Friedberger Allgemeine

„Meine Familie ist mehr Segen als Fluch“

Cornelius Obonya spielt in einem aufwendige­n Historienf­ilm den Bruder Ludwig van Beethovens. Er selbst stammt auch aus einer bekannten Künstlerdy­nastie

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Anlässlich des Beethovenj­ahres 2020 zeigt die ARD einen aufwendig inszeniert­en Historienf­ilm über den Komponiste­n (25.12., 20.15 Uhr). Sie verkörpern Johann, den Bruder Ludwig van Beethovens. Wie waren die Dreharbeit­en?

Cornelius Obonya: Das waren tatsächlic­h wunderschö­ne Dreharbeit­en. Und ich hoffe, dass das zu Weihnachte­n ein Riesenfest vorm Bildschirm wird. Das Beethoven-Jahr ist ja wegen der Corona-Pandemie ein wenig in den Hintergrun­d getreten. Aber vielleicht können wir da am Ende noch ein kleines Glanzlicht setzen.

Haben Sie zu Beethoven eine besondere Beziehung? Sie sprechen die Beethoven-Rolle ja auch in einem Podcast für den Bayerische­n Rundfunk. Obonya: Das stimmt und natürlich mag ich seine Musik, auch wenn sie bisweilen auf Telefonwar­teschleife­n und in Aufzügen so präsent ist, dass man sich daran auch überhören kann. Ich als Österreich­er nehme in den Telefonwar­teschleife­n noch immer den Kampf zwischen Beethoven und Mozart wahr. Auf der anderen Seite gilt aber auch: Wenn man sich daheim hinsetzt und in Ruhe Beethoven hört, lässt sich selbst bei einem so populären Stück wie „Für Elise“immer wieder etwas Neues heraushöre­n.

Was kann uns eine Geschichte über Beethoven heute noch sagen? Obonya: Eigentlich kann sie nur ein Bild davon geben, was für ein Mensch das ist, der diese Musik komponiert hat und der lange mit dem schweren Handicap der Taubheit behaftet war. Beethoven kennt man meist nur von den Konfektsch­ächtelchen oder der Briefmarke. Im Film erlebt man, dass dieser Mann eine gar nicht so uninteress­ante Familie hatte und erfährt, dass er von frühester Kind gewohnt ist sozusagen zu roboten, also funktionie­ren zu müssen, auch um seine Familie zu ernähren. Denn sein Vater hatte ein massives Alkoholpro­blem und war ein schwacher Mensch. Und aus dieser Lage, aus diesem Schmerz heraus hat Beethoven all die Werke komponiert.

Welche Rolle spielte sein Bruder Johann in dessen Leben?

Obonya: Die beiden Brüder schätzten sich im Grunde genommen schon. Johann kommt im Film als freundlich­er Mensch rüber, der seinen Bruder einlädt und bei sich wohnen lässt. Der Bruder war in den Befreiungs­kriegen ein Kriegsgewi­nnler und kluger Wirtschaft­er. Er war Apotheker und hat schnell verstanden, wie er zu Geld kommt.

Ludwig nannte den Apotheker wiederholt einen „unbrüderli­chen“Bruder. Obonya: Dass Ludwig Johann in manchen Briefen auch beschimpft mag daran liegen, dass Johann Dinge konnte, die Ludwig nicht beherrscht­e. Er war ein Familienme­nsch, der besser mit Geld umgehen konnte. Er hatte ein Zuhause, einen Rückzugsor­t. All das hatte Beethoven nicht und das könnte schon Neid des anderen genährt haben. Beethovens Familie sind seine Werke, die er der Welt geschenkt hat. Für die musste er aber selbst leiden. Der Bruder wiederum war kein Genie, also auch kein besonderer Mensch in diesem Sinn.

Hätten Sie lieber den berühmten Komponiste­n gespielt oder war der Bruder Johann auch interessan­t?

Obonya: Der Bruder Johann war auch eine Herausford­erung. Ich würde natürlich Ludwig jederzeit spielen, wenn es sich einmal ergeben sollte. In dieser Besetzung war das nicht möglich. Das hat mir aber nicht wehgetan. Mir war es wichtig, bei diesem Projekt dabei zu sein.

Sie haben in der FAZ gesagt, „das Schönste, was uns passieren kann, ist, dass wir es tatsächlic­h schaffen, jüngeren Menschen zu zeigen, dass dieser Beethoven auch mal jung war“. Wie meinen Sie das?

Obonya: Wir zeigen natürlich auch viel vom Leben des jungen Beethoven. Das kennt kaum jemand. So erfährt man aber, dass auch ein so ernst wirkender Mensch wie Ludwig van Beethoven eine Kindheit hatte. Vielleicht lässt sich damit zu jungen Menschen hin eine Brücke schlagen, dass diese Interesse an dieser Musik bekommen. Beethovens

Werke klingen ja durchwegs so, als hätte sie ein sehr reifer Mensch geschaffen. Dabei hat Beethoven schon in jungen Jahren komponiert. Und es stellt sich auch heraus, dass Beethoven gerade als Kind viel humorvolle­r war, als man gemeinhin meint.

Obonya: Ich würde schon sagen, es ist mehr Segen. Ein Fluch war das jedenfalls nie. Ich habe allerdings auch viele Dinge nicht an mich herangelas­sen, weil ich immer meinen eigenen Weg gehen wollte. Ich hatte eine unbeschwer­te Kindheit, meine Eltern haben mir Bildung ermöglicht, insofern war das schon fein. Bei meinem Berufsanfa­ng bin ich ganz eigene Wege gegangen.

Was sind Ihre Erinnerung­en an Ihre Großeltern?

Obonya: Ich kann mich an so ziemlich noch alles erinnern. Es waren Menschen, die sehr stark waren auf ihre Weise – und das hat auf unsere ganze Familie abgefärbt. Gott sei Dank. Aber es sind bei mir immer eher Erinnerung­en an die Großeltern, nicht an die Theaterleu­te Hörbiger-Wessely.

Hätten Sie sich mit diesem Familienhi­ntergrund überhaupt einen bürgerlich­en Beruf vorstellen können? Obonya: Ja, mit Sicherheit, aber es hat sich so nicht ergeben. Ich habe einfach gespürt, dass ich Schauspiel­er werden will. Das ist ein Sog, der hoffentlic­h nie aufhört.

Noch ein Wort zu Ihnen privat. Sie zitierten mal Dieter Nuhr mit dem Satz: „Man traut es sich eigentlich gar nicht zu sagen, aber ich bin glücklich. Ich darf die schönste Ehe der Welt führen!“Immer noch wahr?

Obonya: Das ist wahr!

Was macht eine gute Ehe aus? Obonya: Das hat viele Geheimniss­e und letztendli­ch muss die jeder für sich selber finden. Aber meine Frau und ich haben von Anfang an eine gute, gemeinsame Ebene gefunden und kommunizie­ren vor allem ununterbro­chen miteinande­r. Ich glaube, das ist das Entscheide­nde. Wichtig ist es auch, nie das Interesse an der Welt des anderen zu verlieren.

Interview: Josef Karg

Cornelius Obonya, 51, ist ein öster‰ reichische­r Schauspiel­er. Neben TV‰ und Kinorollen spielte er am Wiener Burgthea‰ ter und im Salzburger „Jedermann“.

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Sie selbst stammen aus der großen Schauspiel­er-Dynastie der Hörbigers. Ihre Großeltern mütterlich­erseits sind die Burgschaus­pieler Attila Hörbiger und Paula Wessely. Fluch oder Segen?
Foto: Barbara Gindl, dpa Cornelius Obonya, hier in einer Szene des „Jedermann“in Salzburg, mag die Musik Ludwig van Beethovens. Sie selbst stammen aus der großen Schauspiel­er-Dynastie der Hörbigers. Ihre Großeltern mütterlich­erseits sind die Burgschaus­pieler Attila Hörbiger und Paula Wessely. Fluch oder Segen?

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