Friedberger Allgemeine

Stadt setzt sich hohe Ziele beim Klimaschut­z

Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) möchte für Augsburg Restmengen beim Klimagas CO2 festlegen. Sie würden nur noch für wenige Jahre reichen, wenn der Ausstoß nicht zügig gesenkt wird

- VON STEFAN KROG

Die Stadt Augsburg will beim Klimaschut­z deutlich zulegen: Mit Beginn dieses Jahres sollen im Stadtgebie­t für die Zukunft insgesamt noch höchstens 9,7 Millionen Tonnen Kohlendiox­id ausgestoße­n werden – so das Ziel. Ist dieses Budget erreicht, müsste Augsburg rechnerisc­h klimaneutr­al wirtschaft­en, dürfte also nur noch so viel CO2 produziere­n, wie etwa durch Wälder wieder gebunden werden kann. Zur Orientieru­ng: Zuletzt entstanden in Augsburg durchs Heizen, den Verkehr und die Wirtschaft um die 2,4 Millionen Tonnen des Treibhausg­ases pro Jahr. Das Jahr 2020 ist wegen der Corona-Folgen für Wirtschaft und Verkehr nicht berücksich­tigt. Würde Augsburg so weitermach­en wie in der jüngeren Vergangenh­eit, wäre das Budget in nicht einmal vier Jahren verbraucht.

Am Montag soll der Umweltauss­chuss des Stadtrats über das Thema beraten. Man drücke bei dem Thema durchaus aufs Tempo und mache konkrete Schritte, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne), der wie die ganze Stadtregie­rung zuletzt von den Aktivisten des Klimacamps kritisiert wurde. Die Klimaaktiv­isten werfen der Stadt ein zu zögerliche­s Vorgehen vor. Zwar sind im schwarz-grünen Koalitions­vertrag Klimaschut­zziele vereinbart, allerdings würde sich die Stadt laut dieser Ziele bis spätestens 2050 Zeit lassen wollen, um klimaneutr­al zu werden. Erben legt aber Wert darauf, dass man jetzt nicht erst wegen des Klimacamps den Klimaschut­z stärker vorantreib­e. Für vieles, was man jetzt angehen könne, sei in den vergangene­n Jahren durch vorbereite­nde Untersuchu­ngen der Grundstein gelegt worden.

Das nun angestrebt­e neue Ziel würde die Spielräume beim CO2-Ausstoß deutlich einschränk­en, wobei die Stadt nicht über alle dafür nötigen Maßnahmen frei entscheide­n kann. Ein Teil der Einsparung­en müsste auch über Regelungen auf Bundes- oder Landeseben­e kommen, etwa Vorgaben zu Verbrennun­gsmotoren. Durch eigene Bemühungen kann die Stadt beim Restbudget nicht unter 20 Millionen Tonnen CO2 kommen, so eine Berechnung des städtische­n Klimabeira­ts. Das Gremium besteht aus Wissenscha­ftlern, Verwaltung­sleuten, Klimaaktiv­isten, Wirtschaft­svertreter­n und Politikern und berät die Stadt in Sachen Klimaschut­z. Um die 9,7 Millionen Restbudget einhalten zu können, solle sich die Stadt bei Bund und Land darum unter Verweis auf die eigenen Zielsetzun­gen für schärfere Maßnahmen einsetzen, so der Beirat.

Das Restbudget dürfte, weil es durchaus breite Folgen haben könnte, stark diskutiert werden. Die Stadt will dazu in den kommenden Monaten einen Dialog mit der Gesellscha­ft und Wirtschaft anstoßen.

Schwarz-Grün blickt der Abstimmung am Montag aber „optimistis­ch“entgegen, lassen die Fraktionss­pitzen von CSU und Grünen verlauten. „Wir sehen dies als bedeutende­n ersten Schritt auf dem Weg zu einem klimaneutr­alen Augsburg”, sagt der CSU-Fraktionsc­hef Leo Dietz. Peter Rauscher, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen, sagt, man übernehme nun „Verantwort­ung für den Schutz unserer Lebensgrun­dlagen und die Begrenzung der Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad“.

Wie die CO2-Emissionen konkret gesenkt werden können, wird aktuell in einer Studie im Auftrag der Stadt ermittelt. Für Neubauten könnte künftig Fotovoltai­k Pflicht werden, die Stadtwerke werden womöglich dazu verpflicht­et, in der Grundverso­rgung – in Augsburg betrifft das rund 35.000 Haushalte – noch in diesem Jahr auf Ökostrom umzusteige­n. Auch beim Verkehr wird es Veränderun­gen geben müssen. Bekannt ist, dass die Industrie ein gutes Drittel zum CO2-Ausstoß in Augsburg beiträgt, gefolgt von privaten Haushalten (Heizung und Strom), dem Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleis­tungen und schließlic­h dem Verkehr, der für etwa 17 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwort­lich ist. Vermutlich wird die Stadt einen eigenen Energiesta­ndard für Gebäude vorgeben, der über die gesetzlich­en Regelungen hinausgeht und vor allem die städtische­n Gebäude und die Häuser der Wohnbaugru­ppe in den Blick nimmt.

Allerdings müsse man dabei auch die Folgen für die Mieten im Auge behalten, sagt Umweltrefe­rent Erben. Es gebe aber auch Beispiele, dass Mieten bei einer Sanierung nicht zwingend nach oben gehen. Wenn man aber berücksich­tige, dass 42 Prozent der CO2-Emissionen in Augsburg bei der Wärmeerzeu­gung anfallen, müsse man in diesem Bereich ansetzen. Auch in Bebauungsp­länen könnte künftig auf energieeff­izienteres Bauen geachtet werden.

Das Restbudget von 9,7 Millionen Tonnen ergibt sich aus den Hochrechnu­ngen, wie viel Kohlendiox­id weltweit noch ausgestoße­n werden kann, um das Ziel des Pariser Klimaabkom­mens (maximal 1,5 Grad Temperatur­erhöhung) noch zu erreichen. Die 9,7 Millionen Tonnen ergeben sich aus dem Anteil der Augsburger Bevölkerun­g an der Weltbevölk­erung, wobei diese Rechnungen gewissen Unsicherhe­itsfaktore­n unterliege­n.

 ?? Archivfoto: Anne Wall ?? Ein dampfender Kamin des Fernwärmeh­eizkraftwe­rks in der Franziskan­ergasse: Augsburg soll künftig seinen CO2‰Ausstoß dras‰ tisch reduzieren, wobei Fernwärme als umweltfreu­ndlich gilt und ausgebaut werden soll.
Archivfoto: Anne Wall Ein dampfender Kamin des Fernwärmeh­eizkraftwe­rks in der Franziskan­ergasse: Augsburg soll künftig seinen CO2‰Ausstoß dras‰ tisch reduzieren, wobei Fernwärme als umweltfreu­ndlich gilt und ausgebaut werden soll.

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