Friedberger Allgemeine

Klinik-Chef: Kein Corona-Ausbruch

Landratsam­t und Klinik weisen Vorwürfe zurück, es habe massive Probleme mit dem Virus am Friedberge­r Krankenhau­s gegeben. Sie bestreiten auch, etwas verheimlic­ht zu haben

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach-Friedberg In der Diskussion um positiv auf Corona getestete Mitarbeite­r und Patienten am Krankenhau­s Friedberg hat Dr. Hubert Mayer, Geschäftsf­ührer der Kliniken an der Paar, auf Anfrage unserer Redaktion seine Position konkretisi­ert. Am Mittwoch hatte er sich im Werkauschu­ss geäußert. Ein Kernpunkt seiner Argumentat­ion lautet: Es habe keinen Ausbruch gegeben. Daher habe keine Veranlassu­ng bestanden, die Öffentlich­keit zu informiere­n. Mayer betont: „Wir haben nichts zu verheimlic­hen.“Damit begegnet er Vorwürfen, die Kliniken hätten die Öffentlich­keit unzureiche­nd informiert.

Doch ab wann spricht man von einem Ausbruch? Und wer stellt ihn fest? Mayer sagt: „Die Lufthoheit liegt beim Gesundheit­samt.“Stelle es einen Ausbruch fest, liefen dort alle Informatio­nen zusammen. Das war bereits bei zahlreiche­n Seniorenhe­imen und weiteren Einrichtun­gen der Fall. Unter anderem über den Stand in betroffene­n Einrichtun­gen berichtet das Landratsam­t jeden Werktag per Pressemitt­eilung und auf seiner Internetse­ite.

Bislang kamen die Kliniken, bis auf 30. Dezember, darin nicht als betroffene Einrichtun­g vor. Am Donnerstag versandte das Landratsam­t eine Pressemitt­eilung mit den Kliniken zur Corona-Situation in Friedberg. Dort habe es im Dezember „einen wahrnehmba­ren Anstieg an Krankheits­fällen, auch an Coronafäll­en“gegeben. Weiter heißt es: „Dennoch gab es nach übereinsti­mmender Einschätzu­ng von Staatliche­m Gesundheit­samt und Klinikleit­ung dort kein aktuelles CoronaAusb­ruchsgesch­ehen.“Und: „Über positiv getestete Mitarbeite­r werden wir auch künftig nur berichten, wenn ein aktuelles Ausbruchsg­eschehen vorliegt und in diesem Zusammenha­ng Reihentest­ungen durchgefüh­rt werden.“Positiv getestete Patienten in Friedberg würden seit Mittwoch täglich mitgeteilt.

Dazu, wann der Begriff „Ausbruch“verwendet wird, gibt es Definition­en verschiede­ner Stellen. Die Pressestel­le der Regierung von Schwaben schreibt: „Von einem Ausbruchsg­eschehen in einem Krankenhau­s spricht man, wenn die Übertragun­g einer Infektion innerhalb eines Krankenhau­ses erfolgt und sich dort weiterentw­ickelt.“

Das Robert-Koch-Institut macht die Definition zudem von der Zahl der Infizierte­n – mindestens zwei – abhängig: „Von einem nosokomial­en Ausbruchsg­eschehen im Sinne des Infektions­schutzgese­tzes spricht man, wenn bei zwei oder mehr Personen nosokomial­e Infektione­n (im zeitlichen Zusammenha­ng mit einer stationäre­n oder einer ambulanten medizinisc­hen Maßnahme), bei denen ein epidemisch­er Zusammenha­ng wahrschein­lich ist oder vermutet wird, auftreten.“Eine „nosokomial­e“Infektion liegt vor, wenn sich Patienten im Rahmen einer Behandlung zum Beispiel im Krankenhau­s mit einem Erreger infizieren. Laut Gesundheit­samt geht es bei der Feststellu­ng eines Ausbruchs „vor allem um die Frage, ob sich zwischen den Fällen epidemiolo­gische Zusammenhä­nge ergeben“. Das werde in Friedberg ermittelt.

Mayer hingegen sieht einen Ausbruch gegeben, wenn in mindestens zwei Fällen zur gleichen Zeit eine nicht nachvollzi­ehbare (!) Infektüber­tragung stattfand. Das sei in Friedberg nicht passiert. Es habe zwar Infektüber­tragungen gegeben. „Doch die konnten wir nachvollzi­ehen und alle Maßnahmen ergreifen“– meist Isolations­maßnahmen. Alle Patienten würden vor der Aufnahme getestet. Eine Gefahr sei vor allem, wenn negativ Getestete später positiv würden, bis dahin aber keine Symptome zeigten. Von den Mitarbeite­rn schaue er selbst an Wochenende­n die Befunde durch, damit sie bei einem positiven Test schnell in Quarantäne geschickt würden.

Wenige Mitarbeite­r unter Quarantäne – derzeit in Friedberg drei – stellten keine Gefahr für den Betrieb dar. Träfen an einem Tag schlagarti­g Dutzende positive Befunde ein, sei die Lage anders. Mayer bleibt dabei: Er sehe aktuell weiter keinen Grund, über positive Ergebnisse von Mitarbeite­rn zu informiere­n: „Ich informiere nicht, wenn das keine Konsequenz­en für die Patienten, uns und die Patientens­icherheit hat.“

Zumal die Meldewege von Gesundheit­sämtern aus anderen Städten oder Landkreise­n, wo viele Mitarbeite­r wohnten, oft länger seien als in Aichach-Friedberg. Seine Sorge: „Die Zahlen impliziere­n Fehlinterp­retationen.“Daher sei es „in meinen Augen unsinnig, täglich zu informiere­n, wie viele Mitarbeite­r positiv getestet sind“. Er verstehe auch nicht, warum das bei Ausbrüchen in Heimen sein müsse. Gesundheit­samtsleite­rin Dr. Kirsten Höper hatte das im Werkaussch­uss mit dem öffentlich­en Interesse begründet. Mayer unterstric­h, die Kliniken würden umgehend informiere­n, wenn es etwas Relevantes gebe.

Er verwies erneut auf deren strenges Hygienekon­zept. Der oberste Klinik-Hygieniker sei der ehemalige Chefarzt der Kliniken München. Begehungen zu Hygienefra­gen seien an der Tagesordnu­ng. Eine Begehung des Krankenhau­ses durch das Gesundheit­samt fand laut Landratsam­t bisher nicht statt. Mayer sagt: „Das machen wir mit unseren Teams.“Es wäre „grotesk“, wenn das Gesundheit­samt vor Ort sein müsste. Mit diesem finde „eine ganz offene, kritische Kommunikat­ion“statt.

Landratsam­t und Kliniken teilten mit, seit Montag sei die Taskforce des Landesamts für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) eingebunde­n, um das Hygienekon­zept und seine Umsetzung durch Experten von außen überprüfen zu lassen. Das habe das Gesundheit­samt auf Wunsch der Kliniken veranlasst. Wie auf der LGL-Internetse­ite zu lesen ist, unterstütz­t die Task-Force neben weiteren Aufgaben bei Bedarf die Gesundheit­sämter. „Dies betrifft vor allem schwerwieg­ende oder landkreisü­bergreifen­de Infektions­ausbrüche“. Landratsam­t und Kliniken versichern: „Das Staatliche Gesundheit­samt hat die Entwicklun­g im Krankenhau­s Friedberg weiter genau im Blick.“

 ?? Foto: Ute Krogull (Archiv) ?? Eine Taskforce des LGL überprüft seit Montag das Hygienekon­zept am Friedberge­r Krankenhau­s. Das Gesundheit­samt hat das auf Wunsch der Kliniken an der Paar veranlasst.
Foto: Ute Krogull (Archiv) Eine Taskforce des LGL überprüft seit Montag das Hygienekon­zept am Friedberge­r Krankenhau­s. Das Gesundheit­samt hat das auf Wunsch der Kliniken an der Paar veranlasst.

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