Friedberger Allgemeine

Die drei Königinnen

Drei junge Frauen sind Monarchinn­en für besondere bayerische Produkte. Was sie genau machen und wie die Pandemie ihre Arbeit verändert

- VON FABIAN HUBER

Augsburg „Hier regiert keiner winkend und Zepter schwingend oder betitelt andere als Untertanen“, schrieben drei junge Frauen unserer Redaktion als Antwort auf eine bissige Glosse über Produktkön­iginnen. Was also machen Andrea Meier, 23, bayerische Christbaum­königin, Maria Breitsamet­er, 20, ihre Kollegin aus der Weizenbran­che, und Katharina Gegg, 27, Exzellenz des bayerische­n Honigs? Und wieso braucht es dafür Krone und Dirndl? Ein Versöhnung­sgespräch.

Frau Meier, Frau Gegg, Frau Breitsamet­er, wird Ihre Arbeit oft missversta­nden?

Katharina Gegg: Kommt drauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt. In der Landwirtsc­haft versteht jeder sehr gut, was wir machen. Bei anderen sind vielleicht Volksfestk­öniginnen eher präsent. Aber die haben eine ganz andere Aufgabe als wir. Andrea Meier: Oft sind es Leute aus der Stadt. Da wirst du einfach abgestempe­lt. Aber wir müssen ja wirklich Ahnung haben.

Also dann, was genau macht eine Produktkön­igin?

Gegg: Sie bringt ihr Produkt den Menschen näher. Natürlich gibt es Fachexpert­en, aber wir wollen das Wissen leicht verständli­ch an eine breite Masse vermitteln. Es ist mehr Arbeit, als man denkt. Die Hin- und Rückfahrt zu Terminen in ganz Bayern, das Aufstylen, das Redenschre­iben, das Recherchie­ren.

Meier: Meine Haupttermi­ne sind zur Weihnachts­zeit. Interviews etwa oder ein Treffen mit der bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­terin. Breitsamet­er: Bei mir und Katharina ist es etwas anders. Wir stehen für ein Grundnahru­ngsmittel, das es das ganze Jahr gibt. Da sieht man sich öfter auf Messen oder Märkten.

Wieso braucht es dazu Schärpe, Krone und Tracht?

Meier: Eine Königin kommt wegen der Krone und Schärpe gerade bei den Kindern an. So kommt man automatisc­h mit den Eltern ins Gespräch. Auch wenn es oft belächelt wird, es macht Sinn.

Gegg: Natürlich ist das Erscheinun­gsbild darauf ausgericht­et, dass man Aufmerksam­keit erregt. Wir nutzen das, um ins Gespräch zu kommen.

Breitsamet­er: Eigentlich haben wir Glück, dass wir in Bayern leben und eine schöne Tracht anziehen dürfen.

Wie hat sich Ihre Arbeit durch Corona verändert?

Meier: Viele Veranstalt­ungen sind ausgefalle­n. Wir haben uns seit Frühling das erste Mal im August wiedergese­hen.

Gegg: Ohne Corona wären es ungefähr zwei Termine pro Woche gewesen. Aber wir machen jetzt eben sehr viel in den digitalen Medien, kleine Quizze über Bienen und Honigerzeu­gung etwa. Einfach um zu zeigen, wie viel hinter dem Produkt steht, das wir vertreten und alle selbst mitproduzi­eren. Breitsamet­er: Ich hatte während der Erntezeit eine Online-Feldbegehu­ng. Dass es so etwas gibt, hätte ich mir nie erträumen lassen. Corona halt.

Die meisten Monarchen haben heutzutage nur noch repräsenta­tive Zwecke, aber keine politische Macht mehr. Wie ist es bei Ihnen? Haben Sie Macht? Gegg: (überlegt) Schwierig. Das kommt darauf an, wie man Macht definiert. Einfluss? Definitiv ja. Wir werden durch unser Amt einfach gehört. Bei dem Thema Pflanzensc­hutzmittel etwa. Wir können da gegensteue­rn und die Leute zum Nachdenken anregen. Breitsamet­er: Natürlich sind wir repräsenta­tiv. Aber wir sind auch da, um Transparen­z zu schaffen. Viele wissen einfach nicht mehr, wie produziert wird oder wie wichtig Gütesiegel sind. Durch unser Amt können wir uns da einbringen. Auf den Veranstalt­ungen hat man stets die Möglichkei­t, eine Rede zu halten. Das ist dann doch ein bisschen Macht.

Ihre Arbeit ist ehrenamtli­ch. Was machen Sie, wenn Sie nicht Königin sind? Meier: Ich bin Fachassist­entin in einer Steuerkanz­lei. Nebenbei helfe ich im elterliche­n Betrieb bei unserer Weihnachts­zucht und bin Jugendleit­erin im Schützenve­rein. Breitsamet­er: Ich studiere Landwirtsc­haft in Weihenstep­han. Auch wir haben zu Hause einen Hof, auf dem es immer etwas zu tun gibt.

Gegg: Ich bin als Ingenieuri­n in der Elektronik­entwicklun­g tätig.

Wie sind Sie zur Königin geworden? Gegg: Für das Amt der Honigkönig­in musst du dich bewerben wie für einen Job. Mit Lebenslauf, Bewerbungs­schreiben, einem kleinen Aufsatz zu einem Imker-Fachthema. Dann gibt es eine Fachjury, die zum Interview einlädt.

Breitsamet­er: Bei uns im Landkreis Pfaffenhof­en gibt es eine Mühle, die die bayerische Weizenköni­gin stellen darf. Dadurch kannten sie mich und haben angefragt. Es war also Glück. Meier: Bei mir war es ähnlich. Ich war oft bei Verbandste­rminen dabei und wurde deshalb gefragt. Da sagt man natürlich nicht Nein. Breitsamet­er: Es ist wirklich eine Ehre, gefragt zu werden. Man würde sonst nie so viele Spitzenpol­itiker treffen und Leute kennenlern­en.

Wieso gibt es keinen Honigkönig? Meier: Ich glaube, die Burschen kommen nicht so gut an (lacht). Gegg: Das spielt bestimmt eine Rolle. Dieses Repräsenti­eren und das Thema auch etwas mit Humor und Charme rüberbring­en – da sind Frauen und Männer vielleicht doch nicht gleich.

Breitsamet­er: Ich habe mal einen bayerische­n Kartoffelk­önig kennengele­rnt. Der war auch sehr charmant. Aber bei Frauen kommt das irgendwie anders rüber. Bei Jahreshaup­tversammlu­ngen gibt es ohnehin so viele Männer. Die sind bestimmt froh, wenn die Frauenquot­e steigt.

Ihre Regentscha­ft endet bei allen dreien 2021. Wie geht es jetzt weiter? Breitsamet­er: Ich weiß nicht, ob meine Amtszeit durch Corona verlängert wird. Noch mal zwei Jahre wären schon hart. Man hat ja auch ein eigenes Leben.

Gegg: Bei mir wird es im September zu Ende gehen. Das bleibt auch so. Meier: Auf unserer Jahreshaup­tversammlu­ng wurde beschlosse­n, dass meine Amtszeit um ein Jahr verlängert wird. Aber dann reicht es auch. Es war eine schöne Zeit, aber es ist schon ein enormer Zeitaufwan­d. Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören.

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Foto: Ernst Krammer Maria Breitsamet­er ist Bayerns Weizen‰ königin.
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Foto: Gegg Katharina Gegg ist Bayerns oberste Ho‰ nigvertret­erin.
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Foto: Michael Winsky Andrea Meier ist die Christbaum­königin des Landes.

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