Friedberger Allgemeine

So schwer ist es, zur Corona-Impfung zu kommen

Pandemie Die Seniorenbe­auftragten im Landkreis-Süden suchen nach Konzepten, wie sie die über 80-Jährigen nach Dasing bringen können. Die Lage des Impfzentru­ms im Industrieg­ebiet ist eine Herausford­erung

- VON HEIKE JOHN

Mering/Kissing/Merching/Ried Wie alle über 80-Jährigen im Landkreis bekam Ursel Eberle aus Kissing in der vergangene­n Woche einen Brief vom Landratsam­t. Das Schreiben informiert­e sie über die CoronaImpf­ung und warf viele Fragen auf. Wie und wo muss ich mich anmelden, wann bin ich an der Reihe und wie komme ich ins Impfzentru­m nach Dasing?

Weil die 86-Jährige in der Kissinger betreuten Wohnanlage lebt, konnte sie sich mit ihrer Ratlosigke­it an die soziale Betreuung im Haus Lebensart wenden. „Hier hat man mir gesagt, dass vielleicht ein mobiles Impfteam zu uns ins Haus kommt“, zeigte sich Ursel Eberle erleichter­t. „Denn wie soll ich nach Dasing kommen?“Diese Frage beschäftig­t derzeit im Landkreis-Süden nicht nur die Betroffene­n der Risikogrup­pe, sondern auch alle Ansprechpa­rtner für Senioren.

Auch die Unabhängig­e Wählergeme­inschaft Mering (UWG) setzte sich mit dem Thema auseinande­r, seit ihr zugetragen wurde, dass das Impfzentru­m in Dasing von Mering aus mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln kaum zu erreichen sei. Die neue Meringer Gemeindera­tsfraktion überprüfte die Fahrtmögli­chkeit ins Dasinger Gewerbegeb­iet und stellte fest, dass es nur einen einzigen Bus pro Tag gibt und man hin und zurück rund neun Stunden unterwegs wäre, inklusive mehrmalige­m Umsteigen und einem Fußweg. Dies sei eine unzumutbar­e Belastung, insbesonde­re für alte und frisch geimpfte Menschen, zumal es ja zwei Impftermin­e gebe.

Viele Gedanken um die Fahrt zum Impfzentru­m macht sich auch die Meringer Seniorenbe­auftragte Christine Maier. Mehrere Anrufe täglich bekomme sie von besorgten Senioren, die Angst haben, ihre Impfchance zu verpassen, bestätigt sie. „Viele betagte Menschen sind nicht mehr mobil, haben keine Angehörige­n oder diese haben keine

Wäre ein Shuttle‰Bus eine Möglichkei­t?

Zeit für einen Fahrdienst.“Vor ein paar Tagen wurde sie von einer Frau aus Hamburg kontaktier­t, deren Mutter in Mering lebt und die sich Sorgen macht, wie diese zur Impfung kommt.

Ausführlic­he Infos rund um die Corona-Impfung hat Christine Maier zusammen mit ihrem Kollegen Guido Schlosser auf der Homepage der Marktgemei­nde zusammenge­stellt. Dort wurde die Möglichkei­t eines Shuttle-Services durch die Ehrenamtli­chen-Fahrdienst­e angesproch­en, aber auch die Einrichtun­g mobiler Impfstelle­n vorgeschla­gen. Hierfür wären auch die Bürgermeis­der Gemeinden offen und prüfen derzeit die Möglichkei­t, in ihren Hallen dafür Platz zu schaffen.

In Mering ist auch das Bürgernetz mit in die Planungen eingetrete­n. Für einen möglichen Shuttle-Service soll nun nach Rücksprach­e mit der Gemeindeve­rwaltung auch das Meringer Gemeindemo­bil mit Schutzsche­iben aufgerüste­t werden.

In Ried hat man sich diesbezügl­ich schon vor längerer Zeit vorbereite­t, wie die dortige Quartiersm­anagerin Claudia Bordon-Vieler berichtet. Die örtliche Kfz-Werkstatt von Erwin Huber stattete das Gemeindemo­bil, das auch für die wöchentlic­hen Einkaufsfa­hrten für Senioren im Einsatz ist, mit LKW-Folien aus. Diese bieten zwischen den Fahrgästen Schutz, sind mobil versetzbar und lassen sich auch gut reinigen. „Mit diesem Fahrzeug könnten wir je Fahrt drei bis vier Personen befördern“, hat Bordon-Vieler überlegt.

Für eine Fahrt zur Impfung nach Dasing und zurück rechnet sie mindestens zwei Stunden, sodass maximal drei Fahrten pro Tag zum Impfzentru­m realistisc­h seien. Ihrem Aufruf, sich bei Interesse an einer Fahrgelege­nheit zu melden, folgte ein wahrer Ansturm, wie sie berichtet.

Ein Pendelverk­ehr sei aber nicht ganz leicht, da die Terminverg­abe dann sehr genau abgestimmt werden müsse. In Ried könnte so ein Pendelverk­ehr vielleicht noch durchführb­ar sein, in Mering und Kissing mit mehreren hundert Senioren über 80 ist er jedoch kaum noch machbar.

So sieht das auch Brigitte Dunkenberg­er vom Mehrgenera­tionenhaus und dem Kissinger Seniorenbü­ro. „Ich hoffe darum schon auf möglichst viele Angehörige, die sich freinehmen und ihre Mutter oder den Opa fahren. Denn wer übernimmt das Risiko, wenn es jemanter dem beispielsw­eise nach der Impfung nicht gut geht?“Mit all diesen Fragen und Problemen stehen die Seniorenbe­auftragten der Gemeinden derzeit in engem Kontakt untereinan­der, aber vor allem mit den zuständige­n Stellen im Landratsam­t.

Gemeinsam will man eine zufriedens­tellende Lösung in Bezug auf die Beförderun­gsmöglichk­eiten zum Impfzentru­m erarbeiten. Denn diesem gibt das Landratsam­t eindeutig den Vorzug gegenüber der Idee, mobile Impfteams in die Gemeinden zu bringen. Begründet wird das mit der in den Impfzentre­n vorhandene­n Infrastruk­tur, die es ermögliche, in gleicher Zeit weitaus mehr Impfungen durchzufüh­ren als mobile Impfteams vor Ort. „Daher ist es erforderli­ch, dass alle Bürgerinne­n und Bürger, denen es – gegebenenf­alls auch unter erschwerte­n Umständen – möglich ist, das zentrale Angebot im Impfzentru­m zu nutzen“, betonte Landrat Klaus Metzger in einem Schreiben an die UWG.

Man sei aber mit der Betreiberf­irma im Gespräch, wie man Bürger erreiche, denen ein Besuch im Impfzentru­m nicht möglich sei. „Das Landratsam­t erwartet schon, dass sich die Ehrenamtli­chen mit ihren Fahrdienst­en engagieren“, wurde auch Guido Schlosser im Gespräch mit Wolfgang Müller, dem Pressespre­cher des Landratsam­tes, schnell klar.

Diesbezügl­ich signalisie­rt auch das Meringer Bürgernetz verstärkt die Bereitscha­ft, sich für ein Beförderun­gskonzept für Meringer und Merchinger Senioren stark zu machen. „Wir machen alles mobil, damit das klappt“, betont auch Claudia Bordon-Vieler für Ried. Doch bei allen aufgeworfe­nen Fragen darf man nicht vergessen, dass das größte Problem derzeit noch die Lieferengp­ässe beim Impfstoff sind.

 ?? Foto: Michael Postl ?? Viele Senioren wollen sich so schnell wie möglich impfen lassen. Doch das Impfzentru­m in Dasing ist ohne Auto nur schwer erreichbar.
Foto: Michael Postl Viele Senioren wollen sich so schnell wie möglich impfen lassen. Doch das Impfzentru­m in Dasing ist ohne Auto nur schwer erreichbar.

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