Derchinger dreht Film während Corona
„Grimms Kinder“des Hobby-Regisseurs Thomas Pill entstand zum Teil in der Pandemie. Die Aufnahmen zogen sich über sechs Jahre
Einen Film über sechs Jahre hinweg und am Ende noch während Corona zu drehen, ist eine Herausforderung. Eine Herausforderung, die Hobby-Regisseur Thomas Pill aus Derching (Landkreis AichachFriedberg), der in der deutschen Independent-Filmszene längst kein Unbekannter mehr ist, mit seinem vierten Spielfilm „Grimms Kinder“meisterte. Erneut konnte er dafür in Nebenrollen bekannte deutsche Schauspieler wie Eva Habermann, Anouschka Renzi oder Martin Semmelrogge gewinnen.
Aber der Reihe nach. 2014 wurde Pill gebeten, als Regisseur das eher unbekannte Märchen „Die Boten des Todes“der Gebrüder Grimm als 15-Minuten-Stück zum Episodenfilm „Grimms Kinder“beizusteuern. „Als wir erfuhren, dass das Projekt doch nicht zustande kommt, hatten wir schon angefangen zu drehen“, erinnert sich Pill. Sein Ehrgeiz war geweckt. Jetzt einfach aufzuhören, kam für ihn nicht infrage. Pill bekam die Filmrechte, übernahm den Filmtitel und drehte weiter. Doch statt einen Episodenfilm aus verschiedenen Märchen zu drehen, verfilmte er „Die Boten des Todes“. Zwar nicht ganz originalgetreu, dafür mit komödiantischem Einschlag.
Im Märchen begegnet der Tod einem Riesen, den er holen will, der ihn aber verprügelt. Ein Jüngling findet den Tod und hilft ihm. Nachdem sich der Tod zu erkennen gegeben hat, erklärt er dem Jüngling, dass er ihn trotz seiner Hilfe nicht verschonen kann. Als Dank verspricht er aber, dass er seinen Helfer nicht überraschen wird, wenn er ihn holen kommt, sondern ihm vorher Boten schickt. Der Jüngling wird in der Folge von diversen Krankheiten geplagt, erkennt aber nicht, dass es sich dabei um die Todesboten handelt. Daher ist er doch sehr überrascht, als der Tod ihn holt. „Bei uns sind die Boten keine Krankheiten, sondern andere Märchenfiguren, die dem Jüngling zum Teil böse gesonnen sind. Mit einer Prise Naivität und Glück, entkommt ihnen der Jüngling aber immer“, erklärt Regisseur Pill.
Der Hauptteil der Dreharbeiten zu „Grimms Kinder“fand 2014 bis 2016 statt. Meist am Wochenende. Den einzigen zwei Tagen, an denen der Maler und Lackierer für sein Hobby, den Film, Zeit hat. Die mehrjährigen Dreharbeiten haben deshalb funktioniert, weil „die meisten Rollen und Szenen auf ein bis maximal zwei Drehtage ausgelegt waren.“Nur der Hauptdarsteller, der Friedberger Schauspieler Christian Sklous, musste über sechs Jahre hinweg immer wieder zum Drehen ran. „Am Anfang war er Feuer und Flamme. Zwischendurch konnte ich ihn zum Glück weiter zum Mitmachen motivieren. Am Ende war er wieder begeistert dabei“, sagt Pill. Doch wie das Altern vertuschen? „Gott sei Dank trug Christian von Anfang an eine Perücke, die die in der Zwischenzeit leicht ergrauten Haare verdeckte.“
Eigentlich wollte der Hobby-Regisseur, der auch das Drehbuch geschrieben hat und in der Rolle des Riesen zu sehen sein wird, den Film schon viel früher fertigstellen. Wegen Streitereien mit einem Mitglied des Filmteams und anderer Auftragsarbeiten zogen sich die Dreharbeiten aber hin. „Stellenweise habe ich das Projekt schon für tot erklärt. 2017 und 2019 haben wir gar nicht gedreht, 2018 nur einen Tag.“2020 sollte es endlich weitergehen – und dann kam Corona.
„Keiner hatte eine Ahnung, was, wie, wo abläuft.“Deshalb fragte der 40-Jährige bei anderen Produktionen nach, von denen er wusste, dass sie während Corona drehen. Bald war klar: Maske und Abstand hinter der Kamera, keine Kuss- und Kampfszenen vor der Kamera. Desinfektionsmittel am Set und jeder mit den leichtesten Anzeichen einer Erkältung muss zu Hause bleiben. „Wir hatten Glück, dass wir erst im Sommer mit Drehen angefangen haben und schon im Oktober fertig waren. Also genau zwischen den beiden Lockdowns, als die Regeln etwas lockerer waren.“Ein weiterer Pluspunkt: Es handelte sich überwiegend um Außendrehs in Wäldern bei Mering, Aichach, Friedberg, Füssen oder Landsberg.
Aktuell befindet sich „Grimms Kinder“in der Postproduktion. „Ein Drittel des Films ist schon geschnitten. Der Rest erfolgt über den Winter“, sagt Regisseur Pill. Danach fehlen noch Farbkorrektur, Tonbearbeitung und Filmmusik. Fertig wird der auf 90 Minuten geplante Film wohl im Sommer 2021 sein. Dann soll es eine Premiere in einem Kino der Region geben und der Streifen anschließend auf Filmfestivals laufen. Pill hofft, demnächst einen Verleiher zu finden, der den Film auch über DVD und Blu-Ray vermarktet. Denn bis jetzt hat er alles aus eigener Tasche finanziert. Knapp 15000 Euro sind für Requisiten, Mieten, Effekte, Garderobe, Catering und Reisekosten für die Schauspieler drauf gegangen. Gage oder Lohn sind nicht inbegriffen. „Das kann ich mir nicht leisten.“Der 40-Jährige ist froh, wenn er am Ende auf Null rauskommt.
Und wie geht es weiter: Hat Pill für kommendes Jahr schon ein neues Projekt? „Ja. Papa sein“, antwortet der Regisseur. Seine Frau erwartet zu Jahresbeginn das zweite Kind. Das sind doch schöne Aussichten.