Aus Mangel an MicroChips
Wegen Corona brach im Frühjahr weltweit der Autoabsatz ein. Halbleiter-Hersteller reagierten und stellten die Produktion um. Das führt nun dazu, dass auch bei VW und Audi wieder Schichten ausfallen. Kurzarbeit inklusive
Augsburg Die Produktion hat zwar wieder angezogen. Dennoch bereiten die diversen Auswirkungen der Corona-Pandemie der Automobilindustrie gerade neue Probleme. Die Branche hat beim Gasgeben quasi den Motor abgewürgt. Es geht dabei um unterbrochene Lieferketten, genauer gesagt um den Halbleiter-Nachschub.
Halbleiter sind für Autos wichtig, weil sie in Steuergeräten, für Microchips oder Sensoren verwendet werden. Und daran besteht gerade Mangel. Die Gründe dafür sind komplex: Zum einen mangelt es gerade an Silizium, dem für Halbleiter notwendigen Rohstoff. Nicht weil es davon nicht genügend gäbe. Aber nach Angaben der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) stockt die Produktion im für die globale Produktion maßgeblichen China. Ein Grund dafür soll sein, dass für bestimmte Schmelzanlagen Strom zur
Produktion gefehlt habe. Weil es zu trocken war, fehlte es in einigen Regionen an Wasserkraft. Hinzu kämen zudem coronabedingte Produktionsausfälle. Zum anderen hatten Halbleiter-Hersteller ihre Produktion an anderen Kunden ausgerichtet, nachdem in den Autofabriken weltweit zu Beginn der Pandemie im ersten Lockdown die Bänder stillstanden. Inzwischen läuft das Geschäft wieder. Bloß fehlen jetzt Halbleiter.
Nur zum Beispiel: Bei Audi, VW und Daimler musste deshalb die Produktion wieder gedrosselt werden. Alle drei Hersteller haben haben deshalb Kurzarbeit angemeldet. Die Audi-Werke in Ingolstadt und Neckarsulm sind betroffen, VWStandorte in Wolfsburg, Emden, Braunschweig und Kassel ebenfalls. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) geht es aber um die weltweite Automobilindustrie. In einem Statement heißt es: „Global wird intensiv daran gearbeitet, die Versorgung
mit Halbleitern – insbesondere auf der Ebene der Chip-Hersteller – sicherzustellen.“Der VDA habe deshalb bereits Gespräche mit der Bundesregierung aufgenommen.
Bis wann das Problem gelöst wird, ist noch unklar. Während ein Audi-Sprecher am Donnerstag auf Anfrage mitteilte, dass man aktuell davon ausgehe, an den deutschen Standorten im Februar das geplante Produktionsniveau „wieder weitestgehend erreichen zu können“, sagte ein VW-Sprecher: „Wir erwarten eine Entspannung ab dem 2. Quartal 2021.“
Auto-Experte Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, sagte unserer Redaktion: „Das ist ein größeres Problem“, das noch Monate dauern könne. ChipLieferanten könnten ihre Produktionsprozesse, die spezifisch an den Kunden ausgerichtet seien, auch nicht kurzfristig umstellen. Zudem habe die Chip-Nachfrage der Entertainment-Industrie
in der CoronaPandemie auch nicht nachgelassen.
Der Zentralverband Elektrotechnikund Elektronikindustrie (ZVEI) bestätigt, dass die Autohersteller im Frühjahr 2020 ihre Bestellungen
bei den Chip-Produzenten deutlich zurückgenommen hätten, in der Erwartung, dass der Automarkt stark nachlassen würde. Die frei gewordenen Kapazitäten seien danach von Unternehmen aus der Unterhaltungselektronik und Medizintechnik übernommen worden. Auch beim ZVEI rechnet man damit, dass die Sache dauert: Die Chip-Produktion erfolge global und stark arbeitsteilig. „Ein Chip umkreist zweieinhalbmal die Erde, bevor er verbaut wird. Die Produktion lässt sich deshalb nicht auf Knopfdruck umstellen“, heißt es vom Verband weiter. Es werde noch einige Monate dauern, bis die Belieferung der Automobilhersteller wieder vollends läuft.
Auto-Fachmann Stefan Bratzel empfiehlt den Herstellern, zu überlegen, wie sie künftig strategisch mit ihren Lieferanten umgehen. Diese seien eben nicht mehr so abhängig von den Bestellungen der Autokonzerne.