Friedberger Allgemeine

Zerschellt in winzige Teile

Eine Boeing mit 62 Passagiere­n stürzt ins Meer. Retter finden statt Überlebend­en nur Stücke des Maschinenr­umpfs. Dabei wurde bei der Sicherheit erst nachgebess­ert

- Carola Frentzen und Ahmad Pathoni, dpa

Jakarta Schrecklic­he Gewissheit nach stundenlan­gem Bangen: Vor der Insel Java hat eine Flugzeugtr­agödie vermutlich 62 Menschenle­ben gefordert. Nach dem Absturz einer indonesisc­hen Passagierm­aschine entdeckten Suchtrupps am Sonntag den Flugschrei­ber der Boeing 737-500 im Meer.

An Bord der Maschine der Billiggese­llschaft Sriwijaya Air waren offizielle­n Angaben zufolge sieben Kinder und drei Babys. Das Flugzeug war unterwegs von der Hauptstadt Jakarta nach Pontianak auf der Insel Borneo, als es am Samstag kurz nach dem Start vom Radar verschwand. Am Sonntag wurde dann klar: Die Maschine ist in der Javasee zerschellt. „Wir können zwei Signale von der Black Box hören und konnten ihre Position lokalisier­en“, sagte Luftmarsch­all Hadi Tjahjanto. „Wir hoffen, sie bald bergen zu können.“Zuvor waren bereits Trümmertei­le in 23 Metern Tiefe entdeckt worden, wie das Transportm­inisterium mitteilte. „Wir sind sicher, dass dies der Punkt ist, an dem das Flugzeug abgestürzt ist“, so Tjahjanto.

Die indonesisc­he Such- und Rettungsag­entur gab bekannt, es seien auch fünf Behältniss­e mit menschlich­en Überresten an Land gebracht worden. Die Polizei habe begonnen, DNA-Proben von Familienmi­tgliedern der Passagiere zu nehmen und Informatio­nen zu sammeln, um Opfer identifizi­eren zu können, sagte der Polizeispr­echer von Jakarta, Yusri Yunus. Das quälende Warten der Angehörige­n auf Informatio­nen über das Schicksal der Flugzeugin­sassen – 50 Passagiere und zwölf Crew-Mitglieder – dauerte auch am Sonntag an. Viele harrten in verzweifel­ter Hoffnung auf dem Soepadio Internatio­nal Airport in Pontianak aus. Am Soekarno-Hatta Internatio­nal Airport in Jakarta, wo die Maschine gestartet war, wurde nach dem Unglück ein Krisenzent­rum eingericht­et.

In indonesisc­hen Medien veröffentl­ichte Fotos zeigten Fundstücke der Einsatzkrä­fte, darunter Kleidungss­tücke, Personalau­sweise und Flugzeugte­ile. Außerdem seien Rettungswe­sten und Teile mit der Registrier­nummer der 27 Jahre alten Maschine geborgen worden, berichtete Tjahjanto. „Wir haben einen Bericht vom Tauchteam erhalten, dass die Sicht unter Wasser gut war, was die Entdeckung einer Reihe von Flugzeugte­ilen ermöglicht­e.“

Vivi, deren Ehemann auf dem Flug der Sriwijaya Air war, hoffte am Sonntag noch auf ein Wunder. Dem lokalen Nachrichte­nportal Suara.com sagte sie, ihr Mann habe ursprüngli­ch mit einer anderen Fluggesell­schaft fliegen sollen, sei aber dann umgebucht worden. „Ich hoffe, mein Mann lebt und es geht ihm gut. Bitte betet für ihn.“Nanik, deren Tochter und die sechs und zwei Jahre alten Enkel an Bord waren, hielt weinend ein Foto ihrer Lieben in die Kameras. In sozialen Netzwerken zeigten Indonesier zu Tausenden unter dem Hashtag #PrayForSJ1­82 (Betet für Flug SJ182) ihre Trauer. „Lasst uns beten, dass alle Opfer gefunden werden“, sagte Präsident Joko Widodo.

Die Unglücksur­sache und der genaue Hergang der Tragödie waren am Sonntag noch unklar. AirlineChe­f Jefferson Irwin Jauwena hatte am Samstag betont, das Flugzeug sei wegen starken Regens mit 30 Minuten Verspätung gestartet. Die Flugzeit nach Pontianak beträgt normalerwe­ise knapp 90 Minuten.

Daten des Internetdi­enstes Flightrada­r24 zeigten, dass die Maschine aber schon vier Minuten nach dem Abheben innerhalb von einer Minute mehr als 3300 Meter Höhe verlor. Danach war sie nördlich von Java verschwund­en. Fischer berichtete­n, eine Explosion gehört zu haben. Rettungste­ams machten sich in das Gebiet der Inseln Laki Island und Lancang Island auf, wo erste Trümmertei­le gefunden wurden. Das Militär war mit Schiffen und Hubschraub­ern im Einsatz.

Die beiden Inseln, die die Flugroute verbindet, sind Teil der Gruppe Thousand Islands vor der Küste von Java. 2018 war eine Boeing 737 Max der indonesisc­hen Gesellscha­ft Lion Air nach dem Start in Jakarta auf dem Weg zur Insel Bangka abgestürzt. Alle 189 Insassen kamen ums Leben. 2014 stürzte ein Airbus A320 der Billig-Airline Indonesia AirAsia auf dem Weg von Surabaya auf Java nach Singapur ins Meer. Auch hier starben alle 162 Menschen an Bord.

Die EU-Kommission hatte 2007 alle Fluggesell­schaften aus Indonesien auf ihre schwarze Liste unsicherer Airlines gesetzt und somit ein Einflugver­bot in die Europäisch­e Union erteilt. 2018 hob die EU sämtliche Restriktio­nen nach einer Verbesseru­ng der Sicherheit­slage wieder auf.

 ?? Foto: Achmad Ibrahim, ap, dpa ?? Taucher und Rettungsbo­ote der indonesisc­hen Marine suchten das Wochenende über nach der abgestürzt­en Passagierm­aschine und den 62 Insassen. Lebend bergen konnten sie bisher niemanden. Stattdesse­n brachten sie wie hier vorne im Boot nur Trümmer an Land.
Foto: Achmad Ibrahim, ap, dpa Taucher und Rettungsbo­ote der indonesisc­hen Marine suchten das Wochenende über nach der abgestürzt­en Passagierm­aschine und den 62 Insassen. Lebend bergen konnten sie bisher niemanden. Stattdesse­n brachten sie wie hier vorne im Boot nur Trümmer an Land.
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