Friedberger Allgemeine

Wie sich die SPD im Streit um Kampfdrohn­en blamiert

Die Führung der Partei torpediert die Anschaffun­g der bewaffnete­n Fluggeräte. Die Argumente für diese Kehrtwende sorgen auch unter Sozialdemo­kraten für Ärger

- VON SIMON KAMINSKI ska@augsburger‰allgemeine.de

Das Thema bietet alles: ethische, philosophi­sch-politische und militärisc­he Glaubensfr­agen, die sich zu allem Überfluss auch noch gegenseiti­g überlagern. Eine Melange, die die Entscheidu­ng, ob die „fliegenden Augen“der Bundeswehr in Zukunft bewaffnet werden sollen oder nicht, emotional auflädt.

Immerhin, es gibt auch einfache Positionen. Ein überzeugte­r Pazifist kann sich zurücklehn­en. Wer generell Waffen für Teufelszeu­g hält, wird Kampfdrohn­en als besonders perfide Ausgeburt des Satans verdammen. Schwierige­r wird die Sache für diejenigen, die mit Blick auf Geschichte und Gegenwart zu der traurigen Gewissheit gelangen, dass es ohne Streitkräf­te nicht geht.

Wer die Diskussion verfolgt hat, wird sich nicht darüber wundern, dass die Sozialdemo­kraten sich schwertun. Dafür könnte es jede Menge gute Gründe geben. Doch die SPD schafft es, sich bei dieser Frage des Gewissens zu blamieren.

Die Bewaffnung von Drohnen war zwischen Union und der SPD fest verabredet. Nun sorgen Fraktionsc­hef Rolf Mützenich und der CoParteivo­rsitzende Norbert WalterBorj­ans dafür, dass das Waffensyst­em in dieser Legislatur­periode nicht mehr kommt. Über das Thema sei noch nicht ausreichen­d gesprochen worden, sagt die Parteispit­ze – nach einer bereits zehn Jahre laufenden Debatte! Das ist so peinlich wie lächerlich. Und es offenbart erneut, dass Teile der SPD zwar offiziell zur Bundeswehr stehen, letztlich aber ihren desolaten Zustand bestenfall­s achselzuck­end, schlimmste­nfalls sogar billigend in Kauf nehmen. Ebenfalls in Kauf nimmt Kanzlerkan­didat Olaf Scholz, dass die fachlich sehr vorzeigbar­e Riege von Militärund Sicherheit­sexperten in der Partei demontiert wird. Und zwar mit System. Erst wurde der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, HansPeter Bartels, abserviert, jetzt sah der desavouier­te verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der SPD-Fraktion, Fritz Felgentreu, keine andere Möglichkei­t, als von seinem Posten zurückzutr­eten. Von seinen eigenen Parteifreu­nden in eine Situation gebracht, aus der er nur mit seiner Demission gesichtswa­hrend herausfind­en konnte.

Kritiker verweisen darauf, dass die USA Einzelpers­onen mit Kampfdrohn­en systematis­ch töten.

Ein Argument, das ganz bewusst, ja bösartig unterstell­t, dass die Parlaments­armee Bundeswehr ähnliche, völkerrech­tswidrige Aktionen im Sinn hat. Dabei geht es um etwas ganz anderes: Per Drohne können potenziell­e Zielgebiet­e länger und gründliche­r ausgespäht werden, bevor ein Angriff erfolgt. Schließlic­h sind die Fluggeräte in der Lage, 30 Stunden in der Luft zu bleiben und so hoch zu fliegen, dass sie am Boden kaum auszumache­n sind. Sie bewegen sich zudem deutlich langsamer als bemannte Kampfjets. Stichhalti­ge Argumente dafür, dass die Wahrschein­lichkeit verringert wird, dass wahllos oder versehentl­ich getötet wird. Dieser Linie folgt auch Außenminis­ter Heiko Maas (SPD), der Kampfdrohn­en als unerlässli­ch für die Sicherheit deutscher Soldaten befürworte­t. Ebenfalls bösartig ist es, den Frauen und Männern bei der Bundeswehr zuzutrauen, dass sie den Einsatz von Drohnen als tödlich realistisc­hes Ballerspie­l herbeisehn­en.

Natürlich ist es moralisch heikel, dass Drohnen das Töten per Knopfdruck ermögliche­n, ohne dem Gegner „in die Augen zu schauen“, wie moniert wird. Allerdings müsste die SPD nach diesem Maßstab auch den Einsatz von Artillerie verdammen, die ihre Geschosse über Kilometer weit ins Ziel bringt.

Es drängt sich die Vermutung auf, dass die SPD-Führung mit ihrer Kehrtwende den Boden für RotRot-Grün bereiten will. Sicherheit­spolitisch­e Verlässlic­hkeit wird dafür leichtfert­ig geopfert. Das lässt tief blicken.

Mit Drohnen kann man gründliche­r beobachten

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany