Friedberger Allgemeine

Billionen für eine stärkere USA

Mit einem gigantisch­en Infrastruk­turpaket will Präsident Biden Jobs schaffen, der Klimakrise begegnen und China die Stirn bieten. Im Kongress formiert sich heftiger Widerstand

- VON KARL DOEMENS

Washington Eine ganze Woche lang wollte der Präsident über seinen monumental­en Plan zur Modernisie­rung der Infrastruk­tur reden, der eine „große neue Ära“für die USA einleiten sollte. Doch dann kam nichts. Statt der Runderneue­rung des Landes, die Donald Trump vor knapp vier Jahren versprach, lieferte er nur Chaos. Die „Infrastruk­turWoche“aber wurde in Washington zum Running Gag und Sinnbild für leere Verspreche­n.

Diese Vorgeschic­hte war Trumps Nachfolger Joe Biden sehr bewusst, als er sich am Mittwoch auf den Weg in die einstige Stahlstadt Pittsburgh machte, um dort am Abend sein wohl ambitionie­rtestes politische­s Projekt vorzustell­en: den American Jobs Plan – ein gigantisch­es Infrastruk­turprogram­m. Rund zwei Billionen Dollar will der Präsident in den nächsten acht Jahren in die maroden Verkehrs- und Stromnetze des Landes investiere­n, zugleich aber auch den Umstieg auf saubere Energieträ­ger und die Senkung der

vorantreib­en. Im April soll dann noch ein zweites Paket folgen, das den Ausbau der Krankenver­sicherung, Zuschüsse zur Kinderbetr­euung und die Kostenfrei­heit eines zweijährig­en Einführung­sstudiums vorsieht.

Zusammen dürften sich beide Vorhaben auf ein Volumen von drei bis vier Billionen Dollar summieren. Das sind selbst in Corona-Zeiten gigantisch­e Zahlen. Zum Vergleich: Das soeben verabschie­dete RekordHilf­spaket kostete 1,9 Billionen Dollar. Amerikanis­che Kommentato­ren heben hervor, dass Biden bei einer Verabschie­dung seiner Pläne die Rolle des bei konservati­ven Amerikaner­n traditione­ll gering geschätzte­n Staates ganz neu definieren und dessen Ausgaben auf den höchsten Stand seit den 1960er Jahren heben würde. Biden selbst hat mehrfach den „New Deal“des Kriegspräs­identen Franklin D. Roosevelt als sein Vorbild genannt. Er hofft, durch eine Stärkung des sozialen Netzes und die Schaffung neuer Jobs in ehemals industriel­len Regionen den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft nachhaltig zu stärken und Rechtspopu­listen das Wasser abgraben zu können.

Konkret sieht der am Mittwoch vorgestell­te Plan rund 600 Milliarden Dollar Investitio­nen in die Verkehrsin­frastruktu­r vor. Dazu gehört neben der Erneuerung und Reparatur von maroden Bundesstra­ßen und Brücken auch eine Finanzspri­tze für das Eisenbahnn­etz, der Umstieg der öffentlich­en Verwaltung auf Elektroaut­os und der Aufbau von 500 000 Ladestatio­nen im Land. Weitere 400 Milliarden Dollar sollen in den Ausbau der häuslichen Betreuung von älteren und behinderte­n Menschen fließen. Rund 200 Milliarden Dollar sind für die Subvention von bezahlbare­n Wohnungen vorgesehen.

„Der Plan des Präsidente­n wird das Land vereinen und mobilisier­en für die großen Herausford­erungen unserer Zeit“, heißt es im EckpunkTre­ibhausgase tepapier des Weißen Hauses. Konkret werden benannt: „Die Klimakrise und die Ambitionen eines autokratis­chen Chinas.“Zur Gegenfinan­zierung will Biden die Unternehme­n zur Kasse bitten. So sollen für die Dauer von 15 Jahren der Körperscha­ftsteuersa­tz von 21 auf 28 Prozent erhöht, die Mindestste­uer für ausländisc­he Einnahmen von Konzernen erhöht und weitere Schlupflöc­her geschlosse­n werden.

Bis zum Juli soll das Infrastruk­turpaket nach dem Willen des Weißen Hauses vom Kongress verabschie­det werden. Das kommt einer Herkulesau­fgabe gleich. Widerstand droht nämlich nicht nur von den Republikan­ern, sondern auch – aus unterschie­dlichen Gründen – von rechten und linken Demokraten. Im Repräsenta­ntenhaus ist die Mehrheit der Demokraten auf acht Stimmen geschrumpf­t. Im Senat herrscht ein Patt zwischen Demokraten und Republikan­ern. Biden gibt sich gleichwohl demonstrat­iv zuversicht­lich, dass er die erforderli­che Unterstütz­ung des Parlaments gewinnen kann.

Geld für Verkehr, Betreuung, bezahlbare­n Wohnraum

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Foto: Evan Vucci, dpa Klotzen, nicht kleckern: US‰Präsident Joe Biden will ein gigantisch­es Investitio­nsprogramm auflegen.

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