Eltern müde, Technik überlastet
Schulen Seit einer Woche werden Kinder im Homeschooling unterrichtet. Eine ernüchternde Bilanz in Aichach-Friedberg
AichachFriedberg „Die Sendung mit der Maus“spielt eine wichtige Rolle im Homeschooling-Alltag der kleinen Friedberger Familie, wie die alleinerziehende Mutter einer Erstklässlerin seufzend berichtet. Sie selbst arbeitet 35 Stunden die Woche im Homeoffice. „In eineinhalb Stunden sind wir mit dem Unterricht durch. Danach will meine Tochter aber auch beschäftigt sein.“Dass Mama eine Videokonferenz hat oder eine E-Mail beantworten muss – solche Argumente begreift ein Kind nicht. „Gegen elf Uhr bin ich also oft mit den Nerven am Ende und froh, dass bald die ,Maus‘ kommt.“Homeschooling geht Familien an die Substanz.
Das eine ist die Technik: Gleich am Montag brachen die OnlineLern-Plattformen zusammen, das habe sich aber im Laufe der Woche eingespielt, so die Friedbergerin.
Dann die Vermittlung des Unterrichtsstoffes. „An unserer Schule geben sich die Lehrkräfte wirklich Mühe“, lobt die Mutter. Jeden Morgen können die Kinder ein Begrüßungsvideo anschauen, interaktive Aufgaben werden digital bereitgestellt, kleine Aufträge gegeben, die die Kinder fotografieren und einreichen können, Arbeitsblätter hochgeladen. Doch: „Ich habe keinen Drucker. Die Arbeitsblätter kommen am Sonntag für die ganze Woche, also muss ich am Montag mit einem USB-Stick zum Copyshop.“Andere Schulen organisieren das flexibler, dafür geben sich auch nicht alle Lehrer gleich viel Mühe mit dem digitalen Unterricht, weiß die Friedbergerin aus ihrem Bekanntenkreis. Auch halte sich der Lernstoff in der ersten Klasse in Grenzen. „Wir üben jede Woche einen Buchstaben ein.“Schule sei mehr als Wissensvermittung: „Permanent allein zu Hause zu bleiben, ist belastend für ein Kind.“
Dass Distanzunterricht gerade bei jüngeren Schülern an Grenzen stößt, stellt auch Martina Ritzel fest. Sie leitet die Grundschule Griesbeckerzell-Obergriesbach und ist Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). „Die Unterschiede sind extrem: Es gibt Elternhäuser, in denen der Vormittag mit Eins-zuEins-Betreuung komplett durchstrukturiert ist – leider aber auch solche, in denen die Kinder komplett auf sich gestellt sind..“
Wie Ritzel die erste Woche Homeschooling im Wittelsbacher Land benoten würde? „Eine Drei oder Vier“, sagt die BLLV-Kreisvorsitzende. Die Situation sei mit dem Frühjahr zwar nicht mehr zu vergleichen, die Schulen seien viel besser gegen die Anforderungen gewappnet. Die Belastung für Lehrkräfte sei dennoch „enorm“. Neben der erschwerten Unterrichtsarbeit erreiche sie beinahe rund um die Uhr eine „Flut“von Anrufen und E-Mails mit Fragen der Eltern. Auch die Technik habe an den ersten Tagen für Ärger gesorgt.
Zufrieden nach der ersten Woche ist Diana Hertle, Leiterin der Vinzenz-Pallotti-Förderschule in Friedberg, doch habe technisch nicht alles geklappt. Die Schulleiterin sieht die Politik in der Pflicht. „Ich muss dann auch allen den Zugang zum Internet ermöglichen.“
Digital gehe aber auch nicht alles. „Viele können schon die Arbeitsblätter nicht ausdrucken. Die Lehrer bringen sie dann vorbei oder sie können abgeholt werden.“
Und noch etwas sieht Hertle kritisch. „Wir haben Lehrer, die Video-Unterricht machen, aber gleichzeitig ihre eigenen Kinder zu Hause beaufsichtigen müssen.“Dennoch könne der Unterricht per Video den Präsenzunterricht nicht ersetzen. „Gerade in den Klassen eins bis vier ist das schwierig.“
Auch Josef Maisch, Leiter des Meringer Gymnasiums, stellt seinen Lehrern ein sehr gutes Zeugnis aus. Insgesamt würde Maisch die erste Woche im Distanzunterricht mit „gut“bewerten trotz kleinerer technischer Probleme. Lobend hebt er auch die Eltern hervor, dennoch sieht auch er Probleme, sollte die Situation noch länger so weitergehen: „Es fehlt die soziale Komponente, die man nicht unterschätzen darf“, so der Schulleiter.