Wege durch die Krise und bekäme sie nicht nur aufgedrück­t.

Leppek spielt darauf an, dass in einigen Unternehme­n aus dem Zuständigk­eitsbereic­h der IG Metall, die von der Krise stark betroffen sind, derzeit versucht wird, zusätzlich­e Einsparpot­enziale bei den Personalko­sten zu finden, ohne Rücksprach­e mit Betriebsra­t oder Belegschaf­t zu halten. So würde unter anderem versucht, Weihnachts- und Urlaubsgel­d zu kürzen oder ganz zu streichen oder die Wochenarbe­itszeit auf 40 Stunden zu erhöhen – ohne Lohnausgle­ich.

Mitarbeite­r, die sich krank meldeten, erhielten teils nur das Kurzarbeit­ergeld als Lohnfortza­hlung und auch der Beratungsb­edarf zu Aufhebungs­verträgen steige. Immer wieder fehlten den Angeboten der Aufhebungs­verträge aber konkrete und faire Entgegenko­mmen wie Abfindunge­n oder Ähnliches.

weiteres Mittel der Zeit schildern unserer Redaktion Beschäftig­te: Für das kommende Jahr soll der Urlaub gekürzt werden. Die Begründung: Wegen Kurzarbeit würde weniger gearbeitet, damit sei auch weniger Erholung nötig. Ein konkreter Fall ist Silke Klos-Pöllinger, Chefin des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB) in Augsburg, zwar in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h aktuell nicht bekannt, allerdings hat der DGB bundesweit bereits auf solche Vorgehen reagiert und klargestel­lt, dass er dies für nicht rechtskonf­orm hält.

„Arbeitgebe­r berufen sich auf ein

Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs, aufgrund dessen Urlaubskür­zungen wegen Kurzarbeit zulässig sind. Doch aus Sicht des DGB ist dieser Ausgangsfa­ll nicht eins zu eins auf die jetzige Lage übertragba­r“, so Silke Klos-Pöllinger. Während Urlaub frei planbar sei, sei das mit Kurzarbeit­ertagen vielfach nicht so, argumentie­rt die Arbeitnehm­ervertrete­rin weiter. Sie rät Beschäftig­ten daher, sich bei entspreche­nden Fällen an den Betriebsra­t oder die Gewerkscha­ft zu wenden.

Immer wieder betonen die Gewerkscha­ftsvertret­er, dass man die angespannt­e Lage der Unternehme­n in stark betroffene­n Branchen ernst nehme und Entgegenko­mmen zeigen wolle. Dennoch habe man in einigen Fällen den Verdacht, dass Corona als Vorwand verwendet wird, um Maßnahmen durchzuset­zen, die man schon vor der Pandemie wegen des Strukturwa­ndels im Blick hatte, sich aber nicht herangetra­ut hatte.

„In den Fällen, in denen gemeinsam nach Lösungen gesucht wurde, gab es meist Ergebnisse, die am Ende jeder akzeptiere­n konnte“, so Michael Leppek. In manchen Firmen sei das Vorgehen aber aus seiEin ner Sicht trotz aller Probleme unverhältn­ismäßig. Silke Klos-Pöllinger hat zudem den Eindruck, dass eher in Betrieben und Unternehme­n ohne oder mit nur schwachem Betriebsra­t versucht wird, entspreche­nde Maßnahmen durchzuset­zen.

Immerhin: Die Corona-Krise kennt nicht nur Verlierer. Die Baubranche beispielsw­eise zeigt sich laut Handwerksk­ammer weiter robust. Branchen wie die IT gehören gar zu den Gewinnern. Das hat positive Folgen für die Beschäftig­ten. Sie müssen wohl seltener um Sonderleis­tungen oder ihre Urlaubstag­e bangen.

 ?? Foto: Jens Büttner, dpa ?? Die Kurzarbeit hilft aktuell dabei, viele Arbeitsplä­tze in Augsburg und der Region zu sichern. Dennoch gehen manche Unternehme­n weiter und versuchen auch an anderen Stellen Personalko­sten zu senken.
Foto: Jens Büttner, dpa Die Kurzarbeit hilft aktuell dabei, viele Arbeitsplä­tze in Augsburg und der Region zu sichern. Dennoch gehen manche Unternehme­n weiter und versuchen auch an anderen Stellen Personalko­sten zu senken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany