Die drei Königinnen
Drei junge Frauen sind Monarchinnen für besondere bayerische Produkte. Was sie genau machen und wie die Pandemie ihre Arbeit verändert
Augsburg „Hier regiert keiner winkend und Zepter schwingend oder betitelt andere als Untertanen“, schrieben drei junge Frauen unserer Redaktion als Antwort auf eine bissige Glosse über Produktköniginnen. Was also machen Andrea Meier, 23, bayerische Christbaumkönigin, Maria Breitsameter, 20, ihre Kollegin aus der Weizenbranche, und Katharina Gegg, 27, Exzellenz des bayerischen Honigs? Und wieso braucht es dafür Krone und Dirndl? Ein Versöhnungsgespräch.
Frau Meier, Frau Gegg, Frau Breitsameter, wird Ihre Arbeit oft missverstanden?
Katharina Gegg: Kommt drauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt. In der Landwirtschaft versteht jeder sehr gut, was wir machen. Bei anderen sind vielleicht Volksfestköniginnen eher präsent. Aber die haben eine ganz andere Aufgabe als wir. Andrea Meier: Oft sind es Leute aus der Stadt. Da wirst du einfach abgestempelt. Aber wir müssen ja wirklich Ahnung haben.
Also dann, was genau macht eine Produktkönigin?
Gegg: Sie bringt ihr Produkt den Menschen näher. Natürlich gibt es Fachexperten, aber wir wollen das Wissen leicht verständlich an eine breite Masse vermitteln. Es ist mehr Arbeit, als man denkt. Die Hin- und Rückfahrt zu Terminen in ganz Bayern, das Aufstylen, das Redenschreiben, das Recherchieren.
Meier: Meine Haupttermine sind zur Weihnachtszeit. Interviews etwa oder ein Treffen mit der bayerischen Landwirtschaftsministerin. Breitsameter: Bei mir und Katharina ist es etwas anders. Wir stehen für ein Grundnahrungsmittel, das es das ganze Jahr gibt. Da sieht man sich öfter auf Messen oder Märkten.
Wieso braucht es dazu Schärpe, Krone und Tracht?
Meier: Eine Königin kommt wegen der Krone und Schärpe gerade bei den Kindern an. So kommt man automatisch mit den Eltern ins Gespräch. Auch wenn es oft belächelt wird, es macht Sinn.
Gegg: Natürlich ist das Erscheinungsbild darauf ausgerichtet, dass man Aufmerksamkeit erregt. Wir nutzen das, um ins Gespräch zu kommen.
Breitsameter: Eigentlich haben wir Glück, dass wir in Bayern leben und eine schöne Tracht anziehen dürfen.
Wie hat sich Ihre Arbeit durch Corona verändert?
Meier: Viele Veranstaltungen sind ausgefallen. Wir haben uns seit Frühling das erste Mal im August wiedergesehen.
Gegg: Ohne Corona wären es ungefähr zwei Termine pro Woche gewesen. Aber wir machen jetzt eben sehr viel in den digitalen Medien, kleine Quizze über Bienen und Honigerzeugung etwa. Einfach um zu zeigen, wie viel hinter dem Produkt steht, das wir vertreten und alle selbst mitproduzieren. Breitsameter: Ich hatte während der Erntezeit eine Online-Feldbegehung. Dass es so etwas gibt, hätte ich mir nie erträumen lassen. Corona halt.
Die meisten Monarchen haben heutzutage nur noch repräsentative Zwecke, aber keine politische Macht mehr. Wie ist es bei Ihnen? Haben Sie Macht? Gegg: (überlegt) Schwierig. Das kommt darauf an, wie man Macht definiert. Einfluss? Definitiv ja. Wir werden durch unser Amt einfach gehört. Bei dem Thema Pflanzenschutzmittel etwa. Wir können da gegensteuern und die Leute zum Nachdenken anregen. Breitsameter: Natürlich sind wir repräsentativ. Aber wir sind auch da, um Transparenz zu schaffen. Viele wissen einfach nicht mehr, wie produziert wird oder wie wichtig Gütesiegel sind. Durch unser Amt können wir uns da einbringen. Auf den Veranstaltungen hat man stets die Möglichkeit, eine Rede zu halten. Das ist dann doch ein bisschen Macht.
Ihre Arbeit ist ehrenamtlich. Was machen Sie, wenn Sie nicht Königin sind? Meier: Ich bin Fachassistentin in einer Steuerkanzlei. Nebenbei helfe ich im elterlichen Betrieb bei unserer Weihnachtszucht und bin Jugendleiterin im Schützenverein. Breitsameter: Ich studiere Landwirtschaft in Weihenstephan. Auch wir haben zu Hause einen Hof, auf dem es immer etwas zu tun gibt.
Gegg: Ich bin als Ingenieurin in der Elektronikentwicklung tätig.
Wie sind Sie zur Königin geworden? Gegg: Für das Amt der Honigkönigin musst du dich bewerben wie für einen Job. Mit Lebenslauf, Bewerbungsschreiben, einem kleinen Aufsatz zu einem Imker-Fachthema. Dann gibt es eine Fachjury, die zum Interview einlädt.
Breitsameter: Bei uns im Landkreis Pfaffenhofen gibt es eine Mühle, die die bayerische Weizenkönigin stellen darf. Dadurch kannten sie mich und haben angefragt. Es war also Glück. Meier: Bei mir war es ähnlich. Ich war oft bei Verbandsterminen dabei und wurde deshalb gefragt. Da sagt man natürlich nicht Nein. Breitsameter: Es ist wirklich eine Ehre, gefragt zu werden. Man würde sonst nie so viele Spitzenpolitiker treffen und Leute kennenlernen.
Wieso gibt es keinen Honigkönig? Meier: Ich glaube, die Burschen kommen nicht so gut an (lacht). Gegg: Das spielt bestimmt eine Rolle. Dieses Repräsentieren und das Thema auch etwas mit Humor und Charme rüberbringen – da sind Frauen und Männer vielleicht doch nicht gleich.
Breitsameter: Ich habe mal einen bayerischen Kartoffelkönig kennengelernt. Der war auch sehr charmant. Aber bei Frauen kommt das irgendwie anders rüber. Bei Jahreshauptversammlungen gibt es ohnehin so viele Männer. Die sind bestimmt froh, wenn die Frauenquote steigt.
Ihre Regentschaft endet bei allen dreien 2021. Wie geht es jetzt weiter? Breitsameter: Ich weiß nicht, ob meine Amtszeit durch Corona verlängert wird. Noch mal zwei Jahre wären schon hart. Man hat ja auch ein eigenes Leben.
Gegg: Bei mir wird es im September zu Ende gehen. Das bleibt auch so. Meier: Auf unserer Jahreshauptversammlung wurde beschlossen, dass meine Amtszeit um ein Jahr verlängert wird. Aber dann reicht es auch. Es war eine schöne Zeit, aber es ist schon ein enormer Zeitaufwand. Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören.