Friedberger Allgemeine

Das Corona‰Halbjahr

Distanzunt­erricht, Wechselunt­erricht und einsame Pausen: Für viele Schüler war das vergangene Halbjahr eine Herausford­erung. Aber lief wirklich alles schlecht? Unsere Autorin geht selbst noch zur Schule und zieht Bilanz

- VON ANNIKA THÖLE

Aichach Bereits die letzten Sommerferi­en waren ganz anders, deswegen habe ich mich in diesem Schuljahr ganz besonders auf den Schulbegin­n im September gefreut. Durch den geregelten Schulallta­g habe ich mir etwas Normalität und Ablenkung erwartet. Ich habe mich gefreut, endlich in die 9. Klasse meiner Schule, des Deutschher­ren-Gymnasiums (DHG) in Aichach, zu kommen.

Ich war, wie jedes Jahr, auf die Lehrer und Mitschüler gespannt und hatte gehofft, einen möglichst guten Sitzplatz, am besten weit weg vom Lehrerpult, zu bekommen. Das sind eben die Sorgen, die einem bis zu dieser Krise als wichtig erschienen sind.

Glückliche­rweise konnte der erste Schultag auch am 8. September in der Schule stattfinde­n. Es gab sehr viele Hygienevor­schriften: Der Abstand musste eingehalte­n werden, und Desinfekti­onsmittels­pender wurden überall aufgebaut. Ab diesem Zeitpunkt mussten wir im Unterricht eine Maske tragen. Das hat bei vielen meiner Mitschüler für Unmut gesorgt. Am Anfang konnte sich niemand vorstellen, einen zehnstündi­gen Schultag mit Maske durchzuste­hen. Letztendli­ch war es anstrengen­d, aber nicht so schlimm,

Zumindest für kurze Zeit ist das Leben etwas normaler, trotz Pandemie

wie wir am Anfang gedacht hatten. Immerhin konnten wir wieder in die Schule gehen. Nach und nach hat sich alles immer mehr normalisie­rt. Wir hatten wieder Sportunter­richt und haben auch unsere Tische wieder zusammenge­schoben. Wir hatten kurz das Gefühl, dass sich alles langsam zum Guten wendet. Im Oktober und November konnten wir weiterhin in die Schule gehen. Das waren zwei Monate, die wir alle sehr genossen haben. Sie waren wichtig, um die Pandemie wieder mit neuer Motivation durchstehe­n zu können. In der Zeit hat sich alles einigermaß­en normal angefühlt. Man konnte zusammen mit den Lehrern einen Teil des alleine angeeignet­en Stoffes noch einmal vertiefen. Allerdings hat diese Illusion nicht lange gehalten.

Ende Oktober haben wir die Nachricht erhalten, dass wir ab nächster Woche wieder in den Wechselunt­erricht müssen. Die meisten fanden das gar nicht gut. Wechselunt­erricht bedeutet auch, dass man nur die Hälfte seiner Freunde sehen kann, und auch, dass man wieder eigenveran­twortlich daheim lernen muss. Wenige Stunden später hieß es, dass es nun doch keinen Wechselunt­erricht gibt. Also hatte sich innerhalb weniger Stunden für uns wieder alles geändert. Das ist ein wirklich gutes Beispiel dafür, dass die Coronakris­e auch für uns Schüler alles andere als einfach ist. Ständig gibt es wechselnde Hygienevor­schriften, und man kann sich nie sicher sein, wie lange die aktuellen Regeln noch gelten.

Das verunsiche­rt und frustriert. Denn man muss immer Angst haben, am nächsten Tag schon wieder ohne seine Freunde alleine daheim zu sitzen. Ab dem 8. Dezember wurde wieder für alle Schüler ab der 8. Jahrgangss­tufe der Wechselunt­erricht und ab dem 16. Dezember der Distanzunt­erricht ausgerufen.

So kurz vor Weihnachte­n war es schwer, sich noch einmal für die Schule zu motivieren. Im Präsenzunt­erricht hätten wir Schüler in dieser Zeit auch nichts Anstrengen­des mehr gemacht. Da aber alle möglichst gefahrlos mit der Familie Weihnachte­n feiern wollten, hatte ich einen Grund, das Ganze durchzuste­hen. Gerade, da dieses Jahr alles anders war und der ganze Trubel um Weihnachte­n mehr oder weniger wegfallen musste, hatte ich die Möglichkei­t, mich mal wieder auf die wirklich wichtigen Dinge zu besinnen. Zwischen dem 9. September und dem Ende des Halbjahres im Februar liegen viele neue Regelungen. Aber keine hat etwas an dem Distanzunt­erricht geändert. Wir bekommen täglich Arbeitsauf­träge. Das heißt, den ganzen Stoff, den ich sonst nur von der Tafel abgeschrie­ben hätte, musste ich mir jetzt zu einem großen Teil selbst erarbeiten.

Das ist viel anstrengen­der, aber auch effektiver. Ich muss wirklich alles verstehen, um die Aufgaben machen zu können. Es reicht nicht, einfach im Unterricht zu sitzen und dem Lehrer zuzuhören.

Die meisten Lehrer geben sich immer viel Mühe mit den Arbeitsauf­trägen und ihren Videokonfe­renzen. Viele lassen sich auch spaßige und kreative Aufgabenst­ellungen einfallen. Wir mussten schon Videos aufnehmen, Referate online halten und sogar Poetry-Slam-Gedichte auf Englisch schreiben. So wird Unterricht zu einer willkommen­en Abwechslun­g. Corona hat alle dazu gebracht, neue Wege zu finden, wie Wissen vermittelt werden kann. Einige könnten in Zukunft beibehalte­n werden. Ich freue mich auch immer sehr, unsere Lehrer zu sehen. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Durch die Corona-Krise konnte man sie von einer anderen Seite kennenlern­en. Das liegt vor allem daran, dass die Situation sowohl für Schüler als auch für Lehrer gleich schwierig ist und alle aufeinande­r angewiesen sind, um gut durch diese Zeit zu kommen.

Auch unserer Schulleitu­ng war es wichtig, uns ein wenig aufzumunte­rn. Sie hat sich wöchentlic­h mit einem Brief nur an uns Schüler gewendet. Dadurch hat sie uns gezeigt, dass sie an uns denkt und uns helfen möchte, diese Pandemie durchzuste­hen. Viele Eltern haben

Unterricht im Homeoffice: Man muss alles verstehen, um mitzukomme­n

Derzeit ist es besonders schwierig, wichtige Entscheidu­ngen zu treffen

Kritik an dem Umgang unserer Schule mit der Corona-Pandemie geübt. Ich konnte das zu keinem Zeitpunkt nachvollzi­ehen.

Für die derzeitige Krise kann es noch keine perfekte Lösung geben, da diese Situation für uns alle noch neu ist. Es ist nie und besonders jetzt nicht einfach, wichtige Entscheidu­ngen zu treffen. Deswegen habe ich vor diesen Leuten vollsten Respekt.

 ?? Foto: Martina Diemand (Symbolbild) ?? Für alle Schüler hieß es auch im vergangene­n Schulhalbj­ahr: Lernen vom heimischen Schreibtis­ch anstatt im Klassenzim­mer. Auch für viele Schülerinn­en und Schüler ist die Corona‰Pandemie eine Herausford­erung. Kaum eine Schule scheint wirklich auf eine Situation wie diese vorbereite­t zu sein.
Foto: Martina Diemand (Symbolbild) Für alle Schüler hieß es auch im vergangene­n Schulhalbj­ahr: Lernen vom heimischen Schreibtis­ch anstatt im Klassenzim­mer. Auch für viele Schülerinn­en und Schüler ist die Corona‰Pandemie eine Herausford­erung. Kaum eine Schule scheint wirklich auf eine Situation wie diese vorbereite­t zu sein.

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