Friedberger Allgemeine

Schwachste­llen bei der Corona‰Impfung

Impfen – ja oder nein? Claudia Kobarschik arbeitet im Friedberge­r Krankenhau­s und hat darauf eine klare Antwort. Bürger berichten jedoch auch von Problemen. Gestern hat die Staatsregi­erung reagiert

- VON MICHAEL POSTL

Aichach‰Friedberg Einen leichten Druckschme­rz an der Einstichst­elle habe sie gespürt, mehr nicht, sagt Claudia Kobarschik. Nach drei Tagen sei er ohnehin weg gewesen, keine Nebenwirku­ngen. Die 49-Jährige ist Medizinisc­he Fachangest­ellte im Friedberge­r Krankenhau­s und wurde als eine der Ersten gegen das Coronaviru­s geimpft. Die Tage und Wochen zuvor hat sie in ihrem Umfeld jedoch nicht nur Zuspruch erhalten.

Ende des Jahres war es soweit, am 30. Dezember hat Kobarschik sich impfen lassen. Dass sie das tut, war ihr aber schon von vornherein klar. „Klar habe ich auch abgewogen“, sagt die Hofhegnenb­ergerin. „Aber für mich war es eher ein Geschenk, das ich sehr gerne angenommen habe.“Für einige ist dieses „Geschenk“jedoch eher eine Last, wenn nicht eine Bedrohung. Auch in ihrem Bekanntenk­reis gab es Stimmen von Menschen, die sich selbst lieber noch nicht hätten impfen lassen. „Und das traust du dich?“sei die häufigste Frage gewesen. Eine Frage, die sie immer und überzeugt mit „Ja“beantworte­t hat.

„Aber ich habe natürlich auch mehr Informatio­nen“, sagt Kobarschik. Denn die staatliche­n Mitteilung­en seien oft in schwierige­r Sprache verfasst, „Medizinerd­eutsch“, wie die Medizinisc­he Assistenti­n es nennt. „Und das ist nun einmal von einem Laien nicht zu verstehen, manchmal habe auch ich als Fachkraft Schwierigk­eiten“, erklärt sie und fordert deshalb eine verständli­che Kommunikat­ion: „Ich denke, dass es weniger Demonstran­ten gegen das Impfen gäbe, wenn sie verstehen würden, woraus der Impfstoff besteht und was er bewirkt.“

Kurz nach ihrer Impfung verfasste Kobarschik dann einen Beitrag auf Facebook. Dort beschrieb sie den Vorgang beim Impfen und erklärte, dass sie sich nicht schlecht fühle. „Ich hatte mit negativen Kommentare­n gerechnet“, sagt sie, „dass dann aber gar nichts von der Seite geschriebe­n wurde, hat mich erstaunt.“Stattdesse­n habe sie über 80 Daumen nach oben für ihren Post erhalten und sich über diese Resonanz sehr gefreut.

„Ich finde es wichtig, dass wir uns alle impfen lassen“, sagt sie. „Es ist schlimm, wenn Patienten sich in den Kliniken anstecken und sich dann gegenseiti­g krank machen.“Auch das sei ein Argument für ihre frühe Impfung gewesen. „Wenn es jeder so sieht, glaube ich, dass wir das Virus in den Griff bekommen.“

Anders ist es bei Dieter und Ingrid Warnatz. Er wird Ende Februar 86, sie feiert im Sommer den 81. Geburtstag. Beide sind also ganz oben auf der Prioritäte­nliste des Landratsam­tes. Ende Dezember haben sich die Ehepartner auf der Internetse­ite des Bayrischen Staatsmini­steriums zum Impfen anmelden wollen - unter der Nummer, die sie basierend auf ihrer Postleitza­hl anrufen sollten, meldete sich jedoch das Gesundheit­samt der mittelfrän­kischen Stadt Roth. „Meine Tochter hat dann beim Staatsmini­sterium angerufen und von den Problemen erzählt“, sagt Ingrid Warnatz. Immer wieder sei die Seite dann geändert worden.

Dabei sind sie und ihr Mann eher technikaff­in. „Wie sollen es denn Menschen machen, die das verständli­cherweise in unserem Alter nicht sind?“, fragt sich die 80-Jährige. Davon gebe es auch welche in ihrem Bekanntenk­reis. Zudem sei auch das Verhältnis zum Impfen zwiegespal­ten: „Einige wollen es, einige nicht.“Letztere versuche sie immer wieder zu überzeugen, sich doch impfen zu lassen, „immerhin schützen wir damit nicht nur uns selbst, sondern auch die jungen Menschen“. Nun versuchen es die Eheleute Warnatz mit der Warteliste des Landratsam­tes.

Am Montag reagierte die Bayerische Staatsregi­erung auf derartige Probleme. Wie das Landratsam­t Aichach-Friedberg am späten Nachmittag mitteilte, können sich Landkreisb­ewohner seit Montag unter der Telefonnum­mer 089/244 1881 10 auf die Warteliste setzen lassen. Ein Test der Redaktion ergab: Die Nummer funktionie­rt, sie führt zur Firma Vitolus, die die Impfungen im Wittelsbac­her Land vornimmt.

Ab 20. Januar können laut Landratsam­t bayernweit Impftermin­e direkt über das Portal der Staatsregi­erung www.impfzentre­n.bayern vereinbart werden – streng nach Priorität. Wer in Bayern wohnt und sich gegen Corona impfen lassen will, kann sich seit Montag dort bereits online auf eine Warteliste setzen lassen. Die registrier­ten Personen werden dann für eine Terminvere­inbarung kontaktier­t.

Derzeit werden alle Personen im Kreis Aichach-Friedberg, die mindestens 80 Jahre alt sind, angeschrie­ben und über das Impfen sowie die Terminvere­inbarung informiert. Es ist der zweite Brief innerhalb weniger Tage. Erst am Montag hatten die mindestens 80-Jährigen einen Brief erhalten. „Ende vergangene­r Woche wussten wir noch nicht, dass die Terminverg­abe so bald möglich sein würde“, erklärt Landratsam­tssprecher Wolfgang Müller. Man habe die Bürger nach vielen Fragen möglichst früh über die Impfung informiere­n wollen, daher wurde der erste Brief bereits verschickt. Doch was tun, wenn man unter 80 ist, aber zu einer Risikogrup­pe gehört?

Jürgen Fuchs ist verzweifel­t. Der 76-Jährige ist ein Pflegefall, seine Frau kümmert sich zu Hause um ihn. Während die mobilen Ärzte im Auftrag des Landratsam­tes bereits in Pflegeheim­en seit vergangene­m Jahr impfen, muss der Kissinger warten. „Ich habe tagelangve­rsucht, einen Termin zu bekommen“, klagt Fuchs, „unter der Hotline bekomme ich keine Hilfe.“Das Problem: Fuchs ist noch keine 80 Jahre alt und deshalb mit dem Impfen noch nicht an der Reihe. Das wurde ihm mittlerwei­le mitgeteilt. Zudem erhielt er einen Link, unter dem er sich online für einen Impftermin anmelden kann. Für die über 80-Jährigen ist das ebenfalls möglich, jedoch bekamen sie auch alle Informatio­nen zugesandt. Darauf muss Jürgen Fuchs noch warten..

Es brauche eine konkrete Kommunikat­ion

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Foto: Marcus Merk (Symbolbild) Menschen in Aichach‰Friedberg wollen zum Impfen ‰ manchmal scheitert es schon an der Anmeldung.

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