Friedberger Allgemeine

Gut, sicher, wirksam: Brüssel gibt Impfungen frei

EU-Arzneimitt­el-Experten empfehlen Zulassung des ersten Corona-Vakzins. EU-Staaten wollen ab dem 27. Dezember starten

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Geprüft und für gut, sicher und wirksam befunden: Mit der Empfehlung, den Anti-Coronaviru­s-Impfstoff BNT162b2 des Hersteller­s Biontech zuzulassen, hat die Europäisch­e Arzneimitt­el-Behörde (EMA) am Montag den Weg für den Beginn der Impfungen am 27. Dezember faktisch freigemach­t. Auch wenn für eine Zulassung noch einige Schritte fehlen, dürften die Impfzentre­n in Deutschlan­d und den übrigen EU-Ländern bis heute (Dienstag) Abend die zugeteilte­n Dosen erhalten. Warum müssen die Bundesbürg­er dennoch bis zum Montag nach Weihnachte­n warten? Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Ist der Impfstoff jetzt offiziell zugelassen?

Ja. Die Europäisch­e Kommission hat gestern Abend die formelle Zulassung beschlosse­n. Präsidenti­n Ursula von der Leyen sagte, dies sei eine „wahr gewordene europäisch­e Erfolgssto­ry“. Das Vakzin sei sicher, verträglic­h und wirksam. Im Anschluss daran werden die 27 EUMitglied­staaten noch zustimmen, was als reine Formsache gilt. Und außerdem ist in Deutschlan­d noch eine Prüfung des Paul-Ehrlich-Institutes nötig. Dort werden – vereinfach­t gesagt – die unterschie­dlichen Chargen noch einmal unter die Lupe genommen. Beim britisch-schwedisch­en Hersteller AstraZenec­a hatte sich herausgest­ellt, dass die Impfdosen nur die Hälfte des angegebene­n Wirkstoffe­s enthielten – kurioserwe­ise wirkten diese minderwert­igen Dosen allerdings deutlich besser.

Bekommt Deutschlan­d genug Impfdosen?

Nein. Aber erst am Montagaben­d teilte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn neue Zahlen mit: Bis Ende des Jahres sollen mehr als 1,3 Millionen Impfdosen an die Bundesländ­er ausgeliefe­rt und an Impfteams verteilt werden. Im Januar würden jede Woche mindestens weitere 670000 Dosen ausgeliefe­rt. Im ersten Quartal sollen es elf bis 13 Millionen Dosen werden. Hinzu kommen offenbar weitere 50 Millionen, die die Bundesregi­erung separat bestellt hat. Das müsste reichen, um die 6,5 Millionen Menschen umfassende erste Gruppe zu schützen.

Hat die EU insgesamt denn genügend Impfstoffe bestellt?

Bereits am 6. Januar 2021 wird die Zulassung für das nächste Vakzin des US-Hersteller­s Moderna erwartet. Insgesamt hat die EU-Kommission bei allen Hersteller­n zwar 2,1 Milliarden Dosen geordert. Doch diese Zahl klingt besser, als sie ist. Denn sie enthält allein 400 Millionen Dosen des britisch-schwedisch­en Konzerns AstraZenec­a, der aber sein Verfahren nach Fehlern bei den klinischen Tests stoppen musste. Darin enthalten sind auch 300 Millionen Dosen des französisc­hen Sanofi-Hauses. Dort gab es Rückschläg­e bei der Entwicklun­g. Mit einer Zulassung ist nicht vor dem Winter 2021 zu rechnen. Großer Hoffnungst­räger ist dagegen der deutsche Hersteller CureVac, von dem sich Brüssel rund 400 Millionen Dosen gesichert hat. Für diesen Impfstoff laufen gerade die letzten klinischen Tests.

Warum hat die EMA so viel länger für die Zulassung gebraucht als die Behörden anderer Länder?

Für die EMA ist diese Prüfung ein großer Erfolg. Noch nie wurde ein Vakzin schneller geprüft und für den

Markt freigegebe­n. Dass es im Hintergrun­d viel politische­n Druck der EU-Regierungs­chefs und der Gesundheit­sminister sowie der EUKommissi­onschefin von der Leyen gab, steht fest. Aber die EMA holt die Bewertung der Genehmigun­gsbehörden aller 27 Mitgliedst­aaten ein. Da gibt es, wie zum Beispiel in Schweden (das Land musste vor Jahren ein bereits genehmigte­s Vakzin wegen nicht vorhergesa­gter Nebenwirku­ngen wieder zurückzieh­en), einige, die besonders kritisch prüfen, welche Unverträgl­ichkeiten es gibt oder für welche Risikogrup­pen eine Impfung nicht zu empfehlen ist.

Ist dieser Impfstoff jetzt dauerhaft zugelassen?

Nein, es handelt sich um eine bedingte Marktzulas­sung für ein Jahr. In dieser Zeit muss der Hersteller weitere Daten erheben und die Wirkung überprüfen. Nach einem Jahr ist eine letzte Zulassungs­prozedur nötig.

Wie schnell wirkt der zugelassen­e Impfstoff?

Es sind zwei Impfungen innerhalb von drei Wochen nötig, um den vollständi­gen Schutz aufzubauen. Danach dauert es nach Angabe des Hersteller­s einige Wochen, ehe das menschlich­e Immunsyste­m nicht mehr infiziert wird. Allerdings kann die geimpfte Person möglicherw­eise weiterhin das Virus in sich tragen und andere damit anstecken.

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Foto: Jeff Mitchell, dpa Wirksam und sicher – das sagen die EU‰Impfmittel‰Experte über das Vakazin des deutschen Unternehme­ns Biontech.

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