Söder regiert jetzt von zu Hause aus
Der Ministerpräsident muss zehn Tage lang in Quarantäne, weil ausgerechnet sein oberster Krisenmanager, Staatskanzleichef Florian Herrmann, positiv getestet wurde
München Bloß kein schlechtes Bespiel geben! Nach dieser Devise verhalten sich Ministerpräsident Markus Söder und seine engsten Mitarbeiter seit Wochen: Immer mit Mund-Nasen-Schutz, immer auf Abstand, immer mit frisch desinfizierten Händen. Zuletzt ist für Söder daraus sogar ein Akt der Staatsräson geworden. Er trägt neuerdings fast ausschließlich FFP2-Masken mit bayerischem Staatswappen. Dennoch muss er als „Kontakt-1-Person“jetzt erst einmal für zehn Tage in Quarantäne. Ausgerechnet Bayerns oberster Corona-Krisenmanager, Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU), hat sich angesteckt.
Die Nachricht, dass Staatsminister Herrmann positiv auf Corona getestet wurde, erreichte die Staatskanzlei am Montag kurz nach Mittag. Am späteren Vormittag saßen Herrmann und Söder noch in einer Besprechung beinander. Und obwohl nach Angaben eines Sprechers auch bei dieser Gelegenheit alle Corona-Regeln eingehalten wurden, war eine Konsequenz unausweichlich: „Der Ministerpräsident muss, wie jeder andere in so einem Fall auch, für zehn Tage in Quarantäne.“Er muss über die Feiertage ins Homeoffice und von dort aus per Video-Schalte die Regierungsgeschäfte führen. Die für diesen Dienstag geplante Kabinettssitzung ist abgesagt. Der Ministerrat werde die Tagesordnung im „Umlaufverfahren“, also schriftlich, abarbeiten. Die obligatorische Pressekonferenz entfällt. Über die Beschlüsse des Kabinetts werde schriftlich per Pressemitteilung informiert.
Dass Söder sich selbst angesteckt haben könnte, gilt den Angaben zufolge als unwahrscheinlich, dass er andere gefährdet haben könnte, gilt als ausgeschlossen. Ein Corona-Test am Montagmorgen sei noch negativ ausgefallen. Der Besuch eines Impfzentrums in München – gemeinsam mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) – sowie ein Interviewtermin mit einem Fernsehteam habe noch vor der Zusammenkunft mit Herrmann in der Staatskanzlei stattgefunden.
Neben Söder müssen auch noch sein Sprecher sowie die engsten Mitarbeiter des Staatskanzleichefs in Quarantäne. Den Corona-Krisenstab der Staatsregierung, der von Herrmann geleitet wird, treffe dies allerdings nicht. Der Stab komme nur einmal pro Woche in aller Regel per Videokonferenz zusammen. „Völlig unklar“ist den Angaben zufolge, bei welcher Gelegenheit Staatsminister Herrmann sich infiziert haben könnte. Gerade Herrmann, so sagte ein Sprecher der Staatskanzlei auf Nachfrage, sei die ganze Zeit über „extrem vorsichtig“gewesen.
Söder ist bei Weitem nicht der einzige – und schon gar nicht der erste – deutsche Spitzenpolitiker, der in Quarantäne musste. Bereits im März traf es Friedrich Merz, einen der drei Kandidaten auf den CDU-Vorsitz. Merz wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Später gab er Tipps, wie man die Zeit in der Isolation überstehen könne, vor allem nämlich mit einem geregelten Tagesablauf. Im November begab sich Merz dann nochmals in häusliche Quarantäne, zunächst freiwillig, dann auf Anordnung des Gesundheitsamtes. Er hatte ein Treffen besucht, an dem auch Sachsens Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU) teilnahm. Der war, wie sich anschließend herausstellte, Corona-positiv. Merz’ Ergebnisse waren nach diesem Kontakt zweimal negativ.
Auch Grünen-Politiker Cem Özdemir musste sich zusammen mit seiner Familie schon isolieren. Er überstand seine Corona-Infektion gut. Selbst der Mann, der in hohem Maße mitverantwortlich für die Bekämpfung der Pandemie ist, hatte Corona und musste in Quarantäne: Jens Spahn. Der CDU-Bundesgesundheitsminister wurde Ende Oktober positiv auf das Virus getestet und sagte, er habe Erkältungssymptome. In einem Video appellierte er damals an die Bevölkerung: „Bitte (…) hören Sie nicht auf diejenigen, die verharmlosen und beschwichtigen. Es ist ernst.“Nicht zuletzt musste Bundeskanzlerin Angela Merkel schon im März QuarantäneErfahrungen sammeln – und von zu Hause aus das Land regieren. Sie war Kontaktperson eines Infizierten, erkrankte selbst aber nicht.
In Bayern wurde erst vergangene Woche bekannt, dass mindestens zwei Landtagsabgeordnete sich angesteckt haben. Das Landtagsamt aber gab, wie berichtet, Entwarnung. Nach Recherchen der Beauftragten für Gesundheitsschutz und des zuständigen Gesundheitsamtes seien Abgeordnete im Landtag nicht gefährdet gewesen.
Auch Merkel regierte schon aus der Quarantäne heraus