Das Friedberger Café Gezz hat eine neue Chefin
Neun Jahre lang führte es Hubert Bichler mit viel Liebe. Seine Nachfolgerin ist für die Gäste keine Unbekannte
Friedberg Wenn jemand in Zeiten des Lockdowns ankündigt, sein Geschäft zu übergeben, denkt man erst einmal an Probleme mit dem Umsatz. Die stecken bei Hubert Bichler, der nach neun Jahren im Café Gezz aufhört, jedoch nicht dahinter.
Bichler hat eine Nachfolgerin gefunden, die das kleine Café an der Jungbräustraße ab April weiterführt: Claudia Can, die dort bereits einige Zeit als Bedienung arbeitet. Mit 67 Jahren will er sich Ruhe gönnen. „Das Gezz habe ich aus Liebhaberei eröffnet, aber es wurde ein Fulltime-Job daraus“, meint er.
Mit seinem Retrocharme, vegetarischem Mittagstisch, Biozertifikat, Auswahl an Delikatessen und Dekoartikeln, der Keramik von Bichlers Lebensgefährtin Karin Fleischner sowie dem Kaffee, den er eigens rösten lässt, ist das Café eine Besonderheit in Friedberg. Der gebürtige Münchner wurde auf Umwegen zum Wirt.
Er ist Agraringenieur, hat in Weihenstephan studiert. Schon in den 1980er-Jahren war er in der Biobranche tätig, hatte später einen Tee- und (mittlerweile vor allem) Kaffeehandel. Hier lebt er vor allem von Firmenkunden. Den OnlineShop will Bichler fortführen, auch
Hubert Bichler übergibt nach neun Jahren das Café Gezz in Friedberg an Claudia Can. im Gezz gibt es seinen Kaffee weiter. In die frühere Metzgerei zog Bichler 2012 ein, nachdem er zuvor um die Ecke eine winzige EspressoBar betrieben hatte. Er funktionierte die ehemalige Wurstküche zu einem Verkaufszimmerchen um, den Büro-Pausenraum in den Sitzbereich, die Theke kam in denselben Raum wie zuvor.
Auch der Ursprung seines 1950er-Jahre-Mobiliars stammt von den Vorgängern, nämlich ein Originalsofa. „Den Rest habe ich auf Flohmärkten und in Sozialkaufhäusern gesammelt“, erzählt er. „Und ich sammle weiter“, ergänzt Claudia Can.
Für die 42-Jährige geht mit ihrem eigenen Café ein Traum in Erfüllung, für den sie ihren erlernten Beruf als Krankenschwester, aktuell Nachtschwester in einer Behinderteneinrichtung, gekündigt hat. Claudia Can stammt aus Hochzoll und lebt seit vielen Jahren in Friedberg. Ihr für eine Claudia ungewöhnlicher Nachname stammt von ihrem türkischstämmigen Friedberger Ehemann, mit dem sie drei Söhne hat. Ausgesprochen wird er übrigens „Tschan“. „Auf Kahn höre ich aber auch“, sagt sie lachend. Das Gezz will sie in Bichlers Stil weiterführen, auch kleine Abendveranstaltungen aus dem Bereich Musik und Literatur soll es weiterhin geben. Kaffee, Deko und Delikatessen ohnehin. Doch auch eigene Akzente wird Can setzen. Gäste wissen schon jetzt ihre „Hausfrauenkuchen“zu schätzen. Diesen Bereich will sie ausbauen, ebenso das Frühstück. Die Öffnungszeiten
Ein kleines Stück Italien mitten in Friedberg
tagsüber werden ausgeweitet, auch Samstag und Sonntag ist ab April offen sowie weiterhin Donnerstag- und Freitagabend (soweit es die Corona-Bestimmungen erlauben). Einen Gast hat sie sicher: Hubert Bichler.
Er freut sich zwar darauf, hoffentlich bald einmal zwei Wochen Urlaub am Stück machen zu dürfen. Aber wenn er in Friedberg ist, werde er immer wieder den Weg von seinem Haus an der Stadtmauer zu seinem „kleinen Stück Italien in Friedberg“finden.