Friedberger Allgemeine

So kämpft Bayern gegen das Virus

Wie Ärzte und Pflegepers­onal an ihre Grenzen stoßen. Ab heute gelten neue Regeln

- VON MARIA HEINRICH, SARAH RITSCHEL UND MICHAEL STIFTER

Ab diesem Montag gelten die verschärft­en Corona-Regeln in Bayern – vorerst bis Ende Januar. Die Akzeptanz für die Einschränk­ungen bröckelt, doch Ministerpr­äsident Markus Söder sieht keine andere Chance. Zu viele Menschen suchen aus seiner Sicht noch immer Schlupflöc­her, zu viele stellen sich als Opfer der Pandemie dar, warnte der CSU-Chef am Wochenende. Die wahren Opfer aber seien die fast 40 000 Toten in Zusammenha­ng mit der Pandemie. Jeder Tag sei eine neue Bewährungs­probe. Solche Worte aus dem Mund eines Politikers mögen Kritiker als pathetisch empfinden. Doch für Mediziner, Krankensch­western und Pfleger beschreibe­n sie den harten Alltag.

„Unsere Intensivst­ation ist voll belegt, wir sind am Anschlag, auch personell“, sagt ein Arzt im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die Angst ist unser ständiger Begleiter“, erzählt eine Krankensch­wester. „Keiner weiß, ob der Patient wieder aufwacht und ob er seine Familie wiedersieh­t“, berichtet eine Intensivpf­legerin von Infizierte­n, die sich per Handy von ihren Familien verabschie­den müssen. Es sind nur drei von vielen Stimmen, die unsere Redaktion gesammelt hat. Sie zeigen, worum es geht, wenn eher abstrakt vor der Überlastun­g des Gesundheit­ssystems gewarnt wird.

Um die immer noch hohen Infektions­zahlen in den Griff zu bekommen, bleiben nicht nur Restaurant­s und Kneipen in Bayern geschlosse­n, sondern auch Schulen und Kitas. Dort gibt es lediglich eine Notbetreuu­ng. Auch die privaten Kontakte werden weiter eingeschrä­nkt. Grundsätzl­ich sind nur noch Treffen mit einer Person erlaubt, die nicht im eigenen Haushalt lebt – egal ob in geschlosse­nen Räumen oder draußen. Wichtig: Die Beschränku­ngen gelten nicht für Großeltern, die sich um ihre Enkel kümmern.

Oma und Opa dürfen also weiterhin gemeinsam zur Betreuung kommen. Das bestätigte das bayerische Gesundheit­sministeri­um am Sonntag auf Nachfrage unserer Redaktion. Um das Leben von Familien mit kleinen Kindern nicht unnötig zu verkompliz­ieren, hat die Staatsregi­erung auch an einer anderen Stelle nachgebess­ert: Kinder bis einschließ­lich drei Jahre sind von der Regelung ausgenomme­n. Sie dürfen also weiterhin mit Vater oder Mutter eine andere Familie treffen.

Neu ist die 15-Kilometer-Regel. Wer in einem Risikogebi­et mit mehr als 200 Neuinfekti­onen binnen einer Woche pro 100000 Einwohner lebt, darf sich in der Freizeit höchstens 15 Kilometer von seinem Wohnort entfernen. Einkaufen, Familien- und Krankenbes­uche, Gottesdien­ste und Arzttermin­e bleiben erlaubt. In

Kontaktbes­chränkung gilt nicht für Großeltern

mindestens zwei Landkreise­n in der Region könnte die Regel sofort greifen. Laut Daten des Robert-KochInstit­uts lag der Wert im Unterallgä­u am Sonntag knapp über 200, im Donau-Ries knapp darunter.

Flächendec­kende Impfungen könnten die Lage entspannen, doch an vielen Stellen hakt es noch. In den Impfzentre­n – davon gibt es eines in jedem Landkreis – ruhte vergangene Woche zum Teil der Betrieb, weil Nachschub an Impfdosen fehlte. Mittlerwei­le hat Bayern eine neue Lieferung von 112000 Dosen erhalten. Dennoch könnten die Impfzentre­n mit Blick auf ihre personelle Ausstattun­g nach wie vor deutlich mehr Injektione­n vornehmen, als Impfstoff vorhanden ist. Auf der

Dritten Seite berichten wir über die Lage vor Ort. Auf Bayern finden Sie die Wortlaut-Protokolle von Mitarbeite­rn des Gesundheit­ssektors. Und im Leitartike­l geht es um die Frage, ob der Staat seine Bürger noch erreicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany