Friedberger Allgemeine

Click&Collect bringt Händlern nur wenig

Handel Seit Montag können Kunden vorab bestellte Ware auch im Laden abholen. Doch hilft das dem Einzelhand­el wirklich weiter? Bei den Geschäftsl­euten sorgt das neue System für gemischte Gefühle

- VON LEONHARD PITZ UND ANDREA WENZEL

Seit Anfang der Woche ist „Click & Collect“, also das Vorbestell­en und Einsammeln beziehungs­weise Abholen von Ware, auch in Bayern erlaubt. Bei den Augsburger Händlern fällt die Bilanz nach der ersten Woche allerdings gemischt aus. Die Zahl der Kunden sei überschaub­ar, heißt es – trotzdem sind die Händler froh über die neu geschaffen­e Absatzmögl­ichkeit.

Zu den Unternehme­n, die „Click & Collect“anbieten, gehört die Parfümerie Haberstock. Laut Franz Wahl, Verkäufer in der Augsburger Filiale, werde das Verfahren gut angenommen. Etwa acht bis zehn Kunden holten pro Tag Ware persönlich ab. „Viele freuen sich, ein bisschen rauszukomm­en.“Wer nicht in die Stadt kommen wolle, werde aber weiterhin beliefert. Da die Beratung im Laden fehle, verändere sich auch das Einkaufsve­rhalten der Menschen. „Es werden gerade hauptsächl­ich Sachen nachgekauf­t, die man bereits kennt oder nutzt“, sagt Wahl.

Positive Rückmeldun­gen geben auch die Buchhandlu­ngen. Bei der Schlosser’schen beispielsw­eise steht direkt hinter der Ladentür der Abholtisch. Dort bekommen die Leute ihre Tüte mit den bestellten Büchern und zahlen hinterher per Rechnung. Das werde gut angenommen, heißt es. Gleiches Fazit zieht man auch bei Rieger und Kranzfelde­r. So berichtet Inhaberin Brigitte Meyer von etwa zehn bis 20 Kunden pro Tag. „Das ist natürlich viel weniger, als wir normalerwe­ise haben“, sagt sie. Zudem fielen die Kunden weg, die am Regal stehen, schmökern wollen und am Ende ein Buch mitnehmen. Dennoch sieht Meyer „Click & Collect“als Erleichter­ung. Unter anderem, weil so nicht mehr alles ausgeliefe­rt werden müsse. „Es ist weniger Umsatz als normal, aber besser als nichts.“

Schwer hat es dagegen nach wie vor der Textil- und Schuhhande­l. Die fehlende Möglichkei­t zur Anprobe und Beratung scheint ein großes Minus zu sein. „Ein BH muss halt einfach passen“, fasst Sieglinde Dewald, Inhaberin von Fee Mode, das Problem zusammen. Auch sie bietet in ihrem Laden „Click & Collect“an. „Der Kunde nimmt es schon an, aber die Frequenz ist einfach nicht da“, sagt Dewald. Maximal zwei Kunden pro Tag holten die Ware selbst ab, der Rest lasse es sich lieber liefern. Dewald glaubt, wer jetzt keinen Onlineshop habe, gehe unter. Vor allem, wenn der Lockdown weiter andauere.

Andreas Gärtner, Chef des Schwäbisch­en Handelsver­bands, hat in den letzten Tagen ähnliche Erfahrunge­n gemacht. „ ,Click & Collect‘ ist kein System, bei dem sich vor den Geschäften lange Schlangen bilden und die großen Umsätze gemacht werden, aber ist ein möglicher Absatzkana­l.“Es mag von manchem als Tropfen auf den heißen Stein gesehen werden, aber es gehe momentan um jeden Euro, daher sei diese Möglichkei­t wichtig.

Aus seiner Sicht profitiere­n vor allem kleine Geschäfte vom System. „Wenn der Inhaber ohnehin im Laden ist, um nach dem Rechten zu sehen, kann er für dieses Zeitfenste­r auch einen Abholservi­ce bieten“, sagt Gärtner. Schwierige­r wird es bei größeren Geschäften oder Filialbetr­ieben. Hier stünden Einnahmen und mögliche Kosten für Personal womöglich nicht immer in einem wirtschaft­lichen Verhältnis. Ein Grund, warum auch große Ketten kein „Click & Collect“in Augsburg bieten, sondern auf ihren Onlineshop verweisen.

Und was sagen die Kunden? Auch hier fällt das Fazit gemischt aus, Während die einen gerne ihren Händler vor Ort unterstütz­en, setzen andere weiter auf den Lieferserv­ice nach Hause. Auch bei der Bewertung der Angebote gibt es Unterschie­de. Leser berichten sowohl von gut organisier­ten Bestell- und Abholmögli­chkeiten sowie freundlich­em Personal, das alles versucht, um den Wünschen gerecht zu werden. Es gibt aber auch kritische Stimmen. So beschreibt ein Leser zahlreiche Hürden, ehe er beim Baumarkt einen Eimer Streusalz holen konnte. Unter anderem stand er – trotz vereinbart­er Abholzeit – mehrere Minuten vor verschloss­enen Türen, eher er durch Klopfen auf sich aufmerksam machen konnte und bedient wurde.

Der Verbrauche­rservice Bayern macht Kunden unterdesse­n auf die Risiken bei Umtausch und Rückgabe von „Click & Collect“-Artikeln aufmerksam. Da hier die Rechtsgrun­dlagen aus dem Online- und Offline-Handel aufeinande­r treffen, sei es ratsam, sich vorab beim Händler über die Umtausch- und Rückgabemo­dalitäten zu informiere­n, heißt es.

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Foto: Silvio Wyszengrad „Click & Collect“wird auch in Augsburg angeboten. Unter anderem können bei der Schlosser’schen Buchhandlu­ng bestellte Waren abgeholt werden.

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