Eltern kämpfen für das Förderangebot bei Hessing
Die Entscheidung, dass das Sozialpädiatrische Zentrum ans Josefinum abwandert, sorgt für viel Unverständnis. Zu den Gründen gibt es bislang keine offiziellen Stellungnahmen. Eine Mutter schildert ihre Situation
Christine Lüdke ist dreifache Mutter. Mit ihrer Familie lebt sie in Göggingen. Ihre Kinder hätten im Stadtteil die Hessing-Stationen mit Kindergarten und Hort durchlaufen. Als Beirätin engagiert sich Christine Lüdke im Vorstand „Ein Haus für Kinder“, der das HessingFörderzentrum unterstützt. Für Christine Lüdke ist es nicht nachvollziehbar, dass Hessing das eingeführte Sozialpädiatrische Zentrum abgeben soll, in dem Kinder mit Entwicklungsstörungen betreut werden. Auch Helga TremlSieber, Vorsitzende des Fördervereins, ist maßlos verärgert. Sie könne verstehen, wenn Eltern stark verunsichert seien. Wichtig sei, dass Hessing nicht sämtliche Aufgabenbereiche abgeben müsse, sagt Helga Treml-Sieber. Dennoch sei es richtig, dass die Hessing-Stiftung den grundsätzlichen Beschluss anfechten werde.
Wie berichtet, fiel die Entscheidung sehr kurzfristig. Am 16. Dezember wurde bekannt gegeben, dass künftig das Sozialpädiatrische
Zentrum (SPZ) am Josefinum in Oberhausen eingerichtet werde. Hessing müsse Aufgaben abtreten, da zwei Zentren am Standort Augsburg parallel nicht infrage kämen. Zu den Gründen gibt es bislang keine offiziellen Stellungnahmen. Unterstützer der Hessing-Stiftung vermuten, ob womöglich die Lage des Zentrums am Stadtrand eine Rolle gespielt haben könnte. Das Josefinum liege eben deutlich zentraler in Oberhausen. Auch habe es offenbar Beschwerden einiger Kinderärzte gegeben, was die Abläufe und zum Beispiel die Erreichbarkeit des Zentrums bei Hessing betroffen habe. Doch es gibt zahlreiche Eltern und Patienten, die vom Angebot bei Hessing vollkommen überzeugt sind.
Eine Mutter von Zwillingen, die als Frühgeburten zur Welt kamen, hat sich in einem Schreiben zur Situation geäußert. Sie betont, wie gut ihr Sohn und ihre Tochter bei Hessing versorgt würden. In Göggingen seien jedenfalls die richtigen Ansprechpartner tätig. „Durch die im Haus ansässigen Kinderärzte, Orthopäden und Dr. Hustedt als
Spezialist für Spastik kann mein Sohn intensiv und ganzheitlich gefördert werden.“Auch die Tochter werde im Förderzentrum entsprechend gefördert und könne voraussichtlich eine reguläre Grundschule besuchen. Die Mutter der Zwillinge meint daher: „Wenn sich der Zulassungsausschuss vor Ort ein Bild gemacht hätte, hätte dieser eine derartige Entscheidung nicht getroffen“.
Die Entscheidung traf der Zulassungsausschuss Ärzte Schwaben, dem Ärzte und Vertreter der Krankenkassen angehören. Hessing hat Widerspruch eingelegt. „In der Causa Sozialpädiatrisches Zentrum in Augsburg muss unbedingt im Sinne der betreuten Familien gehandelt werden“, sagt Christine Lüdke. Dass nun viele Familien im Ungewissen seien über den Fortgang von Behandlungen, sei ein gerade aus Sicht von Patienten unakzeptabler Zustand.
Helga Treml-Sieder hat selbst viele Jahre als Therapeutin gearbeitet. Sie wisse daher, sagt die Vorsitzende des Fördervereins, wie wichtig der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses sei als Grundlage für jede Form von Förderung und Behandlung. Umso mehr habe sie die Entscheidung des Zulassungsausschusses bestürzt, den Antrag der Hessing-Stiftung auf erneute Zulassung des dort bisher angegliederten Sozialpädiatrischen Zentrums trotz jahrelanger Erfahrung nicht zu genehmigen und das SPZ ohne Einräumung einer Übergangszeit an das Josefinum anzugliedern.
Bei aller Enttäuschung über die jetzige Entscheidung, stellen die Vertreterinnen des Fördervereins klar, dass das Hessing-Förderzentrum ab Januar nicht handlungsunfähig sei. Diese Einschätzung sei wichtig, um auch die besorgten Eltern zu beruhigen.
Die Absage hat zwar zur Folge, dass bei Hessing insbesondere die Therapien in der pädagogisch-psychologischen Abteilung (inklusive Legasthenie-Therapie) zunächst einmal nur sehr eingeschränkt fortgesetzt werden können. Der Bereich der Frühförderung bis zum Schuleintritt sei jedoch nicht betroffen. Auch über die neuropädiatrische Ermächtigungsambulanz können ärztliche Sprechstunden weiterhin stattfinden, genauso wie die Spezialsprechstunden im kinderorthopädischen Bereich. Auch medizinische Therapien können im Hessing-Förderzentrum für Kinder und Jugendliche auf Rezept eines Kinderarztes weiterhin stattfinden.
Aus Sicht von Helga Treml-Sieder bleibe die Expertise des Hessing-Förderzentrums für Kinder und Jugendliche auch in Zukunft erhalten. Sie sei gerade in letzter Zeit durch ergänzende Weiterbildungsmaßnahmen noch intensiviert worden. Wenn nun aus dem Josefinum behauptet werde, man werde die Kinder aus Göggingen in Oberhausen nun weiterbetreuen, treffe dies eben den Kern: „Tatsächlich geht es um den jähen Abbruch von tragfähigen Beziehungen, der nicht vorbereitet werden konnte“.
Es müsse im Sinne der Familien gehandelt werden