Friedberger Allgemeine

Fuggerei sollte Modell für die Zukunft werden

- VON NICOLE PRESTLE nip@augsburger‰allgemeine.de

Die Fuggerei hat über 500 Jahre lang funktionie­rt. Das ist außergewöh­nlich, denn selbst wenn ein Stifter diesen Wunsch in einer Urkunde festschrei­bt, bedeutet das ja nicht unbedingt, dass seine Nachfahren sich daran halten. Die Fugger aber haben es getan – unabhängig von allen historisch­en, wirtschaft­lichen und persönlich­en Umständen. So finden in der ältesten Sozialsied­lung der Welt bis heute Menschen Zuflucht, die in Not geraten sind.

Dass Augsburg im Jubiläumsj­ahr nicht nur die Vergangenh­eit in den Fokus rückt, ist eine charmante und gute Idee. Stiftungen können in Zeiten, in denen der öffentlich­en Hand oft Geld für das Nötigste fehlt, eine wichtige gesellscha­ftliche Stütze sein. Mit dem Ellinor-Holland-Haus der Stiftung Kartei der Not wurde in Augsburg vor einigen Jahren bereits ein ähnliches Modell Realität. Auch hier finden Menschen in Not eine Bleibe, bis sie wieder mit beiden Beinen im Leben stehen.

Gut durchdacht, könnten solche Einrichtun­gen auch andernorts auf der Welt entstehen – bestenfall­s unterstütz­t durch das Know-how aus Augsburg. Doch wie kann das gelingen? Fuggerei und Ellinor-HollandHau­s ist die tiefe Verwurzelu­ng in der Region gemein, in der Heimat derer also, denen geholfen wird. Vielleicht ist das ein Schlüssel zum Erfolg. Eine Fuggerei in Litauen (dort gibt es tatsächlic­h Interessen­ten) müsste sicherlich anders aussehen, sie würde vielleicht auch anderen Bedürfniss­en als dem nach günstigem Wohnraum gerecht. Doch das Grundprinz­ip, das vor 500 Jahren auch Jakob Fugger seiner Stiftung zugrunde legte, ließe sich womöglich übertragen.

Im Fugger-Jubiläumsj­ahr sollen auch solche Möglichkei­ten diskutiert werden. Wie schön wäre es, wenn am Ende neue Ideen für die Herausford­erungen unserer Zeit gefunden wären. Gleichzeit­ig könnte bei einigen so auch die Erkenntnis wachsen, dass jeder einen Beitrag zur Lösung aktueller Probleme leisten kann.

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