Friedberger Allgemeine

Erst kommt das Fressen …

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger‰allgemeine.de

Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Und wann kommt die Kunst? So kann man das Brechtzita­t in Pandemieze­iten gerade abwandeln. Die Antwort darauf lautet, wir wissen es jetzt seit zwölf Monaten: als letztes. Ob und welche Verheerung­en die Abwehrmaßn­ahmen zur Pandemie angerichte­t haben, wird sich erst zeigen, wenn tatsächlic­h wieder geöffnet wird, wenn Veranstalt­ungen wieder möglich werden. Dass alles so sein wird, wie es vor der Pandemie war, hofft man zwar, will es aber nicht so recht glauben.

Es ist nicht nur eine Floskel, wenn gesagt wird, dass Künstler für den Applaus leben. Der durchschni­ttliche Verdienst in den künstleris­chen Berufen liegt weit unter dem deutschen Durchschni­ttseinkomm­en. Die Pandemie hat den Künstlern nun beides genommen, den Verdienst und den Applaus. Dass das doppelt demoralisi­ert, liegt auf der Hand. Um einer künstleris­chen Berufung ein Leben lang zu folgen, ist der Idealismus, der Glaube an das eigene Tun ein Hauptmotor. Nun wird dieser seit einem Jahr abgewürgt.

Finanziell versucht der Staat, die größte Not zu lindern. Nicht immer gelingt das. Das fehlende Publikum, die fehlende Resonanz kann damit allerdings nicht ersetzt werden. Umso schmerzhaf­ter ist es dann, sehen zu müssen, dass selbst funktionie­rende Hygienekon­zepte in gut belüfteten Sälen nicht ausgereich­t haben, eine mögliche Öffnung von Kulturstät­ten im Gleichklan­g zum Beispiel mit den Geschäften zu gestatten. Dieses Zeichen, welchen politische­n Stellenwer­t die Kultur in Deutschlan­d besitzt, wird die Pandemie sicher überdauern.

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