Wie naiv wir doch waren!
Unser K!ar.texter Max von Linden hat sich Gedanken über das vergangene Jahr gemacht – und sieht Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Friedberg Ein Weltkrieg richtet Trauer und Zerstörung an, vernichtet Landstriche und Familien, gilt gemeinhin als größte Katastrophe. Eine Pandemie ist damit kaum zu vergleichen, wenngleich sie ebenso Todesopfer fordert und eine neue Art zu leben mit sich bringt. Was den Ersten Weltkrieg und die aktuelle Pandemie jedoch eint, ist die Einstellung, mit der beide Begebenheiten begannen.
Kaiser Wilhelm versprach damals den Soldaten: „Bis Weihnachten seid ihr wieder zuhause!“, was sich zu einem geflügelten Satz in Verbindung mit dem Weltkrieg entwickelte. Ob die Soldaten ihm glaubten, steht auf einem anderen Blatt.
Wenn ich an mich und meine Freunde denke, dann hätte sich wohl keiner von uns vorstellen können, dass die Welt wieder einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte. Selbst als die ersten Berichte über Covid-19 auftauchten, waren wir uns einig: „Das wird uns nicht betreffen!“Die beiden Mädchen, die bereits Wochen vor dem ersten Lockdown mit Mundschutz in der Schule herumliefen, lachten wir hinter vorgehaltener Hand aus. Wie naiv waren wir doch! Aber woher hätten wir auch ahnen können, dass ein halbes Jahr später der Griff zur Maske beim Verlassen der Wohnung so selbstverständlich ist wie der zum Smartphone? So naiv waren wir, Anfang 2020.
Die Schulschließung, die ersten Tage des Lockdowns, am Anfang war das ein großes Abenteuer, eine willkommene Abwechslung, nach 13 Jahren mehr oder weniger ereignislosem Schüler-Dasein. „Bald ist das wieder vorüber!“, so dachten wir. Über 20.000 Menschen in Deutschland sind bereits im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben, weltweit sind es schon über 1,5 Millionen. In den USA ist eine Infektion mit Sars-COV2 inzwischen der traurige Spitzenreiter der Liste aller Todesursachen.