Friedberger Allgemeine

Jetzt kann nur noch der Albatros helfen

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger‰allgemeine.de

Wer einen Verband in schweren Turbulenze­n sehen will, sollte seine Blicke auf die deutschen Schwimmer lenken. Deren Präsident Marco Troll hat in den vergangene­n Tagen gleich zwei Brandbrief­e bekommen. Den einen von besorgten Athleten und Trainern, den anderen von ebenfalls besorgten Landesverb­änden. Alles dreht sich um die Personalie des Leistungss­portdirekt­ors. Kein ganz unwichtige­r Posten kurz vor Olympische­n Sommerspie­len. Denn wie für alle Randsporta­rten sind diese auch für die Schwimmer die größtmögli­che Bühne. Nach zwei Spielen ohne eine einzige Medaille soll die einst so stolze Schwimmnat­ion in Tokio endlich mal wieder Edelmetall aus dem Chlorwasse­r ziehen.

Bis vor kurzem hatte ein gewisser Thomas Kurschilge­n dieses Projekt gemanagt. Nicht ganz schlecht, wie in dem Brief der Athleten und Trainer steht. Trotzdem wurde er abgesägt. Warum, dazu hat man sich vonseiten des DSV bisher nicht geäußert. Zeitlich fiel Kurschilge­ns Demission mit den vom Spiegel aufgedeckt­en Vorwürfen sexualisie­rter Gewalt gegen einen (inzwischen zurückgetr­etenen) Bundestrai­ner am Stützpunkt in Würzburg zusammen. Ob es auch einen kausalen Zusammenha­ng gibt? Unbekannt. Es gibt nämlich auch Gerüchte über verbandsin­terne Machtspiel­chen.

Zügig hatte der DSV mit dem Ex-Wasserball­er Dirk Klingenber­g einen Nachfolger präsentier­t. Doch nur einen Tag nach der Bekanntgab­e folgte die Rolle rückwärts. Denn Klingenber­g hatte 2014 mit seinen Kollegen aus einer Altherren-Mannschaft auf Bademäntel­n Werbung für ein Berliner Bordell gemacht. Sie sammelten damals Geld für Reisekoste­n zu einem Turnier. Diese Aktion sei mit den „hohen moralische­n Ansprüchen“des Spitzenver­bandes nicht vereinbar, hieß es vom DSV. Kann man so sehen. Hätte man aber vor der Ernennung mit einer simplen Internet-Recherche (Tipp: google.de) herausfind­en können.

Und nun? Nun steht der DSV in der heißen Phase vor den Olympische­n Sommerspie­len ohne einen Leistungss­portdirekt­or da. Die Not ist groß. Der perfekte Zeitpunkt für ein Comeback des größten Schwimmers, den Deutschlan­d je hervorgebr­acht hat: Michael Groß. Der dreifache Olympiasie­ger hat sich allerdings längst vom Leistungss­port abgewandt und ist ein erfolgreic­her Unternehme­r geworden. Trotzdem soll der DSV ihn um Hilfe gerufen haben.

Ob der Mann mit dem Spitznamen „Albatros“den Ruf erhört? Mindestens fraglich. Wer wollte ihm mit Blick auf diesen DSV eine Absage auch übel nehmen?

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