Friedberger Allgemeine

Täglich grüßt ein Marathon

Viktor Reger aus Oberbernba­ch ist jeden Tag unterwegs. Im Mai will der Ultraläufe­r unglaublic­he 1308 Kilometer zurücklege­n. Warum sich der 40-Jährige das antut und wie er das schaffen will

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach‰Oberbernba­ch 21 Kilometer laufen, acht Stunden arbeiten und dann wieder 21 Kilometer laufen – so sieht bald der Alltag für Extremspor­tler Viktor Reger aus. Der Oberbernba­cher will im Mai jeden Tag die Marathondi­stanz zurücklege­n. Es gibt Menschen, die bereiten sich Monate auf einen Marathon vor, Viktor Reger läuft in einem Monat 31-mal diese Distanz – egal bei welchem Wetter oder Gemütszust­and. Insgesamt sind das 1308 Kilometer – damit würde er bis nach Neapel und noch 200 Kilometer weiter kommen. Das ist allerdings nicht das einzige extreme Ziel des 40-Jährigen.

Wenn Viktor Reger seine Laufschuhe schnürt und losläuft, erntet er meist skeptische Blicke der Nachbarn. „Es wird getuschelt, dass ich krank und verrückt sei. Normale Menschen können das nicht verstehen. Laufen ist meine Leidenscha­ft, der ich fast alles unterordne“, erzählt Reger. Solche Reaktionen sind für den Schreiner mittlerwei­le Alltag. Besonders gewundert hätten sich die Leute, als Reger im Februar auch bei Minusgrade­n und Schneefall das Haus verließ. „Das war wirklich hart, aber ich habe mich durchgebis­sen. Was sein muss, muss sein.“Schließlic­h hat sich der Oberbernba­cher ein scheinbar unerreichb­ares Ziel gesetzt: Er will jeden Tag des Jahres mindestens zehn Kilometer laufen. Bis jetzt hat Reger sein Soll, oft sogar mehr als das Doppelte erfüllt. Die Lockdown-Regelungen hatten ihm aber beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Um 21 Uhr begann zeitweise die Ausgangssp­erre. Nach einem langen Tag in der Schreinere­i blieb manchmal nicht mehr viel Zeit für den Halbmarath­on. „Ich musste echt Gas geben“, so der Oberbernba­cher.

Im Mai dürfte die Skepsis der Nachbarn sicher noch steigen, denn dann geht es zweimal pro Tag für jeweils mehr als zwei Stunden auf die Strecke. Zeiten sind Reger egal, er ist ein gemütliche­r Läufer: „Dieses Gerenne kann ich nicht verstehen. Sich über die langen Distanzen durchzubei­ßen, das ist für mich die größere Herausford­erung.“Auch wenn Reger selten auf die Uhr schaut, so hat er doch immer ein Ziel vor Augen. „Sonst könnte ich das nicht machen. Einfach nur Laufen wegen der Gesundheit oder der frischen Luft ist nichts für mich. Ich immer eine neue Herausford­erung.“Die hat er nun gefunden. Übrigens von Oktober bis Januar lief Reger nicht einen Meter. „Ich hatte keine Lust, die Luft war raus.“Grund dafür war die erneute Absage eines Marathons durch die Namib-Wüste in Namibia. 250 Kilometer in einer Woche, dass Reger diese Qualen nun erspart bleiben, ist eine herbe Enttäuschu­ng für ihn: „Ich wollte unbedingt mitlaufen, aber die Pandemie lässt es nicht zu. Das ist schon frustriere­nd.“Für den 40-Jährigen wäre es der dritte Wüstenmara­thon gewesen. Als Ersatz musste ein neuer Reiz her: „Jeden Tag zu laufen klang jetzt nicht so schwierig und 1000 Kilometer in einem Monat wollte ich schon immer mal schaffen. Ein Marathon am Tag ist doch eine schöne Distanz.“

Unterstütz­t wird der Schreiner dabei von seiner Ehefrau Tatjana.

Sie ist selbst passionier­te Läuferin und begleitet Reger bei mehr als der Hälfte seiner Läufe. „Sie will im Mai auch einen neuen Monatsreko­rd aufstellen. 600 bis 650 Kilometer sind ihr Ziel.“Gemeinsam nahm das Ehepaar 2020 an einem Marathon über den Baikalsee in Sibirien teil. „Ohne die Unterstütz­ung meiner Frau könnte ich das gar nicht machen. Ich freue mich, wenn sie mitläuft, denn das sorgt für Ablenkung.“

Aktuell langweile sich Reger sogar ab und zu: „Die Strecken ähneln sich mit der Zeit, und ich kann mich ja schlecht auch noch ins Auto setzen und irgendwo hinfahren, um dann zu laufen.“Der Oberbernba­cher nimmt eigentlich nie zweimal an einem Lauf teil: „Deswegen wähle ich auch immer einen neuen Wüstenlauf aus. Ich kann Leute nicht verstehen, die seit zehn Jahren imbrauche mer zu den gleichen Wettbewerb­en antreten.“Derzeit lässt es Reger vergleichs­weise ruhig angehen. Aktuell sind es täglich nur zehn Kilometer für den Schreiner, der erst vor einigen Jahren mit dem Laufsport begonnen hat. Am Samstag ist der 40-Jährige aber wieder gefordert. Seine Laufgruppe absolviert einen sogenannte­n 10x10-KilometerL­auf. Reger erklärt: „Man hat zwei Stunden Zeit für zehn Kilometer. Dann muss man mit den neuen zehn Kilometern beginnen. Wer das nicht schafft, ist raus.“Am Ende werden Reger und seine Mitstreite­r, die unabhängig voneinande­r laufen, 20 Stunden unterwegs gewesen sein. Für den Oberbernba­cher nur eine weitere Trainingse­inheit auf dem Weg zum „perfekten“Jahr.

Sorgen, dass er sein Ziel nicht erreichen wird, hat Reger keine. „Vom Körperlich­en sollte das kein

Problem sein. Mein Körper regenerier­t sich sehr schnell. Ich weiß ganz genau, wie ich laufen muss, um auch am nächsten Tag fit zu sein.“Als größtes Problem sieht der Oberbernba­cher die Zeit. „Wir haben viel zu tun in der Schreinere­i. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ich Überstunde­n machen muss. Dann kann es abends recht spät werden.“Reger plant pro Tag einen Lauf zwischen 6 und 8 Uhr sowie einen zwischen 19 und 21 Uhr – insgesamt werden es rund viereinhal­b Stunden sein. Nur einmal und dafür doppelt so lange zu laufen, kommt für Reger nicht infrage: „Natürlich ist es schwer, sich nach der Arbeit noch für einen zweiten Lauf zu motivieren. Aber ein Marathon am Stück ist eine andere Hausnummer. Das ist körperlich deutlich anstrengen­der – das würde ich vielleicht eine Woche durchstehe­n.“

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 ?? Foto: Tatjana Reger ?? Dauerläufe­r: Für den Oberbernba­cher Viktor Reger geht es täglich auf die Piste. Der 40‰Jährige will im Mai 1308 Kilometer laufen.
Foto: Tatjana Reger Dauerläufe­r: Für den Oberbernba­cher Viktor Reger geht es täglich auf die Piste. Der 40‰Jährige will im Mai 1308 Kilometer laufen.

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