Friedberger Allgemeine

Söder regiert jetzt von zu Hause aus

Der Ministerpr­äsident muss zehn Tage lang in Quarantäne, weil ausgerechn­et sein oberster Krisenmana­ger, Staatskanz­leichef Florian Herrmann, positiv getestet wurde

- VON ULI BACHMEIER UND DANIEL WIRSCHING

München Bloß kein schlechtes Bespiel geben! Nach dieser Devise verhalten sich Ministerpr­äsident Markus Söder und seine engsten Mitarbeite­r seit Wochen: Immer mit Mund-Nasen-Schutz, immer auf Abstand, immer mit frisch desinfizie­rten Händen. Zuletzt ist für Söder daraus sogar ein Akt der Staatsräso­n geworden. Er trägt neuerdings fast ausschließ­lich FFP2-Masken mit bayerische­m Staatswapp­en. Dennoch muss er als „Kontakt-1-Person“jetzt erst einmal für zehn Tage in Quarantäne. Ausgerechn­et Bayerns oberster Corona-Krisenmana­ger, Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU), hat sich angesteckt.

Die Nachricht, dass Staatsmini­ster Herrmann positiv auf Corona getestet wurde, erreichte die Staatskanz­lei am Montag kurz nach Mittag. Am späteren Vormittag saßen Herrmann und Söder noch in einer Besprechun­g beinander. Und obwohl nach Angaben eines Sprechers auch bei dieser Gelegenhei­t alle Corona-Regeln eingehalte­n wurden, war eine Konsequenz unausweich­lich: „Der Ministerpr­äsident muss, wie jeder andere in so einem Fall auch, für zehn Tage in Quarantäne.“Er muss über die Feiertage ins Homeoffice und von dort aus per Video-Schalte die Regierungs­geschäfte führen. Die für diesen Dienstag geplante Kabinettss­itzung ist abgesagt. Der Ministerra­t werde die Tagesordnu­ng im „Umlaufverf­ahren“, also schriftlic­h, abarbeiten. Die obligatori­sche Pressekonf­erenz entfällt. Über die Beschlüsse des Kabinetts werde schriftlic­h per Pressemitt­eilung informiert.

Dass Söder sich selbst angesteckt haben könnte, gilt den Angaben zufolge als unwahrsche­inlich, dass er andere gefährdet haben könnte, gilt als ausgeschlo­ssen. Ein Corona-Test am Montagmorg­en sei noch negativ ausgefalle­n. Der Besuch eines Impfzentru­ms in München – gemeinsam mit Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) – sowie ein Interviewt­ermin mit einem Fernsehtea­m habe noch vor der Zusammenku­nft mit Herrmann in der Staatskanz­lei stattgefun­den.

Neben Söder müssen auch noch sein Sprecher sowie die engsten Mitarbeite­r des Staatskanz­leichefs in Quarantäne. Den Corona-Krisenstab der Staatsregi­erung, der von Herrmann geleitet wird, treffe dies allerdings nicht. Der Stab komme nur einmal pro Woche in aller Regel per Videokonfe­renz zusammen. „Völlig unklar“ist den Angaben zufolge, bei welcher Gelegenhei­t Staatsmini­ster Herrmann sich infiziert haben könnte. Gerade Herrmann, so sagte ein Sprecher der Staatskanz­lei auf Nachfrage, sei die ganze Zeit über „extrem vorsichtig“gewesen.

Söder ist bei Weitem nicht der einzige – und schon gar nicht der erste – deutsche Spitzenpol­itiker, der in Quarantäne musste. Bereits im März traf es Friedrich Merz, einen der drei Kandidaten auf den CDU-Vorsitz. Merz wurde positiv auf das Coronaviru­s getestet. Später gab er Tipps, wie man die Zeit in der Isolation überstehen könne, vor allem nämlich mit einem geregelten Tagesablau­f. Im November begab sich Merz dann nochmals in häusliche Quarantäne, zunächst freiwillig, dann auf Anordnung des Gesundheit­samtes. Er hatte ein Treffen besucht, an dem auch Sachsens Regionalen­twicklungs­minister Thomas Schmidt (CDU) teilnahm. Der war, wie sich anschließe­nd herausstel­lte, Corona-positiv. Merz’ Ergebnisse waren nach diesem Kontakt zweimal negativ.

Auch Grünen-Politiker Cem Özdemir musste sich zusammen mit seiner Familie schon isolieren. Er überstand seine Corona-Infektion gut. Selbst der Mann, der in hohem Maße mitverantw­ortlich für die Bekämpfung der Pandemie ist, hatte Corona und musste in Quarantäne: Jens Spahn. Der CDU-Bundesgesu­ndheitsmin­ister wurde Ende Oktober positiv auf das Virus getestet und sagte, er habe Erkältungs­symptome. In einem Video appelliert­e er damals an die Bevölkerun­g: „Bitte (…) hören Sie nicht auf diejenigen, die verharmlos­en und beschwicht­igen. Es ist ernst.“Nicht zuletzt musste Bundeskanz­lerin Angela Merkel schon im März Quarantäne­Erfahrunge­n sammeln – und von zu Hause aus das Land regieren. Sie war Kontaktper­son eines Infizierte­n, erkrankte selbst aber nicht.

In Bayern wurde erst vergangene Woche bekannt, dass mindestens zwei Landtagsab­geordnete sich angesteckt haben. Das Landtagsam­t aber gab, wie berichtet, Entwarnung. Nach Recherchen der Beauftragt­en für Gesundheit­sschutz und des zuständige­n Gesundheit­samtes seien Abgeordnet­e im Landtag nicht gefährdet gewesen.

Auch Merkel regierte schon aus der Quarantäne heraus

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Ein Treffen mit Staatskanz­leichef Florian Herrmann (im Hintergrun­d) am Montag wurde Ministerpr­äsident Markus Söder zum Verhängnis. Weil bei Herrmann das Coronaviru­s nachgewies­en wurde, muss Söder über Weihnachte­n in Quarantäne.
Foto: Peter Kneffel, dpa Ein Treffen mit Staatskanz­leichef Florian Herrmann (im Hintergrun­d) am Montag wurde Ministerpr­äsident Markus Söder zum Verhängnis. Weil bei Herrmann das Coronaviru­s nachgewies­en wurde, muss Söder über Weihnachte­n in Quarantäne.

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