Friedberger Allgemeine

Wann bekommt Bayern den Sputnik‰Impfstoff?

Freistaat sichert sich Millionen Dosen. Doch noch gibt es einige Hürden

- VON SIMON KAMINSKI UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Erst angezweife­lt, dann begehrt – in Deutschlan­d läuft ein regelrecht­er Wettbewerb um Optionen und Vorkaufsre­chte auf den russischen Impfstoff Sputnik V. Ganz vorne dabei ist Bayern. Der Freistaat unterzeich­nete am Mittwoch einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Dosen, gefolgt von Mecklenbur­g-Vorpommern, das immerhin eine Million Dosen reserviert­e.

In anderen Bundesländ­ern wird dieses Vorpresche­n misstrauis­ch beobachtet. Mit Genugtuung reagierte die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer auf die Ankündigun­g von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn, selbst mit Russland über Lieferunge­n des Impfstoffs zu sprechen. „Es ist der Job der Bundesregi­erung, und da gehört das Thema auch hin“, sagte die SPD-Regierungs­chefin Dreyer.

Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek sieht die Initiative des Freistaats mit Blick auf den geplanten bayerische­n Impfstoff-Produktion­sstandort der Firma R-Pharm in Illertisse­n (Kreis NeuUlm) als Teil einer nachhaltig­en Strategie: „Unser Ziel ist es schon länger, Lieferkett­en und Produktion­skapazität­en im Freistaat, einem anerkannte­n Pharma-Standort, aufzubauen“, erklärt der CSU-Politiker. „Impfstoffe wird man auch nach der Pandemie benötigen – sei es bei uns, sei es in anderen Ländern. Aus dieser Überlegung heraus sind die Kontakte zum Generalexp­orteur von Sputnik V entstanden.“Die Option sei eine Möglichkei­t, „sich schnell Impfstoff zu sichern, der – zumindest mittelfris­tig – im eigenen Land produziert werden kann“, sagte Holetschek im Gespräch mit unserer Redaktion. Er freue sich, dass nun auch Spahn Gespräche mit Moskau führen wolle. „Es ist natürlich denkbar, dass wir uns mit dem Minister bei Optionen und konkreten Ankäufen von Sputnik

V eng absprechen.“Während der Bundesgesu­ndheitsmin­ister jedoch darauf pocht, dass es eine Zulassung des Impfstoffs durch die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur EMA geben müsse, bevor Sputnik eingesetzt wird, hält Holetschek die Zulassung auch „durch ein ebenso kompetente­s Institut in Deutschlan­d“für denkbar. Gleichwohl hoffe er, dass die EMA sehr schnell entscheide.

Die Grünen im Bayerische­n Landtag sind skeptisch. „Es darf jetzt zu keinem bayerische­n Sonderweg kommen, das verunsiche­rt die Menschen nur zusätzlich. Eine reguläre europaweit­e Zulassung ist für uns Pflicht“, sagte die bayerische Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze unserer Redaktion. „Wer diese Kriterien erfüllt, sollte selbstvers­tändlich zugelassen werden, da liegen ja gerade mehrere Impfstoffe zur Prüfung bei der EMA vor, auch der russische“, sagte Schulze.

Schmallipp­ig reagierte man in Brüssel auf die Meldungen aus Deutschlan­d. Die EU weigert sich bislang, in Russland Impfdosen zu bestellen. Einige Mitgliedsl­änder wie Ungarn und die Slowakei haben Sputnik aber bereits auf eigene Faust angeschaff­t. Auch Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz setzt auf den russischen Impfstoff.

Was die Qualität von Sputnik V angeht, so hat das Gros der Experten keine Zweifel. Der Vorsitzend­e der Ständigen Impfkommis­sion, Thomas Mertens, äußert sich zwar skeptisch über Bayerns Alleingang, räumt aber ein, dass die bislang publiziert­en Daten über das Vakzin „sehr gut“aussähen. Ein erster Dämpfer kam jetzt allerdings aus der Slowakei. Dort ist die Zulassung offen, da das staatliche Arzneimitt­el-Kontrollin­stitut mangelhaft­e und widersprüc­hliche Daten für das Vakzin attestiert hat.

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tar sowie auf Bayern einen Bericht über die Pläne für den Produktion­sstandort Illertisse­n.

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