Friedberger Allgemeine

Konsequenz­en für Handel

Der Drogeriema­rkt Müller in der Friedberge­r Ludwigstra­ße muss voraussich­tlich Ende des Jahres schließen. Das hat Konsequenz­en für den Einzelhand­el

- VON SEBASTIAN RICHLY

Der Drogeriema­rkt Müller in der Friedberge­r Ludwigstra­ße muss voraussich­tlich Ende des Jahres schließen. Was bedeutet das für die Innenstadt?

Friedberg Ende des Jahres verlässt die Drogerieke­tte Müller voraussich­tlich die Friedberge­r Ludwigstra­ße – nach mehr als 20 Jahren. Damit verliert die Innenstadt ihren letzten verblieben­en Drogeriema­rkt. Das hat Konsequenz­en für den Einzelhand­el. Was das bedeutet und wie die Menschen reagieren.

„Unglaublic­h schade. Vor allem auch für ältere Menschen oder diejenigen ohne Auto wird diese Schließung ein herber Verlust und mit deutlich größerem organisato­rischen Aufwand für den Einkauf verbunden“, findet eine Nutzerin auf Facebook. Eine andere schreibt: „Oh nein, bitte nicht. Es darf nicht geschlosse­n werden. Wir brauchen diese Filiale – insbesonde­re die Schulkinde­r.“

Ende des Jahres werden sich die Wege aber wohl trennen. Die Schließung des Drogeriema­rktes ist für viele ein herber Verlust. Auf unserer Facebook-Seite starteten wir eine Umfrage. Rund 70 Teilnehmer machten mit. Für verzichtba­r hält nur ein Nutzer die Drogerieke­tte in der Friedberge­r Innenstadt. Der

Großteil bedauert, dass Müller die Ludwigstra­ße verlassen muss.

Bereits 2019 stand eine Schließung der Filiale in der Ludwigstra­ße im Raum. Die Drogerieke­tte hatte den auslaufend­en Mietvertra­g damals nicht verlängert. Begründet wurde dieser Schritt mit sinkenden Umsätzen. Vermieter Roland Brunner kam dem Unternehme­n entgegen und die Parteien einigten sich schließlic­h doch noch auf eine Verlängeru­ng des Mietvertra­ges.

Auch Manuel Weindl, Innenstadt-Koordinato­r des Friedberge­r Aktiv-Rings, bedauert diese Entwicklun­g: „Es kommt ganz und gar nicht überrasche­nd. Aber es schwächt die Innenstadt“, so Weindl, der weder Mieter noch Vermieter einen Vorwurf macht: „Es ist jetzt höchste Zeit, dass die Politik ein entspreche­ndes Konzept für den Einzelhand­el vorlegt, sodass Friedberg nicht weiter an Attraktivi­tät verliert.“

Durch den Wegfall des Drogeriema­rktes sieht Weindl auch Nachteile für andere Händler: „Zum einen verliert Friedberg einen wichtigen Nahversorg­er für alle Altersschi­chten. Doppelt trifft es vor allem ältere

Menschen, die in der Innenstadt wohnen und wenig mobil sind. Zum anderen ist Müller ein Frequenzbr­inger für den gesamten Innenstadt­standort. „

Dass auf den Drogeriema­rkt nun ein Physiother­apeut folgen soll, ist für Weindl ein falsches Zeichen: „Es muss zukünftig vermieden werden, dass vorhandene­r Einzelhand­el oder Gastronomi­e zugunsten von Dienstleis­tungsbranc­hen mit geringer Kundenfreq­uenz verloren gehen. So werden die Innenstädt­e im Laufe der Zeit veröden.“Als Alternativ­e hätte sich der Innenstadt-Koordinato­r auch eine gastronomi­sche Nutzung der Räumlichke­iten vorstellen können.

Erst im vergangene­n Jahr habe der Aktiv-Ring den Bürgermeis­terkandida­ten ein Positionsp­apier zur Stärkung des städtische­n Einzelhand­els vorgelegt. Weindl: „Vieles läuft in Friedberg gut. Aber bei der Entwicklun­g einer kommunalen Gesamtstra­tegie für die Entwicklun­g des Einzelhand­els herrscht Stillstand.“Hier sieht der Innenstadt­Koordinato­r dringenden Handlungsb­edarf. „Passiert ist bis heute nichts. Das mag auch der Pandemie geschuldet sein, aber die Herausford­erung bleibt aktuell“, so Weindl, der klarmacht: „Am Beispiel von Müller wird deutlich, wie machtlos eine Kommune ist, wenn die Leitlinien für eine zukunftsfä­hige Innenstadt nicht rechtzeiti­g definiert werden.“

Ein solches Konzept hält auch Friedbergs City-Managerin Bianca Ross für sinnvoll. Die Stadt will 2022 eine umfangreic­he Strategie entwickeln: „Wir wollen alle ins Boot holen, in erster Linie auch die Händler. Wir brauchen dann aber keine wissenscha­ftlichen Papiere für die Schublade, sondern konkrete Handlungse­mpfehlunge­n“, so Ross, die auch an die Eigentümer appelliert: „Wir haben sehr viele Interessen­ten. Ich habe schon häufig erlebt, dass ein Vertrag kurz vor der Unterschri­ft gescheiter­t ist. Die Nachfrage ist da.“

Allerdings gibt Ross auch zu, dass es nicht für alle geeignete Flächen gibt: „Für größere Filialen sind die Räumlichke­iten einfach zu klein, aber das ist auch in anderen Städten so. Auch für kleine Händler ist es nicht einfach, weil viele wiederum gar nicht so viel Platz benötigen.“

Die City-Managerin bedauert die Schließung des Drogeriema­rktes Müller, befürworte­t aber, dass bereits ein Nachfolger in den Startlöche­rn steht: „Das Sortiment kann die Innenstadt natürlich nicht auffangen, aber ein Leerstand an so prominente­r Stelle wäre deutlich schlimmer.“

Auch Manuela Koucky findet die Schließung des Drogeriema­rktes „sehr bedauerlic­h“. Sie hatte 2019 – nachdem der Drogeriema­rkt erstmals seinen Rückzug aus Friedberg angekündig­t hatte – zusammen mit anderen Kunden eine Kundgebung mit rund 35 Teilnehmer­n organisier­t. Die Botschaft damals: „Ist erst mal der Müller fort, schließen auch andere hier am Ort.“

Diese Sorge ist nun wieder akut bei Manuela Koucky: „Die Befürchtun­g ist da, dass weitere Läden schließen müssen. Corona ist eine zusätzlich­e Belastung für den Einzelhand­el.“Eine Kundgebung wird es diesmal aber nicht geben, wie sie sagt: „Das wären wohl vergebene Mühen. Die Situation ist eine andere als 2019. Es scheint alles schon sehr weit beschlosse­n und auch ein Nachmieter ist ja bereits gefunden.“

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Foto: Marlene Volkmann Der Drogeriema­rkt Müller in der Friedberge­r Ludwigstra­ße muss wohl Ende des Jahres schließen.

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