Schwachstellen bei der CoronaImpfung
Impfen – ja oder nein? Claudia Kobarschik arbeitet im Friedberger Krankenhaus und hat darauf eine klare Antwort. Bürger berichten jedoch auch von Problemen. Gestern hat die Staatsregierung reagiert
AichachFriedberg Einen leichten Druckschmerz an der Einstichstelle habe sie gespürt, mehr nicht, sagt Claudia Kobarschik. Nach drei Tagen sei er ohnehin weg gewesen, keine Nebenwirkungen. Die 49-Jährige ist Medizinische Fachangestellte im Friedberger Krankenhaus und wurde als eine der Ersten gegen das Coronavirus geimpft. Die Tage und Wochen zuvor hat sie in ihrem Umfeld jedoch nicht nur Zuspruch erhalten.
Ende des Jahres war es soweit, am 30. Dezember hat Kobarschik sich impfen lassen. Dass sie das tut, war ihr aber schon von vornherein klar. „Klar habe ich auch abgewogen“, sagt die Hofhegnenbergerin. „Aber für mich war es eher ein Geschenk, das ich sehr gerne angenommen habe.“Für einige ist dieses „Geschenk“jedoch eher eine Last, wenn nicht eine Bedrohung. Auch in ihrem Bekanntenkreis gab es Stimmen von Menschen, die sich selbst lieber noch nicht hätten impfen lassen. „Und das traust du dich?“sei die häufigste Frage gewesen. Eine Frage, die sie immer und überzeugt mit „Ja“beantwortet hat.
„Aber ich habe natürlich auch mehr Informationen“, sagt Kobarschik. Denn die staatlichen Mitteilungen seien oft in schwieriger Sprache verfasst, „Medizinerdeutsch“, wie die Medizinische Assistentin es nennt. „Und das ist nun einmal von einem Laien nicht zu verstehen, manchmal habe auch ich als Fachkraft Schwierigkeiten“, erklärt sie und fordert deshalb eine verständliche Kommunikation: „Ich denke, dass es weniger Demonstranten gegen das Impfen gäbe, wenn sie verstehen würden, woraus der Impfstoff besteht und was er bewirkt.“
Kurz nach ihrer Impfung verfasste Kobarschik dann einen Beitrag auf Facebook. Dort beschrieb sie den Vorgang beim Impfen und erklärte, dass sie sich nicht schlecht fühle. „Ich hatte mit negativen Kommentaren gerechnet“, sagt sie, „dass dann aber gar nichts von der Seite geschrieben wurde, hat mich erstaunt.“Stattdessen habe sie über 80 Daumen nach oben für ihren Post erhalten und sich über diese Resonanz sehr gefreut.
„Ich finde es wichtig, dass wir uns alle impfen lassen“, sagt sie. „Es ist schlimm, wenn Patienten sich in den Kliniken anstecken und sich dann gegenseitig krank machen.“Auch das sei ein Argument für ihre frühe Impfung gewesen. „Wenn es jeder so sieht, glaube ich, dass wir das Virus in den Griff bekommen.“
Anders ist es bei Dieter und Ingrid Warnatz. Er wird Ende Februar 86, sie feiert im Sommer den 81. Geburtstag. Beide sind also ganz oben auf der Prioritätenliste des Landratsamtes. Ende Dezember haben sich die Ehepartner auf der Internetseite des Bayrischen Staatsministeriums zum Impfen anmelden wollen - unter der Nummer, die sie basierend auf ihrer Postleitzahl anrufen sollten, meldete sich jedoch das Gesundheitsamt der mittelfränkischen Stadt Roth. „Meine Tochter hat dann beim Staatsministerium angerufen und von den Problemen erzählt“, sagt Ingrid Warnatz. Immer wieder sei die Seite dann geändert worden.
Dabei sind sie und ihr Mann eher technikaffin. „Wie sollen es denn Menschen machen, die das verständlicherweise in unserem Alter nicht sind?“, fragt sich die 80-Jährige. Davon gebe es auch welche in ihrem Bekanntenkreis. Zudem sei auch das Verhältnis zum Impfen zwiegespalten: „Einige wollen es, einige nicht.“Letztere versuche sie immer wieder zu überzeugen, sich doch impfen zu lassen, „immerhin schützen wir damit nicht nur uns selbst, sondern auch die jungen Menschen“. Nun versuchen es die Eheleute Warnatz mit der Warteliste des Landratsamtes.
Am Montag reagierte die Bayerische Staatsregierung auf derartige Probleme. Wie das Landratsamt Aichach-Friedberg am späten Nachmittag mitteilte, können sich Landkreisbewohner seit Montag unter der Telefonnummer 089/244 1881 10 auf die Warteliste setzen lassen. Ein Test der Redaktion ergab: Die Nummer funktioniert, sie führt zur Firma Vitolus, die die Impfungen im Wittelsbacher Land vornimmt.
Ab 20. Januar können laut Landratsamt bayernweit Impftermine direkt über das Portal der Staatsregierung www.impfzentren.bayern vereinbart werden – streng nach Priorität. Wer in Bayern wohnt und sich gegen Corona impfen lassen will, kann sich seit Montag dort bereits online auf eine Warteliste setzen lassen. Die registrierten Personen werden dann für eine Terminvereinbarung kontaktiert.
Derzeit werden alle Personen im Kreis Aichach-Friedberg, die mindestens 80 Jahre alt sind, angeschrieben und über das Impfen sowie die Terminvereinbarung informiert. Es ist der zweite Brief innerhalb weniger Tage. Erst am Montag hatten die mindestens 80-Jährigen einen Brief erhalten. „Ende vergangener Woche wussten wir noch nicht, dass die Terminvergabe so bald möglich sein würde“, erklärt Landratsamtssprecher Wolfgang Müller. Man habe die Bürger nach vielen Fragen möglichst früh über die Impfung informieren wollen, daher wurde der erste Brief bereits verschickt. Doch was tun, wenn man unter 80 ist, aber zu einer Risikogruppe gehört?
Jürgen Fuchs ist verzweifelt. Der 76-Jährige ist ein Pflegefall, seine Frau kümmert sich zu Hause um ihn. Während die mobilen Ärzte im Auftrag des Landratsamtes bereits in Pflegeheimen seit vergangenem Jahr impfen, muss der Kissinger warten. „Ich habe tagelangversucht, einen Termin zu bekommen“, klagt Fuchs, „unter der Hotline bekomme ich keine Hilfe.“Das Problem: Fuchs ist noch keine 80 Jahre alt und deshalb mit dem Impfen noch nicht an der Reihe. Das wurde ihm mittlerweile mitgeteilt. Zudem erhielt er einen Link, unter dem er sich online für einen Impftermin anmelden kann. Für die über 80-Jährigen ist das ebenfalls möglich, jedoch bekamen sie auch alle Informationen zugesandt. Darauf muss Jürgen Fuchs noch warten..
Es brauche eine konkrete Kommunikation