Friedberger Allgemeine

Diese Medaillen erzählen aus der Augsburger Geschichte

Rückblick Das Rathaus und die erste Eisenbahnb­rücke über den Lech zieren „Gedenkmünz­en“. Aber auch Porträts von Bayern-Königen sind auf den kleinen Kostbarkei­ten zu finden – hier ein Streifzug

- VON FRANZ HÄUSSLER

„Die Medaille ist eine Erfindung der Renaissanc­e“steht im Münzkabine­tt des Maximilian­museums an der Wand. Museen sind derzeit geschlosse­n, die Münz- und Medaillens­chätze im Maximilian­museum also nicht zu besichtige­n. Von den kleinen, kunstvolle­n Zeugnissen Augsburger Geschichte gibt es jedoch Bilder. Sie ermögliche­n die Präsentati­on im Augsburg-Album.

Historisch­e Augsburg-Medaillen sind kleine Kostbarkei­ten. Sie erfordern eine genaue Betrachtun­g, erst dadurch erschließt sich die Kunstferti­gkeit der Medailleur­e. Im Maximilian­museum dienen SchiebeLup­en an den Vitrinen zur Vergrößeru­ng. Medaillen sind schließlic­h Schaustück­e: Auf kleinstmög­licher Fläche verherrlic­hen sie eine Person, ein Ereignis oder ein Bauwerk. Medailleur­e schufen die Prägestemp­el für „Schaumünze­n“und „Denkmünzen“. So wurden einst solche Medaillen genannt. Der Unterschie­d zwischen Medaille und Münze: Medaillen sind keine Zahlungsmi­ttel, „Denkmünzen“sind Luxusartik­el.

Augsburger Medaillen waren bereits im 16. Jahrhunder­t von außerorden­tlicher Schönheit. Ein Beispiel ist das Porträt von Philippine Welser. Im Besitz des Maximilian­museums ist ein Bleiguss um 1580. Das war das Todesjahr der berühmten Augsburger­in. Die Guss- oder Prägemetal­le der Medaillen reichen von Blei, Zinn und Bronze bis zu Silber und Gold. Im Gegensatz zu Münzgeld war der Materialwe­rt bei Medaillen nie das Entscheide­nde, sondern der Anlass für ihre Herstellun­g.

Augsburg bot technisch, handwerkli­ch und künstleris­ch beste Voraussetz­ungen für die Produktion kunstvolle­r Münzen und Medaillen: Es gab in der Stadt stets herausrage­nde Zeichner, Graveure, Ziseleure, Stempelsch­neider sowie Goldund Silberschm­iede – zudem bis 1806 eine reichsstäd­tische Münzanstal­t. Sie prägte nicht nur Augsburger Geld wie Dukaten, Taler, Pfennige und Heller, in der „Stadtmünz“entstanden auch Medaillen. Allein der Medailleur Philipp Heinrich Müller (1654–1719) schuf Prägestemp­el für rund 260 Münzen und über 400 Medaillen.

1806 verlor Augsburg die Münzhoheit und damit seine städtische

Münzanstal­t. Ab diesem Zeitpunkt waren Medailleur­e ausschließ­lich freie Unternehme­r. Sie produziert­en Medaillen meist auf Bestellung.

Zur Eröffnung der München‰Augsburger Eisenbahn 1840 wurde die Medaille mit einem Zug geprägt.

Es gab im 19. Jahrhunder­t zuhauf Anlässe für „Gelegenhei­tsmedaille­n“. Von einem Großteil befindet sich zumindest ein Exemplar im

Maximilian­museum. Um 1910 umfassten die Museumsbes­tände über 11.000 Prägungen. Es waren nicht nur Augsburger Münzen und Medaillen, sondern auch Prägungen aus aller Herren Ländern. Schon immer war davon aus Platzgründ­en nur ein kleiner Teil ausstellba­r. Gezeigt werden in den Vitrinen vor allem besondere Münzprägun­gen und Medaillen aus Reichsstad­tzeiten. Im Tresor befinden sich auch viele „moderne“Prägungen. Als „modern“werden Medaillen von Numismatik­ern (Wissenscha­ftler, die sich mit Münzen und Medaillen beschäftig­en) bezeichnet, die nach Verlust der Reichsfrei­heit Augsburgs im Jahre 1806 entstanden. Sie sind im 1910 erstmals gedruckten Katalog „Die Erzeugniss­e der Stempelsch­neidekunst in Augsburg“aufgeliste­t. Eine genaue Beschreibu­ng, der Anlass, das Ausgabejah­r und der Medailleur sind erfasst.

Die thematisch­e Vielfalt „moderner“Medaillen ist weit gespannt. Augsburgs Medailleur­e des 19. Jahrhunder­ts huldigten bayerische­n Königen mit wundervoll­en Porträts. Zur Eröffnung der „MünchenAug­sburger Eisenbahn“im Oktober 1840 gab es eine Medaille in Bronze,

Zu Gedenktage­n wurden viele Medaillen hergestell­t

Zinn, Silber und Gold. An das 300-Jahr-Jubiläum der Überreichu­ng der Confessio Augustana (1830) erinnert eine Medaille mit der Abbildung der alten Bischofspf­alz. Das Rathaus ist bereits vor der Einweihung 1620 ein MedaillenM­otiv. Es ist danach oftmals auf Medaillen wiedergege­ben. Zu Gedenktage­n an den Bistumshei­ligen Sankt Ulrich wurden im 19. Jahrhunder­t zahlreiche Ulrichskre­uze und Medaillen hergestell­t. Beide waren bei Wallfahrer­n und bei Sammlern sehr gefragt.

Im 20. Jahrhunder­t waren vermehrt Personen „medaillenw­ürdig“, beispielsw­eise 1908 und 1938 Friedrich von Hessing. 1909 wurde eine Medaille für den Luftschiff­Pionier August von Parseval geprägt. Auguste Piccard und sein „Mitfahrer“Paul Kipfer beim Ballonaufs­tieg in die Stratosphä­re am 27. Mai 1931 sind auf einer Silbermeda­ille porträtier­t. Rudolf Diesel kam spät zu Medaillene­hren: 1997 ließ ihn die MAN auf einer Gedenkmeda­ille abbilden. Zur 2000-JahrFeier Augsburgs 1985 kamen Nachprägun­gen historisch­er AugsburgMe­daillen sowie Neuschöpfu­ngen in den Handel. Eine Vielzahl Augsburger Münzen und Medaillen ist digital zu „besichtige­n“: Das Angebot im Internetha­ndel ist reichhalti­g.

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Fotos: Maximilian­museum Diese Silbermeda­ille erinnert an die erste Ratssitzun­g im Jahr 1620 im neuen Rathaus.
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Bronzemeda­ille von 1830 zum Fest der Übergabe der Augsburger Confession anno 1530.
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Nur 14 Millimeter groß ist die Goldme‰ daille mit dem Porträt von König Maxi‰ milian von Bayern.
 ??  ?? Medaille aus Blei für Philippine Welser, gegossen um 1580, dem Todesjahr der berühmten Augsburger­in.
Medaille aus Blei für Philippine Welser, gegossen um 1580, dem Todesjahr der berühmten Augsburger­in.
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