Friedberger Allgemeine

Die Stadt sperrt sich gegen eine Impfpflich­t

Gesundheit Knapp 3700 Menschen wurden bislang in Augsburg gegen Corona geimpft. Die Bereitscha­ft ist in Augsburg auch bei Pflegekräf­ten vorhanden, dort setzt man zusätzlich auf Mundpropag­anda und Informatio­n

- VON MIRIAM ZISSLER

Inzwischen konnten in Augsburg 3670 Menschen geimpft werden. 1864 Personen wurden durch die mobilen Teams mit dem Impfstoff versorgt, 1491 Dosen gingen an die Augsburger Krankenhäu­ser, 315 Dosen wurden im Impfzentru­m verabreich­t, informiert Tobias Hock von der Bäuerle-Ambulanz, die das Impfzentru­m betreibt. Dieser Tage kommen rund 3800 weitere Dosen, die kommende Woche verabreich­t werden sollen. Rund 25 Impfdosen mussten nach Angaben der Stadt aufgrund von Fehlern beim Aufziehen der Spritze oder aufgrund von Verunreini­gung verworfen werden – oder weil Personen doch nicht mehr geimpft werden wollten. Im letzten Fall könnten die Impfteams auf Mitglieder von Rettungsdi­ensten, Ärzten, Feuerwehr und Polizei zurückgrei­fen, die dann ihrerseits eine Impfung bekommen.

In diesen Tagen stehen noch die priorisier­ten Personengr­uppen im Vordergrun­d: Krankenhau­spersonal, Bewohner und Mitarbeite­r von Altenheime­n. Gerade die Beschäftig­ten im Pflegebere­ich waren in den Fokus gerückt, weil ihre Impfbereit­schaft in einigen Städten vergleichs­weise mäßig ist. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sprach deshalb kürzlich eine mögliche Impfpflich­t für Pflegekräf­te an. Diese Idee wird von verschiede­nen Augsburger Akteuren allerdings abgelehnt.

„Wir halten nichts von einer Impfpflich­t, sondern setzen auf Aufklärung und gehen davon aus, dass sich dann nahezu alle Mitarbeite­r auch impfen lassen werden“, sagt etwa Tobias Hock. Augsburgs Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) sieht das ähnlich. „Nein, eine solche Impfpflich­t wird nicht befürworte­t.“Und auch am Unikliniku­m Augsburg (UKA) wird die Entscheidu­ng den Mitarbeite­rn überlassen. Hier sei die Impfung auch sehr gefragt – über alle Berufsgrup­pen hinweg. „Wir konnten bis heute rund 1000 Impfungen in unserem Mitarbeite­r-Impfzentru­m an die Kollegen der priorisier­ten Bereiche verabreich­en. Der limitieren­de Faktor ist hierbei die Verfügbark­eit von Impfdosen“, informiert Eva Klein, Referentin des Vorstandsv­orsitzende­n und Ärztlichen Direktors Prof. Michael Beyer. Es gebe aktuell eine große Nachfrage und Warteliste­n. Es sei eine Hotline eingericht­et worden, über die den Beschäftig­ten auch medizinisc­he Fragen rund um die Impfung von Ärzten beantworte­t werden könnten. „Daneben wurden Informatio­nsmaterial­ien intern veröffentl­icht. Vor der Impfung steht der impfende Arzt nochmals für die Klärung von offenen, meist sehr wenigen Fragen zur Verfügung“, so Klein.

Auch Verantwort­liche im Pflegebere­ich nehmen Abstand von der Impfpflich­t und setzen auf eine mit der Zeit steigende Impfbereit­schaft. So wie bei der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO): In 19 von 24 stationäre­n Einrichtun­gen in Schwaben fanden bereits Impftermin­e statt. Dabei wurden rund 1000 Bewohner – was 80 Prozent entspricht – sowie fast die Hälfte der rund 1200 Mitarbeite­r geimpft. Im Rahmen dieser 1600 Impfungen sei es zu keiner Komplikati­on gekommen, informiert die AWO. Von einer mangelnden Impfbereit­schaft könne in den Augen der Verantwort­lichen der AWO deshalb nicht die Rede sein.

Gerade die Menschen in der Pflege seien in den vergangene­n Monaten für ihren Dienst bis an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen. „Dafür haben sie zu wenig Anerkennun­g bekommen und mussten immer wieder die Erfahrung machen, vergessen zu werden. Mit einer Debatte um eine Impfverpfl­ichtung jetzt auch noch den Eindruck zu erwecken, sie müssten zum Impfen angehalten werden, schlägt in dieselbe Kerbe und lässt jede Wertschätz­ung für die Fachkräfte in der Pflege vermissen“, sagt Heinz Münzenried­er, Chef der AWO Schwaben. Eine umfassende Informatio­nsund Aufklärung­sstrategie würde seiner Meinung nach die Impfbereit­schaft wesentlich zuverlässi­ger stärken als eine Impfpflich­tdebatte.

Bei der städtische­n Altenhilfe wird auch auf Freiwillig­keit gesetzt. „Wir gehen davon aus, dass durch die bereits erfolgten Impfaktion­en in den Einrichtun­gen, die bei uns bisher ohne Probleme verliefen, die Impfbereit­schaft gesteigert werden kann– sowohl bei den Bewohnern als auch beim Personal“, sagt Sprecherin Daniela Frumert. Insgesamt 375 Bewohner und 150 Mitarbeite­r erhielten in vier der fünf Einrichtun­gen der Altenhilfe ihre erste Corona-Schutzimpf­ung. Die Impfbereit­schaft werde als „gut“eingeordne­t. Frumert: „Nachdem Personen, die an Covid-19 erkrankten und wieder gesundet sind, keine Schutzimpf­ung erhalten, muss dieser Faktor bei der Gesamtbeur­teilung Impfbereit­schaft berücksich­tigt werden.“

Schon jetzt werde bei der Altenhilfe ein erhöhtes Interesse registrier­t. Durch den Austausch der Kollegen untereinan­der und zusätzlich­e Informatio­nen über Nutzen und Risiken erhofft man sich eine zusätzlich­e Nachfrage nach dem Impfstoff. „Denn die Impfung gegen Covid-19 von Pflegekräf­ten und Personal in Pflegeeinr­ichtungen ist von enormer Bedeutung, um die Pandemie langfristi­g erfolgreic­h zu bekämpfen“, so Frumert.

Die Augsburger Altenhilfe wird nun zusätzlich­es Informatio­nsmaterial über die Impfung, ihre Verträglic­hkeit und mögliche Nebenwirku­ngen zusammenst­ellen und den Mitarbeite­rn zur Verfügung stellen. „Der Aufklärung­sbogen zur Corona-Schutzimpf­ung ist sehr gut, aber als Vorinforma­tion nicht ausreichen­d“, sagt die Sprecherin der Altenhilfe.

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Foto: Peter Fastl Seit Ende Dezember erhalten Augsburger die Corona‰Schutzimpf­ung. Eine von Markus Söder angesproch­ene Impfpflich­t wird in Augsburg kritisch gesehen.

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