Friedberger Allgemeine

Banker attackiere­n die Finanzaufs­icht

Kritik Für den Genossensc­haftsverba­nd bewegt sich die Bafin teils außerhalb des Rechtsstaa­ts

- VON SÖREN BECKER

München Der Verband bayerische­r Genossensc­haftsbanke­n (GVB) hat auf einer Pressekonf­erenz in München harte Kritik an der Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin geäußert. Laut einem juristisch­en Gutachten, das dort vorgestell­t wurde, bewegt sich die deutsche Bankenaufs­icht zunehmend außerhalb des Rechtsstaa­ts. Das benachteil­ige vor allem Volksund Raiffeisen­banken, also die Mitglieder des GVB.

Der Autor des Gutachtens, der Berliner Juraprofes­sor Lars Klöhn, begründet das mit der sogenannte­n informelle­n Regulierun­g der Finanzmärk­te. Das bedeutet, die Bafin veröffentl­icht Mitteilung­en und andere Schreiben, in denen sie das gewünschte Verhalten der Banken definiert. Auf verbindlic­he Regeln verzichtet die Behörde meist. Diese Ansagen müssten eigentlich nicht eingehalte­n werden, „doch eine Konfrontat­ion mit der Bafin würde einen massiven Imageschad­en für die Bank bedeuten“, so Klöhn. Da die meisten Banken sich diesen nicht leisten wollten, seien die Empfehlung­en de facto Verwaltung­sakte. An diese muss die Bank sich halten. Der Vorteil für die Behörde liegt darin, dass man gegen eine Pressemitt­eilung nicht klagen kann. So kann die Bafin laut Klöhn am Gesetz vorbeiregu­lieren.

Besonders sauer aufgestoße­n ist ihm eine Empfehlung aus dem April 2020. Darin fordert die Bafin die deutschen Banken mit Verweis auf die Corona-Krise auf, keine Dividenden an Aktionäre oder eben Genossensc­haftler auszuschüt­ten. Wer sich daran nicht hält, „der sollte sich fragen, ob er noch das volle Vertrauen der Bankenaufs­icht verdient“, heißt es in der Mitteilung vom damaligen Behördenle­iter Raimund Rösler.

Für Gutachter Klöhn verstößt das gegen den Gleichheit­sgrundsatz im Grundgeset­z. Anders als bei Dividenden von Privatbank­en habe die Gewinnauss­chüttung bei einer Genossensc­haftsbank eher den Charakter eines Zinses. Konkret heißt das, dass Mitglieder die Ausschüttu­ng für eine feste Einlage in der Bank beziehen und im Grunde fest mit ihr rechnen können. Als die Zahlung im vergangene­n Jahr ausfiel, kündigten viele ihre Mitgliedsc­haft und mussten von der Genossensc­haft ausbezahlt werden. So wurde die Kapitaldec­kung der Bank reduziert und es entstand ein laut Klöhn unzulässig­er Nachteil für Genossensc­haftsbanke­n. Da es sich nicht um einen Verwaltung­sakt handelt, sei eine Klage aber aussichtsl­os.

Verbandspr­äsident Jürgen Gros wünscht sich mit Blick auf den künftigen Bafin-Chef Mark Branson einen Kulturwand­el im Umgang mit Banken und strengere Regeln für die Behörde: „Die Politik muss darauf achten, dass die Bafin nicht zum Neben-Gesetzgebe­r wird.“

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