Ein gutes, gemeinsames 2021
Die Augsburger Stadtgesellschaft kann die Corona-Krise nur zusammen meistern. Der erste Lockdown hat gezeigt, wie das funktionieren kann. Er sollte uns ein Beispiel für die kommenden Monate sein
Im März war alles leichter hinzunehmen. Viele empfanden den ersten Lockdown nicht nur als Einschränkung, sondern auch als Chance, sich wieder mehr Zeit für sich zu nehmen. Keine beruflichen Reisen mehr, keine abendlichen Veranstaltungen, insgesamt also weniger Termine – manchem hat es vielleicht sogar gut getan, für kurze Zeit so von 100 auf null heruntergebremst zu werden.
Freilich kann so nur argumentieren, wer trotz des Lockdowns ein geregeltes Auskommen hatte. Für viele andere wurde schnell klar, dass die Corona-Pandemie existenzbedrohend werden könnte. Nun, nach Monaten im Ausnahmezustand, fragt man sich, wie die Stadtgesellschaft aus dieser Krise hervorgehen wird. Manche Lokale, manche Geschäfte wird es vielleicht nicht mehr geben, Arbeitsplätze werden verloren gehen, die öffentliche Hand wird finanziell noch lange mit den
Folgen zu kämpfen haben. Und dann sind da die persönlichen Verluste lieber Menschen; fast 200 starben 2020 an oder mit Corona. Augsburg wird nach der Pandemie in vielerlei Hinsicht eine andere Stadt sein.
Doch wie viele Krisen hat auch die aktuelle ihre guten Seiten. Unsere Lokalredaktion konnte in diesem Jahr über viele Menschen berichten, die sich für andere einsetzen. Erinnert sei an die Gabenzäune, die im Frühjahr plötzlich an vielen Stellen in der Innenstadt eingerichtet wurden, um Bedürftige mit Essen zu versorgen, weil die zuständigen Einrichtungen geschlossen waren. Nachbarschaftshilfen entstanden, entlang der Spazierwege an Lech und Wertach legten Unbekannte bemalte Steine nieder – „Hoffnungsschlangen“mit Botschaften, die Mut machen sollten. In Kliniken, Pflegeheimen und vielen anderen Einrichtungen gaben und geben Menschen rund um die Uhr alles, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Auch das war es eben, dieses 2020.
Dennoch: Viele Augsburger sind mit Fragen und Ängsten ins neue Jahr gegangen. Denn auch wenn es nun einen Impfstoff gibt, bleibt die Gewissheit, dass die Pandemie uns noch über viele Monate hinweg fordern wird. Vielleicht liegt es an dieser Unsicherheit, dass das Verständnis für manche politische Entscheidung und für viele Einschränkungen weniger geworden ist. Aktuellstes Beispiel: die neue Maskenpflicht für Radfahrer. Keiner kann so recht nachvollziehen, weshalb sie in Augsburg ausgerechnet zu einem
Zeitpunkt eingeführt wird, zu dem der Inzidenzwert wieder unter 200 gesunken ist.
Die Empörungskurve war riesig, kaum dass die Nachricht auf dem Markt war. In sozialen Netzwerken wurde sofort verbal auf die Augsburger Stadtspitze eingehauen, dabei setzt sie in diesem Fall nur um, was der Freistaat vorschreibt. Leider ist auch das eine Erkenntnis, die die Corona-Krise unterstrich:
Aus der Distanz (und oft der Anonymität) übt sich Kritik leicht und oft in ungerechtfertigter Schärfe. Würde man seine Worte so wählen, stünde man dem Kritisierten gegenüber?
Wir alle mussten im vergangenen Jahr lernen, Distanz zu halten. Eine ungewohnte Situation, denn der Mensch braucht Nähe. Sie gibt uns einerseits die Möglichkeit, Zuneigung zu zeigen, sie gibt uns andererseits die Chance zum Diskurs, aus dem – ist er gut geführt – beide Seiten profitieren können. Das alles mag über eine gewisse Zeit virtuell aufrechterhalten werden können, auf Dauer ersetzen digitale Treffen wirkliche Nähe nicht.
Die Herausforderung nicht nur für Augsburgs Stadtgesellschaft wird sein, die nächsten Wochen der Pandemie nicht gegeneinander, sondern miteinander zu meistern. Der Zusammenhalt des ersten Lockdowns könnte ein Beispiel sein, wie es funktionieren kann – damit uns auf die (hoffentlich) letzten Monate mit Einschränkungen und Regeln nicht der Respekt vor unseren Mitbürgern abhanden kommt. In diesem Sinne: Ein gutes, gemeinsames Jahr 2021.