Friedberger Allgemeine

Müllgebühr­en im Kreis bleiben stabil

Seit zwei Jahren bezahlen Bürger für die kleinste Hausmüll-Tonne 97,20 Euro. Das ist umgerechne­t zur Kaufkraft weniger als ein Drittel der Gebühr vor 20 Jahren. Jetzt sinken die Einnahmen, doch zum Glück gibt’s noch einen Sparstrump­f

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Die Einnahmen sinken, doch zum Glück gibt es noch einen Sparstrump­f. So bleiben die Müllgebühr­en stabil.

Aichach‰Friedberg Seit fast zwei Jahren steht mit der „Gelben“die vierte Tonne (für Leichtverp­ackungen) vor den Häusern im Wittelsbac­her Land. Anfang 2019 sanken auch die Müllgebühr­en – zum sechsten Mal in Folge in zwei Jahrzehnte­n. Im nächsten Jahr werden die Gebühren für den nächsten dreijährig­en Kalkulatio­nszeitraum im Hausmüllbe­reich (Anfang 2022 bis Ende 2024) errechnet und das ist durchaus spannend. Wird es teurer, weil der Landkreis durch die Gelbe Tonne weniger Erlöse auf den Sammelstel­len hat, wie die Gegner des Hol-Systems immer gewarnt haben? Oder bleiben die Gebühren zumindest konstant, könnten sie vielleicht sogar noch ein siebtes Mal in Folge gesenkt werden, wie die Befürworte­r der für den Bürger bequemeren Gelben Tonne hoffen?

Michael Haas, Sachgebiet­sleiter der Kommunalen Abfallwirt­schaft des Landratsam­tes, hat in einer Sitzung des Umweltauss­chusses die Luft schon mal ziemlich rausgelass­en. Er gehe nicht davon aus, dass die Gebühren wieder erhöht werden müssen, beantworte­te Haas eine Frage von Kreisrat Peter Erhard (Freie Wähler). Die Schlacht um Bring- oder Holsystem ist zwar längst geschlagen, ein Stück weit geht es aber in der Gebührenfr­age sehr wohl noch um die politische Bewertung der damaligen Entscheidu­ng. Anders: Wer hatte recht?

Die aktuellen Tarife liegen im Schnitt jedenfalls um rund zehn Prozent unter den Gebühren, die im Kreis zuvor von Anfang 2016 bis Ende 2018 galten. Das kleinste Müllgefäß (60 Liter) kostet derzeit inklusive Biotonne 97,20 Euro im Jahr. Bis Anfang 1999 bezahlten die Bürger im Kreis noch umgerechne­t 235,60 Euro für eine 70-Liter-Tonne (damals das kleinste Restmüllge­fäß) plus Biotonne. Rechnet man den Kaufkraftv­erlust durch die Inflation mit ein, haben sich die Kosten für eine vergleichb­are Müllentsor­gung in Aichach-Friedberg damit in zwei Jahrzehnte­n auf weniger als ein Drittel reduziert.

Die aktuellen Müllgebühr­en im Wittelsbac­her Land sind auch im Vergleich sehr günstig. Der ist zwar komplizier­t, weil die Gebührenmo­delle recht unterschie­dlich sind. So liegen Stadt und Kreis Augsburg darüber und in den nordschwäb­ischen Kreisen Donauwörth und Dillingen ist die kleinste Restmüllto­nne sogar mehr als doppelt so teuer. Eine weiterhin zumindest stabile Müllgebühr ist möglich, weil zum Jahresende 2019 immer noch rund 7,4 Millionen Euro Gewinnvort­rag im Sparstrump­f der Gebührenza­hler schlummern. Dazu kommt, dass die Müllverbre­nnung in Lechhausen deutlich wirtschaft­licher arbeitet als früher. Die Anlage ist abgeschrie­ben, technische Änderungen sorgen für mehr Effektivit­ät, die Kosten für die Verbrennun­g sind gesunken.

Auch die Rekommunal­isierung der Abfallverw­ertung AVA, die inzwischen wieder ganz im Eigentum von Stadt Augsburg und den beiden Landkreise­n Aichach-Friedberg und Augsburg ist, schlägt positiv zu Buche: Unter anderem fällt damit seit 2019 keine Mehrwertst­euer mehr an. Die Anlage im Stadtteil Lechhausen verdient zudem durch den Verkauf von regenerati­v erzeugter Energie (Strom und Fernwärme) durch die Biomüll-Vergärung, Photovolta­ik und die Verbrennun­g gutes Geld.

Im nächsten Jahr rechnet Sachgebiet­sleiter Haas dennoch mit einem Verlust von 0,8 Millionen Euro im Geschäftsb­etrieb. Das hat vor allem mit den deutlich gesunkenen Altpapierp­reisen von 70 Euro die Tonne im Jahr 2019 auf weniger als die Hälfte in diesem Jahr zu tun. Gleichzeit­ig steigen die Kosten für die Erfassung. Die Abfallwirt­schaft kalkuliert deshalb für 2021 sogar mit einem Verlust von rund 0,7 Millionen Euro. Bis dato wurde mit Papier und Kartonagen immer Geld für den Gebührenha­ushalt erwirtscha­ftet. Für die Modernisie­rung der Wertstoffs­ammelstell­en sind rund eine Million Euro an Investitio­nen eingeplant. Wie berichtet, sind ab Januar nur noch dreizehn von aktuell 25 Recyclingh­öfen im Landkreis geöffnet. Die sollen aber ausgebaut werden und künftig wird dort auch Gartenabfa­ll und Bauschutt angenommen. Unterm Strich schrumpfen also die Rücklagen um 1,8 Millionen Euro, es bleibt aber immer noch genug, um die Gebühren stabil zu halten.

Neu ausgeschri­eben wird im nächsten Jahr die Abfuhr von Hausmüllun­d Biotonnen, sowie von Sperrmüll. Die Verträge laufen dann von Mitte 2022 mit zweimalige­r Verlängeru­ngsoption bis maximal Mitte 2030. Die Tonnen sollen weiterhin alle zwei Wochen geleert – händisch, also nicht mit einem sogenannte­n automatisc­hen Seitenlade­r-Fahrzeug. Das gab’s schon mal zu Beginn des Jahrtausen­ds und sorgte für Ärger, weil nicht alle Tonnen so geleert werden konnten. Eine Option in der Ausschreib­ung ist der Einsatz von Müllautos, die mit Wasserstof­f betrieben werden. An der AVA ist eine Tankstelle geplant. Im Landkreis stehen derzeit rund 45.000 Restmüllto­nnen, rund 40.000 Biotonnen (knapp 90 Prozent der Haushalte). Papiertonn­en sind mit etwas über 24.000 weniger. Neben den Tonnen des Landkreise­s, leert das Entsorgung­sunternehm­en Remondis aber noch eigene „Blaue“im Landkreis.

Um Fehlwürfe in der Biotonne aufzuspüre­n, soll ein Müllfahrze­ug ab 2022 mit einem Metalldete­ktor den Inhalt scannen. Schlägt der Detektor an, wird die Tonne unter Umständen nicht geleert. Ein Warnton soll das übrigens auch kundtun, damit die Nachbarsch­aft das mitbekommt. Dieses Fahrzeug soll im Wechsel verschiede­ne Routen durch den Landkreis Aichach-Friedberg fahren.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer (Archivbild) ?? Die Müllentsor­gungskoste­n im Landkreis sollen zumindest stabil bleiben. Ob die Gebühren ab Anfang 2022 sogar zum siebten Mal in Folge gesenkt werden können, hängt von der Kalkulatio­n ab.
Foto: Julian Leitenstor­fer (Archivbild) Die Müllentsor­gungskoste­n im Landkreis sollen zumindest stabil bleiben. Ob die Gebühren ab Anfang 2022 sogar zum siebten Mal in Folge gesenkt werden können, hängt von der Kalkulatio­n ab.

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