Deutsche warten auf die Grundrente
Rund 1,3 Millionen Menschen, die viel gearbeitet, aber wenig verdient haben, bekommen mehr Geld. Doch bis zur Auszahlung kann es Jahre dauern. Woran das liegt und wer zuerst profitiert
Berlin Ihrer Einführung war ein langes politisches Gezerre vorausgegangen, zu Beginn des neuen Jahres ist sie nun in Kraft getreten: die Grundrente, die zahlreichen älteren Bürgern Monat für Monat einen spürbaren Zuschlag bescheren soll. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sagte unserer Redaktion: „Die Grundrente tritt zum 1. Januar in Kraft. Das ist ein sozialpolitischer Meilenstein, weil wir damit 1,3 Millionen Menschen finanziell besserstellen, vor allem Frauen.“
Doch bis die ersten Überweisungen auf den Konten der Rentnerinnen und Rentner eingehen, wird es laut dem SPD-Politiker teilweise noch ziemlich lange dauern: „Die ersten Auszahlungen wird es zur Mitte des Jahres geben, weil die technische Vernetzung von Finanzund Rentensystem noch ausgebaut wird.“Der Abgleich der Daten bedeute „viel Aufwand“, der aber die Bürger von Bürokratie freihalte. Heil: „Keiner muss ewig lange Formulare ausfüllen, die Klärung des Anspruchs erfolgt digital. Aber die gute Nachricht ist, dass das Geld dann rückwirkend ausbezahlt wird.“
Ab Mitte 2021 werden zunächst die Neurentner in den Genuss der Grundrente kommen. Bis auch die letzten Bestandsrentner ihre an die neue Grundrenten-Regelung angepassten Bescheide bekommen, wird es nach Angaben des Arbeits- und Sozialministeriums Ende 2022 werden. Die Beträge, auf die ein Anspruch besteht, verfallen nicht, es wird in jedem Fall eine Nachzahlung geben. So könnten dann für manche ältere Bürger stattliche Summen zusammenkommen – vorausgesetzt, sie erleben den Zeitpunkt der Auszahlung. In manchen Fällen kann sich der monatliche Zusatzbetrag auf bis zu 400 Euro belaufen. Im Schnitt wird der Aufschlag aber rund 75 bis 80 Euro betragen.
Die Grundrente soll die Lebensleistung von Menschen anerkennen, die lange gearbeitet haben, mit ihren Altersbezügen aber trotzdem nicht über das Sozialhilfeniveau hinauskommen. Künftig sollen diese Menschen mindestens zehn Prozent mehr bekommen als die gesetzliche Grundsicherung. Von der Grundrente profitieren diejenigen, die mindestens 33 Jahre lang Rentenbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen können.
Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenige Personen, deren Monatseinkommen als Rentner bei höchstens 1250 Euro bei Alleinstehenden oder 1950 Euro bei Eheleuten oder Lebenspartnern liegt. Einkommen über diesem Betrag werden zu 60 Prozent angerechnet. Bei 1300 Euro eines Alleinstehenden zählen also die zusätzlichen 50 Euro zu 60 Prozent. Die Kosten für die Grundrente belaufen sich nach Angaben des Arbeits- und Sozialministeriums anfangs auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr und steigen bis 2025 auf 1,6 Milliarden Euro. Finanziert wird die Grundrente aus Steuermitteln. Dazu wird der Bundeszuschuss aus dem Steuertopf in die Rentenversicherung erhöht. Ursprünglich hatte die SPD geplant, das Projekt über eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene zu finanzieren – doch die kam bislang nicht zustande. Union und SPD hatten rund ein Jahr lang über die Bedingungen der Grundrente gestritten. So forderten CDU und CSU zunächst eine strenge Bedürftigkeitsprüfung samt Offenlegung der kompletten Vermögensverhältnisse, um zu verhindern, dass auch Personen den Rentenaufschlag erhalten, die diesen gar nicht benötigen.
Am Ende einigten sich die Koalitionäre darauf, nur die Einkünfte zu prüfen. Bis zuletzt hatte es in der Union zudem die Forderung gegeben, die Grundrente wegen der hohen Belastungen durch die CoronaKrise auf Eis zu legen. Doch am Ende stimmten CDU und CSU der SPD-Herzensangelegenheit dann doch zu. Wohl auch, um das Thema nicht zum Gegenstand des Bundestagswahlkampfs werden zu lassen.
„Die gute Nachricht ist, dass das Geld dann rückwirkend ausbezahlt wird.“Arbeitsminister Hubertus Heil