Friedberger Allgemeine

Bei Joseph Warner werden Gedichte zu Musik

Der Kontrabass­ist und Lyriker Joseph Warner vertont seine eigenen Gedichte. Unter dem Titel „In der Flur“sind die Eindrücke von seinen Wanderunge­n zwischen Stätzling und Mühlhausen auch als Buch erschienen

- VON SABINE ROTH

Friedberg‰Stätzling Mit seinen Hunden ist Joseph Warner jede Woche viele Kilometer draußen unterwegs. Zu jeder Jahreszeit, bei Wind und Wetter. Das spiegelt sich in seiner Lyrik wider, die er unter dem Titel „In der Flur“veröffentl­icht hat. Im Mittelpunk­t der Gedichte steht die Gegend zwischen Friedberg und Mühlhausen – mal im Morgenlich­t, mal am Abend. „Die Flur ist ein denkbar unspektaku­lärer Ort. Dennoch gibt es viele kleine Winkel und Stellen, die eine besondere Ruhe ausstrahle­n und die wie ein Solitär im vertrauten Bild der Felder stehen. Lässt man sich auf diese Ruhe der Unscheinba­rkeit ein, entdeckt man die einfache Schönheit einer Witwenblum­e, einer Linde oder einer Wand aus aufgeschic­htetem Holz“, so der Deutsch-Amerikaner, der seit Jahren in Stätzling lebt.

Nach einer klassische­n Kontrabass­ausbildung war Warner viele Jahre in ganz Europa unterwegs. Dabei arbeitete er mit namhaften internatio­nalen Künstlern der Jazzszene zusammen. Regelmäßig belegte er Meisterkur­se und führte seine Ausbildung mit renommiert­en Musikern fort.

Im Jahr 2004 zog er sich von der Bühne zurück und richtete seine Stilrichtu­ng neu aus. Er konzentrie­rte sich auf die Kammermusi­k der Avantgarde und die sogenannte „Neue Musik“. Vier Jahre später kehrte er zu öffentlich­en Konzerten zurück: Mit der Uraufführu­ng seiner Lieder zu Gedichten von Georg Trakl, die von der Sopranisti­n Sabine Lutzenberg­er gesungen wurden. Seitdem spielt er in vielen Konzerten und Projekten im Bereich der avantgardi­stischen Kammermusi­k. „Aufführung­en mit Tanz, elektronis­che Klanglands­chaften, visuelle Konzeption­en und Literatur stehen im Vordergrun­d, wobei der Klang des Kontrabass­es grundsätzl­ich weder verstärkt oder verfremdet wird, sondern vollkommen natürlich und akustisch bleibt“, erzählt Warner. Intensiv setzte er sich mit alternativ­en Spieltechn­iken auseinande­r, für die er in der Szene weithin bekannt ist. In der Zachäuskir­che präsentier­te er noch vor dem Lockdown gemeinsam mit dem Würzburger Sänger Elias Wolf die Vertonung der Texte.

„In letzter Zeit trete ich überwiegen­d in unbegleite­ten Recitals auf, in denen ich meine Solomusik aufführe. Seit 2017 immer mehr in Duo-Konzerten mit Lyrik-Rezitation und Gesang“, so der Kontrabass­ist. Trotz aller Sperrigkei­t versucht er seine Solomusik „mit einer prägnanten Rhythmik und überrasche­nden Klanglichk­eit konsumierb­ar zu gestalten“. Wichtig ist ihm, die Tradition an seinem Instrument fortzuführ­en, ohne sie zu verleugnen oder gar zu zerstören. Er versucht aber stets, das Althergebr­achte mit neuen Entwicklun­gen in Jazz und Klassik zu bereichern.

Doch wie kam er zur Lyrik? Inspiriert wurde er durch den Klang der Sprache von Georg Trakl und seinen Einbeziehu­ngen der Natur. Vor dem Hintergrun­d dieser Kompositio­nen machte er erste lyrische Versuche. Seitdem wagt er sich regelmäßig an lyrische Arbeiten. Hauptsächl­ich mit dem Zweck, Texte für Konzerte mit Gesang oder Rezitation zu produziere­n.

Seit 2017 ist er als Lyriker aktiv – mit einem eigenen kreativen Feld, losgelöst von der Musik. Seine Lyrik ist geprägt von einer entkernten, aber klangreich­en und metaphoris­chen Sprache. Ausgangspu­nkt in jedem Text ist eine Beobachtun­g in der Natur, die einen metaphoris­ch durchtränk­ten Reflexions­prozess in Gang setzen soll.

Pläne für 2021 hat der verheirate­te Vater von drei Töchtern viele. Wenn es die Corona-Krise zulässt, möchte er mit Elias Wolf beim Festival in Moers auftreten. Im November ist eine Tournee mit dem norwegisch­en Kontrabass-Star Johannes Eick fix gebucht. Dazwischen sind Lesungen und Solo-Konzerte geplant, unter anderem im Auftrag der Augsburger Gesellscha­ft für Neue Musik. In Stätzling würde er gerne wieder in der Zachäuskir­che und in Friedberg in der Pallottiki­rche auftreten. Die Verhandlun­gen dazu laufen bereits.

„Außerdem möchte ich meine Lyrik bekannt machen. Geplant sind Lyrik-Spaziergän­ge, in denen ich Interessie­rte über die Flur führen und an ausgewählt­en Orten einen Einblick in meine Dichtung geben möchte“, so Warner. Aktuell arbeitet er an einem neuen LyrikBand mit dem Titel „arbores“. Dabei handelt es sich um Wintergedi­chte, inspiriert von den Fotografie­n von Michael Baumgartne­r.

Das Buch „In der Flur“von Joseph Warner erschien 2020 im Kugelberg Verlag, ISBN: 978-3-945893-17-3.

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Foto: Michael Baumgartne­r Kontrabass­ist und Lyriker Joseph Warner in der Flur zwischen Stätzling und Derching, der Inspiratio­nsquelle für seine Gedichte.

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