Erst kommt das Fressen …
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Und wann kommt die Kunst? So kann man das Brechtzitat in Pandemiezeiten gerade abwandeln. Die Antwort darauf lautet, wir wissen es jetzt seit zwölf Monaten: als letztes. Ob und welche Verheerungen die Abwehrmaßnahmen zur Pandemie angerichtet haben, wird sich erst zeigen, wenn tatsächlich wieder geöffnet wird, wenn Veranstaltungen wieder möglich werden. Dass alles so sein wird, wie es vor der Pandemie war, hofft man zwar, will es aber nicht so recht glauben.
Es ist nicht nur eine Floskel, wenn gesagt wird, dass Künstler für den Applaus leben. Der durchschnittliche Verdienst in den künstlerischen Berufen liegt weit unter dem deutschen Durchschnittseinkommen. Die Pandemie hat den Künstlern nun beides genommen, den Verdienst und den Applaus. Dass das doppelt demoralisiert, liegt auf der Hand. Um einer künstlerischen Berufung ein Leben lang zu folgen, ist der Idealismus, der Glaube an das eigene Tun ein Hauptmotor. Nun wird dieser seit einem Jahr abgewürgt.
Finanziell versucht der Staat, die größte Not zu lindern. Nicht immer gelingt das. Das fehlende Publikum, die fehlende Resonanz kann damit allerdings nicht ersetzt werden. Umso schmerzhafter ist es dann, sehen zu müssen, dass selbst funktionierende Hygienekonzepte in gut belüfteten Sälen nicht ausgereicht haben, eine mögliche Öffnung von Kulturstätten im Gleichklang zum Beispiel mit den Geschäften zu gestatten. Dieses Zeichen, welchen politischen Stellenwert die Kultur in Deutschland besitzt, wird die Pandemie sicher überdauern.