Proteststurm gegen Neubaugebiet
An der Rederzhauser Ortsdurchfahrt sollen fast 50 Wohneinheiten entstehen. Im Dorf hagelt es Kritik an dem Vorhaben. Welche Argumente die Bürger haben und wie es weitergeht
Rederzhausen Etwa 150 Menschen könnten einmal im Baugebiet südlich der Ortsdurchfahrt von Rederzhausen leben. Gegen die Pläne hat sich in dem 1400-Einwohner-Dorf allerdings ein Proteststurm erhoben. Eine Bürgerinitiative wurde gegründet, es gingen 55 Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern zu den Plänen ein – alle negativ. Angesichts dieses starken Gegenwinds war das Projekt Thema des Planungs- und Stadtentwicklungsausschusses des Stadtrats. Was ärgert die Bürger und wie geht es weiter?
Ursprünglich waren auf dem 1,6 Hektar großen Areal südlich der Paartalstraße, westlich der Straße Am Lindenkreuz und nördlich des Mitterwegs noch mehr Wohnungen geplant, nämlich rund 60. Diese sollten sich auf Einzel- und Doppelhäuser, Reihenhäuser sowie einige Mehrparteienhäuser aufteilen. Da es Proteste hagelte, vor allem gegen den Geschosswohnungsbau, überplante Architekt Wolfgang Rockelmann diesen ersten Entwurf. Dabei verringerte er die Geschosse mehrerer Doppelhäuser von drei auf zwei Stockwerke, plante bei den Mehrfamilienhäusern Flachdächer und reduzierte auch sonst die Höhen. Außerdem plante er mehr Parkplätze ein. Auf dieser Basis soll das Bebauungsplanverfahren weiter verfolgt werden, beschloss der Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss gegen die Stimmen der beiden GrünenStadträte. Zu der Sitzung waren über
Rederzhauser erschienen, zuvor hatten 55 ihre Einwände gegen das Projekt vorgebracht, teils in ausführlichen Schreiben, teils auf Vordrucken, welche die Bürgerinitiative im Dorf verteilt hatte und die dann jeder selber ausfüllen konnte.
Viele Bürger zeigen sich, wie aus den Stellungnahmen hervorgeht, entsetzt über das Vorhaben, weil es ihrer Meinung nach den dörflichen
Charakter des Ortes zerstört und – vor allem wegen der Mehrparteienhäuser – nicht nach Rederzhausen passe. Die Bebauung sei dicht und massiv, was die Nachbarn stark beeinträchtige.
Es gibt außerdem Bedenken, wie sich ein Einwohnerzuwachs von fast zehn Prozent auf den Ort auswirkt, der nicht gerade durch gute Infrastruktur glänzt. Der Kindergarten etwa sei ohnehin schon voll, die Ottmaringer Grundschule ebenfalls, heißt es seitens der Bürger.
Sorgen machen sich viele auch wegen des Verkehrs. Das Quartier soll nur über die Paartalstraße erschlossen werden. Die Straße durch das Baugebiet führt zwar bis zum Mitterweg, diese Verbindung soll mit Pollern gekappt werden, die aber zum Beispiel die Feuerwehr öffnen kann. Wegen dieser Situation befürchten Bürger Stau- und Unfallgefahr auf der stark befahrenen Durchgangsstraße. Außerdem sehen sie die Überquerung als gefährlich an. Auch die Polizei rät hier übrigens zu einer Querungshilfe. Nicht zuletzt wird die Bodenversiegelung kritisiert, während an anderen Stellen noch Plätze frei seien. Gerade die Stelle am Hang sei prägend für den Ort, hieß es.
Mit ihren zahlreichen Einwänden haben die Bürger erreicht, dass die Stadt mit dem Architekten und dem Bauträger Alois Kolper eine Reduzierung der ursprünglichen Pläne aushandelte. Außerdem wurde im Stadtratsausschuss noch einmal über die Weiterverfolgung der geänderten Pläne abgestimmt. Wie Baureferentin Lillian Sedlmair darlegte, hält die Verwaltung das Areal grundsätzlich geeignet für ein Wohngebiet. Auch sei eine solche Planung in der heutigen Zeit üblich. Trotzdem sieht die Referentin die Probleme der Nachbarn und betont, dass fachbezogene Einwände behandelt werden müssen.
Die Stadträte standen bis auf die Grünen hinter dem Projekt. Thomas Kleist sagte namens der CSU/FDP, man habe es durch den Aufstellungsbeschluss im Juli auf den Weg gebracht und brauche in Rederzhausen wie in anderen Ortsteilen ein gemischtes Konzept aus Einzel-, Doppelund Geschosswohnungsbau.
Der Kauf einer Wohnung sei mittlerweile für viele Menschen die einzige Chance, Wohnraum zu erwerben, argumentierte Ulrike Sasse-Feile (SPD). Sie merkte aber auch an, die Zahl von 55 Stellungnahmen sei „beachtlich“; auf diese Einwände müsse man eingehen. Die Problema35 tik bei Schule und Kita sah sie nicht, da die Grundschule Ottmaring Kapazitäten habe und die Stadt den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vorantreibe. Außerdem brach sie eine Lanze für den Bauträger Kolper, selber Rederzhauser. „Er ist kein Münchner Immobiliengigant, sondern steht für Qualität.“
Von kontroversen Diskussionen in der Fraktion Parteifreie Bürger/ ÖDP sprach Hubert Nießner. Man sei aber zu dem Ergebnis gekommen, dass Geschosswohnungsbau auch in Ortsteilen weit nötig sei; hier sei das verträglich und klug gelöst. Mitglied dieser Fraktion ist auch der beauftragte Architekt Rockelmann; als Stadtrat darf er sich allerdings zu diesem Punkt in Sitzungen nicht äußern und nicht abstimmen. Er saß mit
Alois Kolper während der Sitzung unter den Zuhörern.
Auf Nießners Nachfrage erläuterte Bürgermeister Roland Eichmann (SPD), ein Drittel der Flächen sei im Besitz der Stadt und werde im Einheimischenmodell vergeben. Es bestehe dann Bauzwang. Dritter Grundstücksbesitzer wird der bisherige Inhaber sein.
„Diese Stelle ist für jegliche Bebauung absolut ungeeignet“, hielt Claudia Eser-Schuberth dagegen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende nannte das Projekt eine „städtebauliche Sünde“. Sie warf der CSU vor, im Vergleich mit anderen Ortsteilen wie Derching und Haberskirch mit zweierlei Maß zu messen, wenn es um die Erhaltung des Dorfcharakters gehe.
Was sind die nächsten Schritte? Der Bürgermeister möchte das Thema im Mai wieder auf die Tagesordnung setzten. Dann soll der Entwurf gebilligt und im Anschluss ausgelegt werden. Die weitere Behandlung hängt nach Angaben der Stadtverwaltung vom Inhalt der Stellungnahmen ab. Die schriftlichen Äußerungen aus der Bürgerschaft werden nach der Auslegung im Rahmen der Stellungnahmen behandelt.
Außerdem wird der Ausschuss über einen Wechsel zu einem regulären Bebauungsplanverfahren abstimmen. Momentan wird die Fläche nach dem vereinfachten Verfahren behandelt, das der Paragraf 13b Baugesetzbuch vorsieht. Die Bürgerinitiative hatte das als „verantwortungslos“kritisiert.
Einwohnerzuwachs von fast zehn Prozent