Friedberger Allgemeine

Ausraster nach Bauwagen‰Party

Wegen Körperverl­etzung sitzt ein 19-Jähriger bereits in Haft. Nun bekam er eine „Verlängeru­ng“aufgebrumm­t

- VON GERLINDE DREXLER Symbolfoto: Alexander Kaya

Aichach Mit Fesseln an Händen und Füßen führten Polizeibea­mte einen heute 19-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis in den Gerichtssa­al am Amtsgerich­t Aichach. Er hatte im Mai nach einer Party im Bauwagen einem 16-Jährigen mit der Faust ins Gesicht geschlagen, eine Schülerin gewürgt und mit einem Messer vor ihr herumgefuc­htelt.

Vor dem Jugendschö­ffengerich­t unter Vorsitz von Eva-Maria Grosse ging es unter anderem um gefährlich­e Körperverl­etzung, Beleidigun­g und Bedrohung. An die Vorfälle rund um die Party im Bauwagen konnte sich der Angeklagte laut seiner Aussage gar nicht mehr erinnern. Zwei andere Punkte der Anklage waren ihm dagegen noch im Gedächtnis.

In einem Fall hatte er im Juli bei einer Busfahrt einem 18-jährigen Schüler gedroht, dass er ihn abstechen werde, wenn er ihn noch einmal ansehen würde. Im anderen Fall hatte er in Augsburg einem am Boden

Sitzenden mit dem Fuß gegen das Brustbein getreten. Beides gab der Angeklagte zu.

Regelrecht ausgeraste­t war der 19-Jährige nach der Party im Bauwagen laut Aussage der Schülerin. Sie war mit Freunden auf der Feier gewesen. Auf dem Heimweg sei der Angeklagte hinter ihnen hergerannt und „fing an rumzuschre­ien“. Dann ging er auf den 16-Jährigen los und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Der 16-Jährige sagte aus, er habe Angst bekommen und sei weggerannt.

Die Schülerin, die den 19-Jährigen beruhigen wollte, schubste dieser so, dass sie hinfiel. Laut ihrer Aussage zog er ein Messer und drohte, sie abzusteche­n, wenn sie nicht still sei. Dabei fuchtelte der Angeklagte mit dem Messer vor ihr umher und schnitt ihr dabei unbeabsich­tigt in die Hand. Eine kleine Narbe ist heute noch zu sehen.

Danach schien er sich wieder beruhigt zu haben. Eine 15-Jährige sagte aus, dass er mit Freunden bei ihr in der Wohnung gewesen und dort eingeschla­fen sei. Sauer reagierte der 19-Jährige, als er nach dem Aufwachen feststellt­e, dass die anderen ihm Fingernäge­l lackiert hatten.

Als die Gruppe loszog, um Frühstück zu holen, geriet er mit einer 16-Jährigen in Streit. Diese konnte bei ihrer Aussage kaum die Tränen unterdrück­en, als sie erzählte, wie der Angeklagte sie am Hals gepackt und gegen eine Glasscheib­e gedrückt hatte.

Keiner der Zeugen habe recht nachvollzi­ehen können, warum sich der 19-Jährige so verhalten habe, war der Eindruck von Staatsanwa­lt Benjamin Junghans. Statt Einsicht oder Reue sah er bei dem Angeklagte­n eher eine steigende Frequenz bei den Straftaten. Aktuell sitzt er den Rest einer 18-monatigen Haftstrafe wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung ab. Der Staatsanwa­lt plädierte dafür, diese Strafe auf insgesamt zwei Jahre und zehn Monate aufzustock­en. Auch Verteidige­rin Mandana Mauss nahm bei ihrem Mandanten „eine Tendenz nach oben“wahr. Er sei jedoch nicht nur aggressiv, sondern auch hilfsberei­t und freundlich. Als Grund für seine Ausraster sah sie, genau wie Jugendgeri­chtshelfer­in Nicole Jehle, seinen Alkohol- und Drogenkons­um. Sie sprach sich für eine Aufstockun­g der Haftstrafe auf zwei Jahre und drei Monate aus. Mauss hoffte, dass ihr Mandant die Zeit im Gefängnis als Chance sieht und an sich arbeitet.

Seine Aggression­en scheine er in bestimmten Momenten nicht unter Kontrolle zu haben, sagte die Vorsitzend­e des Jugendschö­ffengerich­ts. Grosse befürchtet­e: „Irgendwann schlagen Sie auf jemanden ein, der Ihnen auf der Straße über den Weg läuft.“Das Gericht verurteilt­e ihn unter anderem wegen gefährlich­er Körperverl­etzung, Bedrohung und Beleidigun­g zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft. Grosse zu dem Angeklagte­n: „Ich hoffe, dass es Hilfen im Gefängnis gibt, die Sie erreichen.“

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Bauwagen sind gerade in ländlichen Gebieten beliebte Treffs für Jugendlich­e. Nun landete ein Streit vor Gericht.

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