Friedberger Allgemeine

Können Lehrer noch rechtzeiti­g geimpft werden?

Ohne AstraZenec­a bekommen die Schulen Probleme. Piazolo aber schweigt

- VON BERNHARD JUNGINGER, STEFAN LANGE UND RUDI WAIS

Berlin/Augsburg Die Probleme mit dem Impfstoff von AstraZenec­a machen auch Schulen und Kindergärt­en zu schaffen. Da die meisten dort Beschäftig­ten jünger als 60 Jahre sind, kann das Vakzin bis auf Weiteres nicht mehr zum flächendec­kenden Impfen von Lehrern und Erziehern verwendet werden. Heinz-Peter Meidinger, der Präsident des Lehrerverb­andes, spricht deshalb schon von einem „katastroph­alen Rückschlag“für die gerade Fahrt aufnehmend­e Lehrer-Impfung.

Ob Lehrkräfte jetzt, wie er es fordert, mit anderen Impfstoffe­n geschützt werden, ist allerdings unklar. Während Schulminis­ter Michael Piazolo sich dazu am Mittwoch auf Anfrage nicht äußerte, sagte ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums, dass „aufgrund der avisierten Lieferunge­n“auch die Immunisier­ung der Lehrer mit anderen Impfstoffe­n „zeitnah“möglich sein sollte. Ohne den Wechsel zu anderen Impfstoffe­n, warnt Meidinger, „wird es mit der Durchimpfu­ng von Lehrkräfte­n im April nichts mehr werden“. Neben den steigenden Infektions­zahlen schmälere auch das die Chance, Schulen weiter offen zu halten oder zu öffnen. In Bayern können etwa 110 000 Beschäftig­te an Grund- und Förderschu­len vorrangig geimpft werden.

Auch bei der bayerische­n Polizei schlägt der vorläufige Impfstopp bei AstraZenec­a hohe Wellen. „Klar, das sorgt für große Verunsiche­rung. Gerade in den nächsten Tagen waren große Impfdurchg­änge angesetzt“, betonte der Landesvors­itzende der Polizeigew­erkschaft, Jürgen Köhnlein. Ohne die neuen Regelungen zu AstraZenec­a hätten bis Mitte April alle impfwillig­en Beamten ihre erste Spritze erhalten haben sollen.

Wie in einem Teil unserer Auflage bereits berichtet, hatten Bund und Länder nach einer Empfehlung der Impfkommis­sion beschlosse­n,

AstraZenec­a in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahre einzusetze­n. Hintergrun­d sind mehr als 30 Fälle von Blutgerinn­seln in Hirnvenen, die möglicherw­eise in einem Zusammenha­ng mit der Impfung stehen. Die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur berät in der nächsten Woche erneut über die Sicherheit des Impfstoffe­s. Zuletzt hatte sie betont, dass er „sicher und wirksam“sei und dass es keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Blutgerinn­sel gebe. Die Weltgesund­heitsorgan­isation sieht auch nach der deutschen Entscheidu­ng keinen Anlass, ihre Empfehlung für AstraZenec­a zu korrigiere­n. „Dies ist ein sicherer Impfstoff“, sagte die Impfdirekt­orin der Organisati­on, Kate O’Brien.

Spekulatio­nen, die Bundesregi­erung könnte sich wie Österreich nun verstärkt um den russischen Impfstoff „Sputnik V“bemühen, wies Regierungs­sprecher Steffen Seibert zurück. „Deutschlan­d beurteilt Impfstoff nicht danach, aus welchem Land er kommt, sondern ob er zugelassen wurde“, betonte er. Die

EU‰Behörde prüft Zulassung von „Sputnik“

Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde prüft gegenwärti­g eine Zulassung von „Sputnik“, den der russische Pharmakonz­ern R-Pharm in Illertisse­n produziere­n will. Allerdings bestätigte Seibert, dass die Kanzlerin mit Frankreich und Russland bereits über eine Kooperatio­n bei Impfstoffe­n gesprochen habe.

Der CSU-Abgeordnet­e Stephan Pilsinger, selbst Arzt, warnte vor übertriebe­ner Panik. „Ich habe AstraZenec­a als Hausarzt bereits mehrfach verimpft und bisher keine negativen Erfahrunge­n damit gemacht.“Unter einer sachlichen Risiko-Nutzen-Analyse sei gerade bei Älteren eine Impfung mit AstraZenec­a viel besser und sicherer als das Risiko, an Corona zu erkranken.

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