Die Luft in der Innenstadt wird sauberer
Die Belastung mit Stickstoffdioxid in der Karlstraße sank im vergangenen Jahr und liegt unter dem Grenzwert. Das war in der Vergangenheit anders. Welchen Anteil die Corona-Einschränkungen daran hatten, ist nicht klar
Im vergangenen Jahr ist die Luft in der Augsburger Innenstadt besser geworden. Das ist das vorläufige Ergebnis der Luftmessungen des Landesamtes für Umwelt an den Stationen in der Karlstraße und am Königsplatz.
In der im Verhältnis stark belasteten Karlstraße wurden beim Verbrennungsgas Stickstoffdioxid 33 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt gemessen (37 Mikrogramm in 2019). Bis zum Jahr 2018 war der Grenzwert von 40 Mikrogramm dort ständig überschritten worden, was Augsburg zusammen mit anderen Städten ins Visier des Umweltverbands Deutsche Umwelthilfe rückte. Es drohte sogar eine Klage. Die Stadt zimmerte damals eilig ein Maßnahmenpaket zusammen, um umweltfreundliche Mobilität zu fördern.
Augsburg liegt mit dem Rückgang der Schadstoffbelastung im bayernweiten Trend, so ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt. Eine klare Aussage, woran das liegt, ist indes nicht möglich. Die Corona-Pandemie dürfte eine Rolle spielen, doch welche Auswirkungen sie konkret hatte, lässt sich nur erahnen – der Verkehrsrückgang während des ersten Lockdowns auch in der Augsburger Innenstadt war augenfällig, gleichzeitig dürften Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs aufs Auto umgestiegen sein. Und auch dass die Abgaswerte mit der ständigen Erneuerung der Pkw-Flotte und strengerer Grenzwerte besser werden, spielt eine Rolle, genauso wie die Wetterlage im jeweiligen Jahr.
Für die Karlstraße geht der Verkehrsdatendienstleister Tomtom, der Bewegungsdaten aus Navigationsgeräten und Handys anonym auswertet, fürs vergangene Jahr von einer geringeren Stauhäufigkeit in der Karlstraße aus. Speziell in Ost-West-Richtung sei die Reisezeit teils um mehr als zehn Sekunden gegenüber dem Vorjahr gesunken, heißt es in einer Auswertung, die Tomtom für unsere Redaktion vornahm. Die Zahl der GPS-Messungen ging 2020 im Vergleich zum Vorjahr je nach Tageszeit und Fahrtrichtung um bis zu elf Prozent zurück, was auf weniger Verkehr schließen lässt. Insgesamt, so Tomtom, sei die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den größeren Straßen in der Innenstadt leicht nach oben gegangen, was auch als Hinweis für weniger Autos gelten kann. Bei der Karlstraße sei dieser Effekt besonders ausgeprägt, so Tomtom. Auf den Nebenstraßen
Stickstoffdioxidwerte (NO²) in der Karlstraße ergebe sich hingegen ein uneinheitliches Bild.
Was das Maßnahmenpaket für sauberere Luft betrifft, zieht sich die Umsetzung. Für den aktuellen Rückgang der Schadstoffe dürfte es nicht verantwortlich sein. Verwirklicht wurde der kostenlose Nahverkehr in der Kern-Innenstadt (eine Analyse zur Wirksamkeit ist auch ein Jahr nach Einführung wegen der Verzerrungen durch die Corona-Pandemie nicht möglich) oder neue Zählstellen für den Radverkehr. In diesem Jahr soll ein automatisches Fahrradparkhaus am Bahnhaltepunkt Haunstetter Straße hinzukommen. Das Parkleitsystem für die Innenstadt soll in diesem Jahr in Betrieb gehen.
Schon sehr konkret bezifferbar sind die Folgen der Corona-Maßnahmen in der Silvesternacht auf die Luftqualität. Beim Feinstaub werden die Grenzwerte in Augsburg seit einigen Jahren eingehalten, nachdem die InnenstadtMessstationen vor etwa 15 Jahren noch zu den höchstbelasteten in Deutschland gehörten. In der Silvesternacht schnellen die Werte wegen des Feuerwerk-Feinstaubs aber wie überall massiv nach oben – mit Ausnahme diesen Jahres. In der ersten Stunde des Jahres 2021 lag die Feinstaubbelastung an der Karlstraße bei 42 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Ein Jahr zuvor war das Zehnfache gemessen worden. Hintergrund für die massive Reduktion war das weitgehend ausgefallene Silvesterfeuerwerk.
Stickoxide und Feinstaub wirken sich negativ auf Atemwegserkrankungen aus. Besonders gefährdet sind Menschen mit Vorerkrankungen.