Friedberger Allgemeine

Tesla‰Kritik löst Debatte über Genehmigun­gen aus

Standort Der Elektroaut­o-Bauer kommt mit der Gigafactor­y nur mühsam voran

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Berlin Nach der Kritik von Tesla am Genehmigun­gsverfahre­n rund um das Elektroaut­o-Werk bei Berlin hat Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) Nachholbed­arf eingeräumt. Es sei in den vergangene­n Monaten und Jahren der Großen Koalition einiges erreicht worden, sagte Altmaier am Freitag in Berlin. „Aber eben noch nicht genug.“Es sei sicherlich noch viel Luft nach oben.

Tesla bemängelte unter anderem, dass es 16 Monate nach dem Antrag noch keinen Zeitplan für eine endgültige Genehmigun­g des Baus seiner Fabrik in Grünheide in Brandenbur­g gebe. Das „eklatantes­te Problem“sei, dass Projekte, die den Klimawande­l bekämpften, und solche, die ihn beschleuni­gten, gleich behandelt würden. Teslas Werk helfe durch Verbreitun­g von E-Mobilität gegen die Erderwärmu­ng, argumentie­rt der US-Konzern. Außerdem müsse man lokale negative Folgen für die Umwelt gegen positive Effekte im größeren Maßstab aufwiegen.

Teslas Vorschläge lösten eine Debatte aus. So forderte am Freitag der Bundesverb­and der Deutschen Industrie mehr Tempo bei Genehmigun­gen. „Komplexe und langwierig­e Verfahren mit mehrfachen Klageerheb­ungen und langen Gutachters­chlachten sind schon bei überschaub­aren Projekten die Regel geworden“, kritisiert­e der stellvertr­etende BDI-Hauptgesch­äftsführer Holger Lösch. „Das hemmt die Investitio­nstätigkei­t hierzuland­e massiv und schreckt Investoren ab.“Der BDI forderte unter anderem auch ausreichen­de Personalau­sstattung und Sachkompet­enz in Behörden der Bundesländ­er sowie eine „Entschlack­ungskur“für das Planungsun­d Umweltrech­t. „Die Herausford­erungen des deutschen Umweltrech­ts sind im europäisch­en Vergleich einmalig, obwohl alle EUMitglied­staaten die gleichen Vorgaben haben“, sagte Lösch.

Altmaier betonte zugleich die bisherige Unterstütz­ung durch die Behörden: „Wir haben in den vergangene­n Monaten mehr als einmal auch auf dem kurzen Dienstweg Probleme aus dem Weg räumen können. Und ich bin überzeugt, das wird uns auch in Zukunft gelingen.“„Ich kenne derzeit kein anderes Projekt, für das auf allen Ebenen so viel getan wurde, um eine schnelle Realisieru­ng zu gewährleis­ten, wie für das Vorhaben Tesla“, sagte auch der Mittelstan­dsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß (CDU), dem Handelsbla­tt. Zugleich zeige das Tesla-Projekt einen schwer lösbaren, „immer größeren Interessen­konflikt“zwischen Artenschut­z, Umweltschu­tz und Klimaschut­z auf. Politik und Genehmigun­gsebene müssten immer mehr zwischen „dem Schutz des Lebensraum­s der Fledermaus oder der Eidechse und anderersei­ts der Einhaltung unserer hohen Klimaschut­zziele“abwägen und Prioritäte­n setzen, sagte der Parlamenta­rische Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um.

Teslas Stellungna­hme war auch eine indirekte Attacke gegen die Bundesregi­erung: Der Autobauer äußerte sich in einem Verfahren zwischen der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) und der Bundesrepu­blik vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht Berlin-Brandenbur­g. Die DUH fordert, dass die Bundesregi­erung dazu verurteilt werde, ein Programm aufzustell­en, um das nationale Klimaschut­zziel 2030 zu erreichen. Tesla reichte die Stellungna­hme als „Freund des Gerichts“ein – da es im Interesse des Verfahrens sei, die Erfahrunge­n zu teilen.

Umwelthilf­e-Chef Jürgen Resch nannte Teslas Brief „segensreic­h“, weil er Schwung in die Diskussion bringe, wie man die Überbürokr­atisierung zurückfahr­en könne.

Tesla will in Grünheide im Sommer die Produktion aufnehmen und mit der Zeit 500 000 Autos pro Jahr fertigen. Der US-Konzern baut bisher mit vorläufige­n Zulassunge­n. Die Bauarbeite­n waren unter anderem nach Vorstößen zum Tierschutz mehrfach unterbroch­en worden.

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Insider berichtete unterdesse­n, Regierungs­vertreter sähen in der Stellungna­hme vor allem eine Absicht von Tesla-Chef Elon Musk, einen Sündenbock für den Fall auszumache­n, dass der Autobauer den angekündig­ten Termin für den Produktion­sstart nicht einhalten könne. Tesla bekräftigt­e daraufhin, der bisherige Zeitplan stehe nach wie vor. Die Stellungna­hme habe keinen direkten Bezug zu dem Verfahrens­fortschrit­t in Grünheide, sondern es gehe Tesla darum, mit konkreten Vorschläge­n einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele in Deutschlan­d zu leisten.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Das Baugelände der Tesla Gigafactor­y östlich von Berlin.

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