Friedberger Allgemeine

„Die einzige Kontrollin­stanz sind jetzt die Bürger“

Der Rechtsanwa­lt und Augsburger FDP-Bundestags­kandidat Alexander Meyer erklärt, warum er manche Corona-Regeln ablehnt, den Lockdown aber für richtig hält

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Herr Meyer, gegen das Feuerwerks­verbot auf Privatgrun­d an Silvester haben Sie erfolgreic­h geklagt, bei der Maskenpfli­cht für Radler haben Sie eine Klage erwogen, zuletzt kritisiert­en Sie, dass die Impfpriori­sierung des Bundes nicht durch ein vom Bundestag beschlosse­nes Gesetz, sondern nur durch eine Verordnung geregelt ist. Was treibt Sie an?

Alexander Meyer: Ich sehe mich nicht als Corona-Rebell. Ich nehme es so wahr, dass die Politik sich stark auf Verbotskul­tur und Regeln fokussiert und sich geradezu in einen Verbotsrau­sch hineinstei­gert. Die ständig neuen Regeln sorgen für ein Chaos. Ich glaube, dass die Politik daran erinnert werden muss, dass sich das Verwaltung­shandeln auch in der Corona-Krise an Rechtsmaßs­täben orientiere­n muss. Die Sensibilit­ät, was

Eingriffe in Grundrecht­e betrifft, hat da in den Verwaltung­en ein wenig gelitten, wobei ich gar keinen Vorsatz unterstell­en möchte. Es ist die Stunde der Exekutive, und die einzige Kontrollin­stanz sind jetzt die Bürger. Wenn keiner gegen einen womöglich unrechtmäß­igen Verwaltung­sakt klagt, dann gibt es sonst niemanden, der etwas dagegen tut. Das hat was mit Zivilcoura­ge zu tun und das bewegt mich bei dem Thema.

Meyer: Natürlich hat das bei der Feuerwerks­klage eine Rolle gespielt. Aber als ich die Verfügung der Stadt gesehen habe, war mir als Anwalt sofort klar, dass die rechtliche Begründung

hier nicht stimmt. Insofern war die Klage ein berechtigt­es Anliegen, und wenn man damit bekannt wird, ist das in Ordnung. Ich gebe auch zu, dass es innerhalb der FDP am Anfang Missverstä­ndnisse wegen der Feuerwerks­klage gab. Das hatte ich parteiinte­rn nicht früh genug kommunizie­rt. Inzwischen ist das aber ausgeräumt.

Meyer: Die Frage beschäftig­t mich auch. Ich bekomme fast jeden Tag Zuschrifte­n von Leuten, die sich über irgendeine Regel aufregen. Im Großen und Ganzen halte ich die

Einschränk­ungen aber für nötig. Der Lockdown insgesamt ist unverzicht­bar. Ich wurde jetzt wegen der FFP2-Maskenpfli­cht von einer Reihe von Bürgern kontaktier­t, aber ich sehe diese Regel nicht als so gravierend an. Und anders als beim Feuerwerks­verbot ist die Maskenpfli­cht mit dem Infektions­schutz begründbar. Ich sehe die Verordnung­en ein Stück weit als Ablenken von eigentlich­en Versäumnis­sen der Politik. Die Verordnung­en nerven, aber sie sind Nebenkrieg­sschauplät­ze. Die Hauptprobl­eme liegen bei der Impforgani­sation, bei den verzögerte­n Wirtschaft­shilfen für Unternehme­n, bei der verbockten Digitalisi­erung des Schulsyste­ms. Das ist das eigentlich­e Versagen der Regierung. Man hätte beispielsw­eise viel früher viel mehr

Impfstoff bestellen und Produktion­sgarantien abgeben müssen, sodass man jetzt rund um die Uhr durchimpfe­n könnte. Der wirtschaft­liche Schaden, der durch Lockdown und verzögerte Impfungen jede Woche entsteht, ist gigantisch. Ein Verbot ist schnell beschlosse­n. Komplexe Projekte wie die Impfung, Schuldigit­alisierung oder Wirtschaft­shilfen enden leider zu oft im Desaster.

Alexander Meyer, 50, ist Rechtsanwa­lt mit Spezi‰ algebiet Urheberrec­ht und Digitalisi­erung. Im Sep‰ tember setzte er sich partei‰ intern als Direktkand­idat der FDP im Wahlkreis Augsburg/Kö‰ nigsbrunn durch.

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