Friedberger Allgemeine

Die Frau, die Trump nicht reinlässt

Schottland­s Regierungs­chefin Nicola Sturgeon hat keine Angst vor breitbeini­gen Alfamännch­en. Das bekommt nicht nur Boris Johnson regelmäßig zu spüren

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Wer Nicola Sturgeon als „Eiserne Lady“Schottland­s bezeichnet, sollte nicht davon ausgehen, dass sie das als Kompliment versteht. Ja, die Chefin der schottisch­en Regionalre­gierung hat bewiesen, dass sie knallhart für die Interessen ihres Landes zu kämpfen bereit ist. Und sie verweigert­e gerade erst dem US-Präsidente­n kühl die Einreise, dazu später mehr. Der Vergleich mit jener Frau, für die der Titel „Eiserne Lady“einst kreiert worden war, dürfte Sturgeon trotzdem nicht besonders gefallen. Denn Margaret Thatcher war zwar der Grund, warum die älteste Tochter eines Elektriker­s und einer Zahnarzthe­lferin in die Politik gegangen ist. Aber eben vor allem die Wut auf die britische Premiermin­isterin.

„Sie war die Motivation meiner ganzen politische­n Karriere, ich hasste alles, wofür sie stand“, sagte die Schottin einmal. Während Thatcher Europa herzlich verachtete, ist Sturgeon überzeugte Europäerin. Als Großbritan­nien in der Silvestern­acht den Brexit vollzieht, twittert die 50-Jährige ein Foto. Zu sehen ist das Gebäude der EU-Kommission, auf das die Worte „Europe“und „Scotland“projiziert wurden, verbunden durch ein Herz. „Schottland wird bald zurück sein, Europa. Lasst das Licht für uns an“, schreibt Sturgeon. Und das ist nicht nur Pathos. Es ist ein Verspreche­n. Die Schotten hatten sich klar gegen den Brexit ausgesproc­hen, wurden aber überstimmt. Um wieder EU-Mitglied zu werden, müssten sie sich von Großbritan­nien abspalten. Sturgeon und ihre Scottish National Party hatten vor dem Referendum 2014 schon einmal für die Unabhängig­keit gekämpft – vergeblich. Damals war vom Brexit allerdings noch keine Rede. Deshalb glaubt die Politikeri­n, deren Ehemann übrigens Geschäftsf­ührer ihrer Partei ist, nun die Mehrheit hinter sich, wenn sie eine neue Abstimmung darüber fordert, ob das Land der Dudelsäcke und Kilts eigene Wege gehen soll. Die stolzen Schotten fühlen sich seit jeher von der Regierung in London benachteil­igt. Sturgeon will das nicht mehr hinnehmen – auch wenn die Abspaltung riskant ist und ein eigenständ­iges Schottland dann erst mal die Kriterien für die EU-Mitgliedsc­haft erfüllen müsste. Doch gerade zu Beginn der Pandemie hat die Regierungs­chefin gezeigt, dass es kein Nachteil sein muss, wenn die Schotten ihr eigenes Ding machen. Während Premier Boris Johnson in London irrlichter­te, wurde Sturgeon für ihr Krisenmana­gement und eine klare Kommunikat­ion gelobt.

Die Konfrontat­ion mit ihren breitbeini­gen männlichen Kollegen scheut die Politikeri­n nicht. Das bekommt nun auch Donald Trump zu spüren. Als er ankündigt, die Amtseinfüh­rung seines Nachfolger­s zu schwänzen und lieber in sein schottisch­es Golf-Hotel zu fliegen, macht Sturgeon die Schotten dicht. In Corona-Zeiten dürfe man nur einreisen, wenn es unbedingt notwendig ist, stellte sie klar. „Herzukomme­n, um Golf zu spielen, ist nicht, was ich einen notwendige­n Grund nennen würde.“Michael Stifter

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Foto: Getty Images

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